Mallorcas touristischer Neuanfang

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Die Insel wird von Überfüllung, Umweltproblemen und üblem Image geplagt. Die neue Regierungschefin der Balearen will sie nun retten – etwa mit Touristensteuer und Besucherlimit.

Palma de Mallorca. Das Paradies platzt aus allen Nähten: Der jahrzehntelange Massentourismus hat Mallorca, der spanischen Insel, die mitunter ironisch als „deutsches Bundesland im Mittelmeer“ gilt, schwer zugesetzt. Autostaus, zerstörte Küsten, verbaute Strände, Müll- und Wasserprobleme sind nur einige der Probleme, die die Touristenfluten mit sich gebracht haben. Und so droht Mallorca an seinem eigenen Erfolg zu ersticken.

Deshalb will Francina Armengol jetzt auf die Bremse treten. Die neue Regierungschefin der Baleareninseln, zu denen neben Mallorca auch Menorca, Ibiza, Formentera und Cabrera gehören, kündigt eine Wende in der Tourismuspolitik an. „Wir wollen nachhaltigeren Tourismus“, sagt die 43-jährige Sozialdemokratin, die diesen Monat ihr Amt antrat.

Qualität statt Sauferei

Mehr Küsten- und Umweltschutz, weniger Beton- und Bauwahn, der Mallorca Schaden zufügte, soll es geben. Weniger billigen Sauftourismus, der für hässliche Exzesse und Negativschlagzeilen sorgt. Mehr Klasse als Masse. Qualität statt Preis, das soll die Wettbewerbsfähigkeit ausmachen und dafür sorgen, dass die Inseln „für eine andere Art von Urlaub“ bekannt werden.

Die ersten Ankündigungen aus Armengols Regierungspalast an der Promenade von Palma sorgten für Aufregung in der Hotelbranche, die um ihre Einnahmen fürchtet. Etwa die neue „ecotasa“ (Ökoabgabe) von ein oder zwei Euro pro Kopf und Nacht, die wohl von 2016 an ähnlich der deutschen Kurtaxe von Touristen erhoben wird und der Verbesserung von touristischer Infrastruktur und Naturschutz dienen soll. Oder der Plan, den weiter anschwellenden Touristenstrom in der Hochsaison zu bremsen. „Die Kapazität im Sommer ist ausgeschöpft“, warnt der lokale Tourismusminister, Biel Barceló. Vor allem mit einem „Kampf gegen die Saisonabhängigkeit“ will man gegensteuern: Die Nebensaison soll attraktiver gemacht werden.

Weniger All-inclusive

Die meisten der etwa zehn Millionen Touristen pro Jahr stürmen nämlich im Sommer diese landschaftlich wirklich schöne und oft unterschätzte Insel, auf der rund 870.000 Menschen wohnen und die mit rund 3640 Quadratkilometern nur wenig kleiner ist als das Burgenland. Seit Jahren wächst die Urlauberzahl immer weiter. Dennoch müssen in der langen Nebensaison viele Hotels mangels Gästen schließen und Mitarbeiter entlassen.

Auch die vielen All-inclusive-Angebote seien wenig nachhaltig und sollten begrenzt werden, findet Armengol, da jene Hotelgäste, die alle Mahlzeiten und Getränke in ihrer Herberge im Preis inkludiert haben, kaum noch ihre Anlagen verlassen und somit die lokale Wirtschaft leer ausgeht.

Der Tourismus müsse in gesunde Bahnen gelenkt werden, sagt die gelernte Apothekerin, die in dem Dorf Inca im Norden der Insel geboren wurde. Seit 20 Jahren ist sie in der Politik: Als Incas Bürgermeisterin, Abgeordnete und jetzt Ministerpräsidentin der Balearen, die eine Autonome Gemeinschaft im spanischen Staatsverband mit mehr als 1,1 Millionen Bürgern bilden. Sie steht einer Mitte-links-Koalition vor, zu der die Inselpartei MES gehört und die im Parlament von der neuen spanischen Protestbewegung Podemos gestützt wird.

Francina Armengol hat viel vor. Und sie bekennt, dass ihre größte Antriebsfeder ihr Heimatgefühl ist: „Ich liebe diese Inseln.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)

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