Stadtspaziergang: Ein Salzburger Wirt in San Francisco

Golden Gate Bridge in San Francisco
Golden Gate Bridge in San FranciscoReuters
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In der High-Tech-Boomtown steigen die Immobilienpreise, die Atmosphäre von Easy Going und Shabby Chic bleibt.

27 Jahre ist es her, dass der junge Albert Rainer aus Tamsweg sich auf den Weg ins ferne Amerika machte. Eigentlich wollte er nur für ein Jahr nach Hilton Head Island gehen, hängengeblieben ist er schließlich in San Francisco, wo er heute zwei Restaurants betreibt. Im Leopold's genießen Touristen wie Kalifornier Wiener Schnitzel, Gulasch, Apfelstrudel und Stiegl von Fass (!); im Palmer's servieren Albert und sein Bruder Klaus ihren Gästen klassisch-kalifornische Küche in nostalgischem Ambiente.

Die Metropole am Pazifik, von der Mark Twain einst sagte: „Der kälteste Winter meines Lebens war ein Sommer in San Francisco“, lockt jedes Jahr Millionen Touristen an, die sich per Boot nach Alcatraz übersetzen lassen (sofern sie rechtzeitig Wochen vorher online Tickets reserviert haben) und am berühmten Pier 39 den Seelöwen beim Sonnenbaden zuschauen. Die für ihre Liberalität gerühmte Stadt war einst Hochburg der Hippies, dann Hauptstadt der Gay-Pride-Bewegung und ist heute Heimat vieler „Techies“, die im benachbarten Silicon Valley gutes Geld verdienen.

Die einstige Gefängnisinsel Alcatraz
Die einstige Gefängnisinsel Alcatraz Reuters

Und damit der Stadt einen neuen Superlativ eingebracht haben: Zur überschaubaren Freude der Einheimischen hat San Francisco inzwischen Manhattan den Rang in Sachen Immobilienpreise abgelaufen. Was das Wohnen für viele kaum noch erschwinglich macht, die Stadt mit einer wachsenden Zahl obdachloser Menschen vor Probleme stellt – und Airbnb zu großer Popularität verholfen hat. Aufgrund der steigenden Hotelpreise nutzen immer mehr Besucher dieses Service, um im Zentrum des Geschehens bezahlbare Unterkünfte zu finden. Für die besten Adressen jenseits der klassischen Touristenhotspots hat uns Albert Rainer mit auf einen Spaziergang durch sein San Francisco genommen und zeigt uns seine ganz persönlichen Lieblingsplätze in der Stadt, die er vor allem für ihre Toleranz liebt, mit der jeder akzeptiert wird. Und verrät, wo er essen, shoppen, feiern und schauen geht, wenn er sich von seinem Leopold's einmal losreißen kann.

Trick Dog. Im Trick Dog gilt das Motto „Alt trifft neu“. Das ehemalige Lagerhaus hat sich vor Kurzem in ein shabby-schickes Designerrestaurant mit Bar verwandelt. „Hier kann man am Nachmittag wunderbar mit der hippen Cocktailkarte beginnen und dann bis zum Abend für Tempura-Avocado, Kohlsalat, Beef Tartar und knusprige Schweinsschwarte bleiben“, beschreibt Rainer das originelle Menü. Trick Dog, 3010 20th Street, trickdogbar.com.


Tosca Café. Ein anderer – erneuerter – Hotspot in der Stadt ist das 94 Jahre alte Tosca Café. „Das Tosca ist der Inbegriff des klassischen italienischen Restaurants im San-Francisco-Stil“, erklärt Rainer, „mit roten Ledersitzecken, handgemalten Bildern an der Wand und einer langen Bar aus Holz samt einer antiken Messing-Espresso-Maschine.“ Zwar haben sowohl das Lokal als auch die Karte kürzlich eine liebevolle Überarbeitung erfahren, das typische San-Francisco-Feeling hat aber keines von beiden verloren. Tosca Café, 242 Columbus Avenue, toscacafesf.com.


Boulevard. Wer im Belle-Epoque-Ambiente klassische kalifornische Küche auf hohem Niveau genießen will, sollte im Boulevard vorbeischauen. „Küchenchefin Nancy Oakes hat das Lokal seit 1993 mit ihrer großartigen Interpretation regionaler Zutaten zu einem echten Wahrzeichen gemacht“, schwärmt Rainer, „unbedingt probieren muss man hier die Deviled Dungeness Crab Bisque und die einheimische Petrale Sole a la Plancha bestellen“, empfiehlt er. Das sind zwei Spezialitäten aus dem Pazifik, die sich nur mäßig anmutig mit „Scharfe Dungeness Krabbensuppe“ und „Petrale-Seezunge vom Grill“ übersetzen lassen. Boulevard, 1 Mission Street, boulevardrestaurant.com.


Argonaut. „Das einzige Hotel, das ich an der North Waterfront empfehlen würde, ist das Argonaut“, zeigt sich Rainer als kein großer Freund der berühmten wie frequentierten Fisherman's Wharf im Norden der Stadt. „Auch wenn sich das Hotel mitten zwischen diversen Touristenattraktionen befindet, so ist es wenigstens am westlichen Ende des ganzen Wahnsinns beheimatet. Dort liegt das Argonaut bei einer Grünfläche und gegenüber des ruhigen Aquatic Park. Das alte Lagerhaus mit seiner nautischen Dekoration gehört zur Kimpton-Gruppe und ist ein Boutiquehotel. Zimmer gibt es hier ab rund 200 Dollar die Nacht. Argonaut Hotel, 495 Jefferson Street, argonauthotel.com.


Fairmont. Zu den Grande Dames unter der Hotels der Stadt zählt das Fairmont mit seiner Atmosphäre eines großen, alten Luxushotels. „Neben den exklusiven Zimmern mit ihrem unglaublichen Stadt- und Bayblick finden sich hier fantastische Lobbies und öffentliche Bereiche sowie die kitschige Tonga Room Bar mit einer schwimmenden Bar, Tiki-Cocktails und regelmäßigen künstlichen Gewittern“, erzählt Rainer. Auch wenn man nicht dort absteigt, empfiehlt der Wahlkalifornier, zumindest auf ein paar Mai Tais einzukehren und einen Regenguss zu genießen. Die Zimmer gibt es hier ab 220 Dollar pro Nacht – wie fast immer in den USA für das ganze Zimmer, unabhängig von der Personenzahl. The Fairmont, 950 Mason Street, fairmont.com/san-francisco.


The Battery. Relativ neu ist das super-stylishe The Battery beim Jackson Square, das nicht nur ein Hotel ist, sondern sich als „Private Social Club“ versteht und sich derzeit bei den San Franciscans großer Beliebtheit erfreut. Unter anderem, weil hier striktes Fotografierverbot herrscht und man nicht Gefahr läuft, sich ungefragt auf anderer Leute Socialmedia-Seiten wiederzufinden. „Viele kommen hierher, um Freunde bei einem Cocktail oder zum Essen zu treffen“, erklärt Rainer. „Wer dort nächtigt, wird während seines Aufenthalts als Resident Member betrachtet und hat Zugang zu den Clubeinrichtungen.“ Und die reichen von der Kunstausstellung bis zum Spa-Bereich. Die Kosten für Zimmer, Suiten und Penthouse werden nicht veröffentlicht, sondern nur auf Anfrage verraten. Für Schnäppchenjäger sind sie aber definitiv nicht. The Battery, 717 Battery Street, thebatterysf.com.


The Mission. „The Mission bezeichnet den Mission District; das Land, das einst der Alta California Mission gehörte“, schildert Rainer. In letzter Zeit hat dieser östliche Teil der Innenstadt an Ruhm und Einfluss gewonnen, weil hier eine zunehmende Zahl angesagter Bars, Restaurants, Galerien und Clubs entstanden ist. „Lokale wie The Elbo, El techo de Lolinda, ABV und Public Works gehören hier zu den besseren Orten“, meint der Exil-Österreicher. elbo.com, eltechosf.com, abvsf.com, publicsf.com


SoMa. Die Gegend südlich der Marketstreet – auf cool-amerikanisch also SoMa für „South of Market“ – war einst eine industrielle Gegend zwischen eben jener Market Street, Bay, Mission Creek und dem Central Freeway. In den 1980er-Jahren mauserte sich diese Gegend durch die Umwandlung zahlreicher Lagerhäuser in Lofts zu einer angesagten Location in San Francisco. „Einige der alten Clubs gibt es immer noch“, erzählt Rainer, „zum Beispiel die DNA Lounge, das Endup und The Stud.“ Dazu lohnen sich neue Hotspots wie das Mezzanine, das Asia SF und das Bergerac durchaus für einen Besuch. dnalounge.com, theendup.com, studsf.com, mezzaninesf.com, asiasf.com, bergeracsf.com


North Beach. Einen nächtlichen Besuch ist außerdem North Beach wert. „Die Gegend zwischen dem Broadway im Süden, Stockton im Westen, Grant im Osten und Chestnut im Norden war einst das italienische Viertel in San Francisco“, so Rainer. Heute lohne sich vor allem der Besuch einer Show des Bimbo's 365 Club: „Das ist ein 50er-Jahre-Club, in dem am Wochenende fast immer junge Talente auftreten“, so Rainer. Auf der Grant Street befinde sich darüber hinaus hinter fast jeder Tür eine Bar. „Für gute Live-Musik, im Besonderen Blues, lohnt es sich, im Grant and Green und The Saloon vorbeizuschauen“, so der Szene-Wirt. bimbos365club.com, grantandgreensaloon.com, sfblues.net/Saloon.html


Hayes Valley. „Zum Shoppen empfehle ich als erstes die etwas weniger gefällige Variante unter meinen Favoriten“, erklärt Rainer, „das Hayes Valley.“ Dieses Einkaufszentrum erstreckt sich über mehrere Blocks entlang der Hayes Street, ungefähr zwischen Laguna und Franklin und den angrenzenden Straßen. „Hayes Valley liegt direkt am Rand einiger sozialer Wohnbauprojekte und kann durchaus Überraschungen bereithalten“, formuliert es Rainer diplomatisch. Dafür findet sich dort aber eine gute Mischung aus Nobel- und eklektischen Boutiquen, Galerien, Cafés, Bars und bunten Läden in einer farbenfrohen Nachbarschaft.

Fillmore, Union, Sacramento. Drei andere, miteinander verbundene Straßen, die Shoppingfans fröhlich stimmen, sind die Fillmore, die Union und die Sacramento Street. „Die Sacramento Street ist wahrscheinlich die gehobenste Adresse unter den drei Straßen, dafür sind die Geschäfte weiter auseinander angesiedelt und man muss länger gehen“, erklärt Rainer. Die Fillmore Street ist dagegen „gesteckt voll“ mit einer Nobelboutique neben der anderen, während die Union Street ebenso eine hohe Dichte an Shops aufweist, aber die leistbarste unter den Dreien ist. „Alle drei Straßen sind aber gleich spannend fürs Window Shopping und zum Leuteschauen.“

Union Square. Und wenn es um die berühmten amerikanischen Departmentstores wie Macy's, Saks Fifth Avenue oder Neiman Marcus geht, ist natürlich Union Square der traditionelle Shoppingdistrikt. „Hier finden sich auch Labels wie Chanel, Hermes oder Loro Piana“, so Rainer, „und bieten hervorragende Möglichkeiten, die Kreditkarten zum Glühen zu bringen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2015)

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