Mallorca: Um den Preis einer Wurstsemmel teurer

Sa Calobra
Sa CalobraReuters
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Die Ballermanninsel tritt auf die Bremse: Das im Hochsommer von Millionen gestürmte Mittelmeer-Paradies setzt auf sanften Tourismus mit höheren Feriensteuern und mehr Umweltschutz.

Mallorca macht mit dem Kurswechsel auf der Ferieninsel ernst: Der erste Schritt ist eine Urlaubstaxe, die ab kommendem Sommer alle Touristen bezahlen müssen. Sie soll vor allem dem Natur- und Umweltschutz sowie der touristischen Infrastruktur zugutekommen. Weitere Schritte sollen folgen, um die beliebteste Urlaubsinsel Europas, die die Touristenmassen kaum noch verkraften kann, vor dem Kollaps zu bewahren und ihr eine nachhaltige Zukunft zu sichern. Dazu gehören auch strengere Baugesetze, um das weitere Zubetonieren der Küstenzonen zu verhindern.

Vor allem im Sommer geht nichts mehr auf Mallorca: Überfüllte Strände, Autolawinen auf Küstenstraßen und Verkehrsstaus in der Inselhauptstadt Palma nerven Urlauber und Einheimische gleichermaßen. Gemessen an der Einwohnerzahl sind in keiner Region Europas so viele Autos zugelassen wie auf Mallorca, wo riesige Mietwagenflotten entstanden sind. Auch die Trinkwasserversorgung bereitet wegen der sinkenden Grundwasserpegel zunehmend Probleme. Entsprechend stöhnte der regionale Tourismusminister, Biel Barceló: „Unsere Kapazität ist im Sommer total ausgeschöpft.“

2014 kamen 9,7 Millionen Feriengäste nach Mallorca, fast 40Prozent davon Deutsche. Auf den Balearen, zu denen auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören, machten im Jahr 2014 insgesamt 13,6 Millionen Menschen Urlaub. Das waren vier Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2015 wird schon wieder ein neuer Rekord erwartet: Von Jänner bis Juli kamen um rund vier Prozent mehr Gäste auf die Balearen als 2014.

Kommt demnächst sogar ein Touristenlimit, wie es auf den Kanaren geplant ist? „Nein“, sagt Mallorcas Regierungschefin Francina Armengol. „Wir wollen keine Limits.“ Die Sozialistin, die zusammen mit der Öko-Inselpartei Més auf den Balearen regiert, setzt auf sanftere Heilmittel: Sie will zum Beispiel versuchen, den Reisestrom, der sich in den Sommermonaten über die Insel wälzt, über das ganze Jahr zu verteilen. „Wir müssen es schaffen, die Saison zu verlängern“ – also den Mallorca-Urlaub von Herbst bis Frühjahr attraktiver zu machen. Die neue Ferienabgabe, erläutert die 44-jährige gelernte Apothekerin Armengol, sei ein nützliches Rezept auf diesem Weg zu einem umweltverträglichen Fremdenverkehr. Entsprechend heißt die neue Taxe auch offiziell „Steuer für nachhaltigen Tourismus“.

Ortstaxe, na und?

Dass diese Abgabe, die in der Nebensaison mit Rabatten lockt, Urlauber verschrecken könnte, glaubt Armengol nicht. Sie setzt auf die „Solidarität der Touristen mit ihrem Urlaubsziel“. Und sie erinnert daran, dass derartige Übernachtungssteuern in vielen Orten der Welt erhoben werden. Zum Beispiel in Berlin, Paris oder Rom. Oder in Österreich, wo die berühmte Ortstaxe pro Tag und Nase eingehoben wird. Nirgendwo seien deswegen die Buchungszahlen in den Keller gerutscht, ganz im Gegenteil. Daher hält sich der Protest der Reisebranche in Grenzen. Willi Verhuven, Vorsitzender des deutschen Tourismusriesen Alltours, reagierte auf die Ankündigung gelassen: „Das bedeutet keinen Einbruch für Mallorca.“ Auch wenn die balearische Unternehmervereinigung Caeb murrte, dass es „ein Irrtum ist, die Steuer zu erhöhen“.

Ohne Zweifel wird sich der Mallorca-Urlaub im kommenden Jahr leicht verteuern: Die neuen Gebühren liegen zwischen zwei Euro und 50 Cent pro Kopf und Nacht und sind nach der Art der Unterkunft sowie nach Saison gestaffelt. In Luxusunterkünften gilt der Höchstsatz, von November bis Ende März halbieren sich die Gebühren. Kinder unter 14 zahlen nichts. Für eine vierköpfige Familie mit zwei kleinen Kindern, die im Sommer sieben Nächte in einem Vier-Sterne-Hotel schläft, werden zum Beispiel 21 Euro fällig.

Eine moderate Abgabe, urteilte die deutsche „Mallorca Zeitung“, erst recht im Vergleich mit jenen Preisen, die Urlaubern in manchen lokalen Gastwirtschaften abgeknöpft würden. „Der Gegenwert eines Imbisses ist ein Beitrag, den eine Urlauberfamilie verschmerzen kann.“

Zur Kassa gebeten werden übrigens nicht nur Hotelgäste, sondern alle Touristen, die in registrierten Unterkünften unterkommen. Also auch Personen, die in Ferienwohnungen, Pensionen und auf Campingplätzen übernachten, müssen zahlen. Das Geld muss vom Eigentümer der Unterkunft eingezogen werden. Selbst Kreuzfahrtschiffe, die in immer größerer Zahl und oft nur für einen Tag in Palma andocken, sind nicht von der Tourismussteuer ausgenommen. Allein diese schwimmenden Hotels bringen jährlich mehr als eine Million Besucher nach Mallorca.

ZWÖLF MONATE IM GLÜCK

Infos: Turespaña, Walfischgasse 8, 1010 Wien, spain.info, +43/(0)1/512 95 80 11

Mallorca im Herbst/Winter: Durchschnittstemperatur etwa 18 °C, ca. sechs Sonnenstunden. Der Jahreswechsel ist in ganz Spanien ein Erlebnis: Zu Mitternacht schlagen die Glocken zwölfmal. Wer zu jedem Schlag eine Weintraube isst, am besten auf einem von vielen Feiernden frequentierten Platz, hat zwölf Monate lang Glück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2015)

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