Louisiana: Jambalaya, Gumbo und Shrimp Creole

(c) EPA (Matthew Cavanaugh)
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In New Orleans entwickelte sich, was es sonst nirgends in den USA gibt: eine sehr eigene, unverwechselbare Regionalküche. Die Gerichte sind so etwas wie ein kulinarischer Spiegel der bewegten Kolonialgeschichte der Stadt.

Sicher, die Auswahl an Restaurants ist uferlos. Und die Dichte an Sterneköchen enorm. Wenn es um aufregendes Essen in den USA geht, kommt vielen als Erstes New York in den Sinn, vor Los Angeles, Chicago oder der kulinarisch hochgerüsteten Spielerstadt Las Vegas. Doch überall dort verlaufen die Cuisine-Identitätsgrenzen bei den Restaurants recht klar – es gibt italienische, vietnamesische oder kubanische Küche. Der viel beschworene Schmelztiegel? Dafür muss man woanders hin, tief in den heißen Süden, nach New Orleans.

Die typischen Gerichte dort sind so etwas wie ein kulinarischer Spiegel der bewegten Stadthistorie. „In New Orleans gab es Fusionsküche, bevor der Begriff überhaupt existierte“, sagt Köchin Amy Cyrex-Sins, die ihre Kochschule nach Madame Langlois benannt hat. Langlois war im 18. Jahrhundert die Köchin des Gouverneurs und sollte den Frauen Kochstunden geben, die damals in die Kolonie gebracht und verheiratet wurden, aber mit dem Essen und den Zutaten furchtbar unzufrieden waren. „Madame Langlois hatte viel von den indianischen Ureinwohnern gelernt“, sagt die Kochbuchautorin. „Sie gab dieses Wissen weiter und brachte die französische Küche mit jener der Ureinwohner zusammen.“ Seither gelte sie als die Mutter der kreolischen Küche.

Das war aber nur der Anfang. Die kreolische Küche entwickelte sich konstant weiter – durch Einflüsse der afrikanischen Sklaven und der deutschen Siedler, die Milchprodukte und Würste mitbrachten. Aber auch durch solche aus Spanien, der späteren Kolonialmacht, oder der Karibik. „Die Menschen tauschten die Rezepte untereinander aus und variierten sie nach ihren eigenen Traditionen“, erklärt Kochbuchautorin Cyrex-Sins. So entstand eine eigene, unverwechselbare Regionalküche, wie es sie sonst nirgends in den USA gibt.

Boom nach dem Hurrikan

Die Kochschule liegt ein paar Gassen entfernt von der legendären Bourbon Street. Nicht nur dort um das touristische Epizentrum, sondern auch über das French Quarters hinaus boomt das Restaurant-Business. Hurrikan Katrina sorgte 2005 da nur für einen vorübergehenden Rückschlag. Danach entwickelte sich die Gastro-Szene vitaler und vielfältiger als zuvor: Gab es vor der Katastrophe etwa 800 Restaurants, sind es heute rund 1400 mit vielen großen Namen und neuen Talenten.

In zahlreichen Restaurants findet man die Klassiker der Stadtküche auf der Speisekarte: Shrimp Creole gehört ebenso dazu wie Schildkrötensuppe oder Jambalaya, eine Paella-Variante. Eines der berühmtesten Gerichte ist Gumbo, ein Eintopf mit Okra-Schoten, der seine Ursprünge in Afrika hat und mit Meeresfrüchten oder Fleisch kombiniert wird. Wichtige Zutaten sind Zwiebeln, Stangensellerie und grüne Paprika – die sogenannte heilige Dreifaltigkeit der dortigen Küche.

Auch der Po-boy gehört zu den New-Orleans-Originalen. Während des monatelangen Straßenbahnerstreiks in den 1920ern verteilten zwei Brüder ihre üppigen Sandwiches an die hungrigen Arbeiter. Kam einer dieser Männer in ihr Restaurant, hieß es „Hier kommt wieder ein poor boy“, umgangssprachlich zum Po-boy verkürzt. Mittlerweile führt die 32-jährige Lori Beth De Grusha Johnny's Po-boys, das 1950 von ihren Großeltern übernommen wurde. 400 der köstlichen Kiefersperreverursacher gehen, nach wie vor nach großväterlichem Rezept, in unterschiedlichsten Varianten über die Theke: mit Austern etwa, Roast Beef oder fritierten Shrimps. Gerade zur Mittagszeit ist der Andrang im kleinen Imbissrestaurant groß – und dennoch kein Vergleich zum Café du Monde. Dort stehen die Besucher tagsüber in endlosen Schlangen an, um die fingerdick mit Puderzucker bestäubten Beignets, rautenförmiges Schmalzgebäck, zu genießen. Das Café ist eine Institution, genauso wie das Restaurant Commander's Palace, das bereits vor 125 Jahren im beschaulichen Garten-Distrikt eröffnet wurde. Die Atmosphäre ist so chic wie entspannt. Und die Kellner rotieren, um das zu servieren, was von der 50-köpfigen Koch-Armada unter der Leitung von Tory McPhail an Haute-Creole-Kreationen aus der Küche kommt. Der Chefkoch liebt an der kreolischen Küche die intensiven Geschmäcker, das Essen ist stark gesalzen und gewürzt.

Eine so herausragende Reputation wie heutzutage hatte das Commander's Palace allerdings nicht immer. In den 70ern, als die kulinarische Szene der Stadt vergleichsweise vor sich hindämmerte, heuerte Inhaberin Ella Brennan den jungen Koch Paul Prudhomme an, der für einen Paukenschlag sorgte: Er ließ die Cajun- und Creole-Cuisine kollidieren. „Die kreolische Küche ist die Stadtküche von New Orleans, verfeinert und gehoben, mit viel Fisch und Meeresfrüchten“, erklärt McPhail. Cajun hingegen ist die einfache und rustikalere Küche der Akadier, der Landbevölkerung Louisianas. Auch McPhail verfolgt Prudhommes' Ansatz mit eigenen Verfeinerungen und Interpretationen, so wie vor ihm unter anderem der frühere Chefkoch Emeril Lagasse. Diese Idee war vor Jahrzehnten ein Wagnis, aber auch ein großer Erfolg und natürlich nicht die letzte Innovation. Seit einiger Zeit sind asiatische Einflüsse sehr beliebt – die Fusionsgeschichte wird einmal mehr fortgeschrieben.

Kreolisch Kochen

Anreise. Wien–New Orleans–Wien mit nur einem Stop in Washington mit Austrian ab 1366 Euro (austrian.com)
Ab 945 Euro mit zwei Stopps – Rom und JFK New York – Alitalia/Air France (airfrance.com, alitalia.com)

Essen
Café du Monde, www.cafedumonde.com
Commander's Palace, commanderspalace.com
Dickie Brennan's Steakhouse, dickiebrennanssteakhouse.com
Johnny's Po-Boys, johnnyspoboys.com

Kochschule
Langlois, www.langloisnola.com
Nola, www.emerilsrestaurants.com/nola-restaurant

Mehr Infos:neworleans.de

Compliance-Hinweis: Die Reise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt New Orleans & Louisiana, neworleans.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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