Malta: Käse, Kunst und Wein

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Symbolbild.(c) APA/AFP/ANP/REMKO DE WAAL
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Abstrakte Kunst ist den Maltesern fremd. Und die EU für die Kleinbauern der Inseln ein Erschwernis.

Gozo/Valletta. In einer Kammer neben seinem Restaurant in Victoria, der Hauptstadt von Maltas Schwesterinsel Gozo, rührt Ricardu Zammit frischen Schafskäse an. Mit konzentrierten Bewegungen füllt er Häufchen der weißen Masse in faustkleine Plastikkörbchen. Der 60-Jährige hat das mehr als 300 Jahre alte Haus mit den zwei Meter dicken Mauern selbst restauriert. Seine Leidenschaft sei aber der Wein.

Den Käse dazu habe er anfangs von Bauern gekauft. Weil ihm dieser oft nicht gut genug war, hat er die Schaf- und Ziegenherde seines Vaters vergrößert. Sein Rezept für den würzigen Käse: viel Olivenöl, Weißwein und Rosé vom eigenen Weinberg. Und viel Liebe.

Von Landwirtschaft allein kann man im dicht besiedelten Malta nicht mehr leben. Die Flächen sind klein, Boden ist teuer und die Konkurrenz aus den anderen EU-Ländern zu billig. Deshalb veredelt Ricardo die Schafsmilch und verkauft den Käse direkt an die Konsumenten. Die strengen Hygieneregeln der EU erschweren vor allem den Kleinbauern das Überleben. Maschinen, die den Brüsseler Vorschriften genügen, könnten sie kaum bezahlen. „Regeln sind gut, aber wir Malteser sind oft päpstlicher als der Papst“, meint Ricardu.

Onlinecasinos und -wettbüros

In der Hauptstadt Valletta servieren immer mehr Restaurants die Spezialitäten der Schwesterinseln: Fisch, zum Beispiel in knoblauchreicher Aljotta (Suppe), Ravjul (Ravioli) und die Reis-Hackfleischpfanne Ross fil Forn. Das Legligin in der Santa Lucia Street bietet in seinem uralten Kellergewölbe täglich ein festes Menü mit heimischen Leckereien. Wer an einem der rohen Holztische speisen möchte, sollte reservieren.
Die beiden Galerien ein paar Häuserblocks weiter öffnen erst abends. Dort erzählt Jörg, ein deutscher Innenarchitekt, von den Veränderungen auf der Insel.

Malta sei offener geworden, vor allem durch das Internet. Er kam vor zehn Jahren für einen Auftrag nach Valletta, verliebte sich und blieb. „Wir leben offen schwul“, sagt er. Heute sei das kein Problem mehr, in einem der katholischsten Länder Europas, in dem erst 2010 eine knappe Mehrheit per Volksabstimmung die Ehescheidung legalisierte. Jobs hat Jörg genug. „Hier gibt es eine Menge Leute mit Geld.“ Die Malteser seien geschäftstüchtig. Neben den Touristen bringen Onlinecasinos und Internetwettbüros Einnahmen. Die weltweite Finanzkrise habe die Wirtschaft kaum belastet. Das Leben sei etwas günstiger als in Österreich, das Einkommen jedoch niedriger: Der Durchschnittslohn liege bei 1500 Euro.

Im stuckverzierten Bau der Außenhandelskammer eröffnet ein anderer Künstler gerade eine Ausstellung: Antony Spagnol. Aufgebrezelte Vernissagengäste stehen vor den bunten, vor Lebenskraft strotzenden Werken. Malta erlebt der 54-jährige Maler als einen „Ort, an dem sich Geschichte und Kultur konzentrieren“. Abstrakte Kunst sei für die meisten seiner Landsleute eine „völlig fremde Sprache“. Spagnol lebt in einem Dorf. Sein Geld verdient er als Restaurator, leben könne man hier nicht von der Kunst. „Wir sind zu klein und zu konservativ, trotz aller modernen Kommunikationsmittel“. Jeder zweite Malteser gehe regelmäßig in die Kirche, mehr als in Westeuropa.

MALTA SEHEN & SCHMECKEN

Saint-James-Cavalier-Kulturzentrum:
Kino, Theatersaal, Bibliothek, Galerie, Café, Restaurant, Kammermusik- und weiteren Kulturräume in einem alten Adelspalast. Pjazza Kastilja, http://sjcav.org/

Galerie Blitz: ausgefallene Kunstausstellungen, Lesungen in einer 400 Jahre alten Stadtvilla, 68, St. Lucia St., http://thisisblitz.com/

Studio 104: Galerie mit Ausstellungen heimischer Künstler, 104, St. Lucia St. studio104valletta.com

Casa Rocca Piccola: In ein lebendes Museum verwandelter barocker Adelspalast aus dem 16. Jahrhundert, in dem die Eigentümer nach wie vor wohnen, 72, Republic Street, http://casaroccapiccola.com/

Upper Barakka Gardens bieten den besten Blick über den Großen Hafen (Grand Harbour) .

Valletta vom Wasser aus: Eine Fähre verbindet Valletta (Lascaris) mit den viel älteren Nachbarstädten, den „Three Cities“ Vittoriosa, Senglea und Cospicua auf der anderen Seite des Großen Hafens. Die Nordseite der Stadt sieht man am besten von der Fähre aus, die Valetta mit der Nachbarstadt Sliema verbindet. vallettaferryservices.com/

Victoria (Rabat): Gozos Hauptstädtchen Victoria (maltesisch: Rabat) hat, europaweit einmalig, in derselben Straße zwei Opernhäuser, eines davon ist das Aurora. http://teatruaurora.com/

Unterkunft in Valletta: Asti Guest House, kleines, privat geführtes Gästehaus in einer ruhigen Seitenstraße der Altstadt: 18., St. Ursula St. www.astiguesthouse.com

In den vielen Touristenorten an der Nordostküste warten zahlreiche große Resorthotels auf Gäste. Außerhalb der Saison kann man dort manchmal günstig unterkommen. Ansonsten sind die Hotels auf Malta mindestens so teuer wie in Mitteleuropa.

Fremdenverkehrsamt Malta: Opernring 1/R/5, 1010 Wien, 01/5853770; visitmalta.com
Europäische Kulturhauptstadt 2018: http://valletta2018.org/

Website der Stadt mit Veranstaltungskalender: http://www.cityofvalletta.org/
Valletta Tourist Info: visitvalletta.de

Internet: Viele Cafés und Kneipen bieten kostenlosen Internetzugang. In den größeren Orten funktionieren auch die kostenpflichtigen Melita-Hotspots http://www.melita.com/

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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