Thailand: Wo Königin Kumaritana im Chao Praya ertrank

(c) REUTERS (JORGE SILVA)
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Zwei Mal pro Woche pflügt sich die luxuriöse Reisbarke Anantara Song auf dem Chao Praya von Bangkok nach Ayutthaya und zurück – individuelle Stopps inklusive.

Dolly beugt sich über den Tisch auf dem teakhölzernen Bootsdeck der Anantara Song. Sieben kleine Schälchen, hübsch drapiert, gefüllt mit frischen Zwiebelstückchen, getrockneten Shrimps, Erdnüssen, Ingwer, Limone, Kokosnuss und Chili entfalten einen verführerischen Duft. In der Mitte ein Bündel leuchtend grüner Chaplu-Blätter. Nopadol, der 30-jährige Butler, faltet eines der Blätter, füllt es mit den Zutaten und taucht es in die Sauce aus Zuckerrohr, Kokosnuss und Shrimps. „Mieng Kham ist eine typisch siamesische Vorspeise, schmeckt köstlich und hilft sogar gegen Fieber und Zahnschmerzen“, schwärmt er.

Für drei Tage sorgen Dolly und sein Kollege, Koch Jumlong, auf dem 20 Meter langen Fünf-Sterne-Luxusschiff, einem ehemaligen Reistransporter, für das Wohl der maximal acht Gäste. Inmitten von Skulpturen, handgefertigten Möbeln und hundert Jahre altem Teak- und Mahagoniholz wird die Fahrt auf dem Chao Phraya von der Metropole Bangkok zur alten Königsstadt Ayutthaya zu einem einzigen Verwöhnprogramm und kulinarischem Fest – eine noble Art, Thailand zu erkunden.

Fast hundert Kilometer bahnt sich die 50 Jahre alte, zu neuem Glanz restaurierte Barke ihren Weg durch Bündel knallgrüner Wasserhyazinthen vorbei am teils ursprünglichen, teils industriellen Umland, um dann die Stille der thailändischen Landgebiete zu passieren. Langsam und gemächlich gleitet sie über das stille Wasser des Chao Phraya, vorbei an Holzhäusern auf Pfählen, die blau, rot und pinkfarben glänzen, mit Treppen direkt ans Wasser – zum Baden, Wäsche waschen oder als Anlegestelle.

Dämme und Kanäle

Dahinter erstrecken sich Palmenwälder. Immer wieder ragt der Oberkörper einer turmhohen Buddha-Statue, mit langen Ohren und gekräuseltem Haar, aus dem Grün oder das geschwungene Dach einer Pagode. Nur selten rauscht eines der bunten Schnellboote über das Wasser, gefüllt mit adrett gekleideten Thais, die diese Boote als Taxi benutzen. Eine beruhigende Atmosphäre gegenüber der Hektik der Metropole.

Der Chao Phraya durchfließt Thailand auf 370 Kilometern von Nord nach Süd, ein Viertel davon auf der Strecke zwischen der heutigen und der alten Hauptstadt, Bangkok und Ayutthaya. Neben dem Mekong ist er eine der wichtigsten Verkehrsadern des Landes. Dafür haben bereits im 17. Jahrhundert zahlreiche siamesische Ingenieure gesorgt, als sie den Flusslauf mit Dämmen und Khlongs, schmalen Kanälen, begradigten und damit um gut 63 Kilometer verkürzt haben. Scharen von Affen und Horden von Krokodilen erschwerten dabei noch die Arbeit am Ufer und im Wasser.

Minderheitsvolk der Mon

Eine der Inseln, die die Begradigung hinterlassen hat, ist Koh Kret in der Provinz Nonthaburi. Morgens, bei Temperaturen von über 30 Grad, sind bereits Dutzende Handwerker zur Stelle. Köche, Bäcker, Tischler und vor allem Töpfer bieten ihre Arbeiten an kleinen, bunt dekorierten Tischen entlang eines schmalen, mit Tuchsegel überdachten Pfads an, der am Wat Sao Thong Thong beginnt und nach rund 200 Metern am Dorfrand endet. Ruhig ist es hier. Autos sind auf der Insel verpönt, Mopeds erst ab fünf Uhr nachmittags erlaubt. Die Töpferkunst ist eines der wenigen Überbleibsel der hier lebenden, knapp 6000 Personen zählenden, Mon-Minderheit. Im 18. Jahrhundert durch Kriege aus Burma vertrieben, brachte sie ihre Kunst nach Thailand und nach Koh Kret mit. Doch leben konnte sie davon nicht. Erst als vor 15 Jahren die thailändische Regierung die ersten Touristen auf die Insel brachte, lebte die traditionelle Kunst wieder auf. Inzwischen hat sich sogar die jüngere Generation der Töpferkunst verschrieben, die traditionelle Sprache hingegen gerät in Vergessenheit.

Während Dolly auf der Anantara Song mit dem Salat vom Schweinefilet Moo Manaow die zehnte kulinarische Köstlichkeit serviert, reihen sich einige Kilometer weiter nördlich am Ufer des Chao Phraya, eine Reihe weißer Mönchshäuser aneinander. Die quadratischen Bauten, die wie exklusive Ferienhäuser an einem italienischen See anmuten, gehören zum Wat Niwet Thammaprawat. Eine kleine, von Mönchen handbetriebene Seilbahn über den Chao Phraya ebnet den Bootsreisenden den Weg zu diesem buddhistischen Tempel. König Rama V. ließ ihn aus Liebe zu Europa im Stil einer gotischen Kirche errichten, sodass er heute als eines der ungewöhnlichsten Bauwerke Thailands gilt.

Auf der anderen Flussseite war Rama V. ebenfalls tätig. Hier erstreckt sich Bang Pa In, das Versailles von Siam. Viele Jahre diente der Palastkomplex den Königsfamilien als Sommerresidenz, lag er doch nahe der einstigen Hauptstadt. Als Ayutthaya 1767 der Zerstörung durch die Burmesen zum Opfer fiel, wurde Bangkok neue Hauptstadt – Bang Pa In geriet in Vergessenheit, über hundert Jahre lang. Erst König Rama V. ließ die Anlage Ende des 19. Jahrhunderts vollständig restaurieren.

Die ertrunkene Königin

Auch als hier Anfang der 1880er-Jahre Königin Kumaritana bei einem Bootsausflug vor den Augen ihrer Dienerschaft ertrank, weil es bei Todesstrafe verboten war, ein Mitglied der Königsfamilie zu berühren, hielt er an der Residenz fest. Heute spiegelt sich der bunte Stilmix aus europäischen, chinesischen und thailändischen Prachtbauten in den hübsch angelegten Seen wieder, ein Augenschmaus für die Gäste von König Bhumipol bei offiziellen Staatsempfängen und Banketten.

Am Ziel der Bootsreise bietet sich die wohl reizvollste Aussicht an Land: Die vielen Türme des Wat Chai Wattanaram, die sich wie riesige Maulwurfshügel in den Himmel erheben, gehören zur alten Königsstadt Ayutthaya. 1991 nahm die Unesco die Ruinen der einst 400 Paläste und Tempel, die vom Zerstörungsfeldzug Birmas übrig blieben, in das Weltkulturerbe auf. Über 400 Jahre lang war Ayutthaya eine der schillerndsten Handelsstädte in Indochina. Über 30 thailändische Könige regierten von hier aus, Kaufleute aus Europa errichteten ihre Dependancen. Zur Blütezeit lebten mehr als eine Million Menschen in der Stadt, die strategisch günstig lag: Drei Flüsse, ein Kanal, 20 Meter hohe und fünf Meter dicke Befestigungsmauern schützten die Hauptstadt. Doch unzufriedene Adlige öffneten den Burmesen die Stadttore und leiteten damit 1767 den Untergang ein. Von den mit Gold überzogenen Pagoden und massivgoldenen Buddha-Statuen ist wenig übrig geblieben, dafür aber die beeindruckende Weite gut erhaltener Ruinenanlagen. Vor den drei riesigen Chedis des Wat Phra Si Sanphet wirken die Bootsreisenden wie Ameisen, im Wat Mahatat blickt der wohl weltweit berühmteste Buddha-Kopf aus den Wurzeln einer Pappelfeige hervor. Im Wat Phanan Choeng werfen Gläubige dem vergoldeten, 19 Meter großen Buddha Luangpor To Gebetstücher entgegen.

Als die Anantara Song am Nachmittag des dritten Tags wieder in Bangkok einläuft, sind auf dem teakhölzernen Bootsdeck Tee und eine bunte Vielfalt an Kuchenköstlichkeiten und Sandwiches angerichtet. Das Boot zieht an Thailands höchstem religiösen Bauwerk, der Wat Arun, vorbei. Seine mit Tausenden von Mosaiksteinchen besetzten Chedis (Stupas), glitzern in der Sonne – ein letzter Trumpf dieser Reise. Denn auf dem Chao Phraya wetteifern bereits dicke Schlepper und Longtailboote um den meisten Lärm, am Ufer haben Wolkenkratzer die bunten Holzhäuser verdrängt. Dolly lächelt. Schon übermorgen geht es auf die nächste Reise, dann beginnt für ihn und seine Gäste eine neue königliche Bootstour.

IN THAILANDS ALTE HAUPTSTADT PER BOOT

Anreise: Wien–Bangkok–Wien nonstop mit Austrian (ca. 1000 Euro) oder EVA Air (ca. 980 Euro). Via Abu Dhabi mit Etihad (476 Euro) oder über Istanbul mit Turkish Airlines (699 Euro).


Die Reisbarkenfahrt beginnt am Pier des Anantara Bangkok Riverside Resort & Spa. Der Transfer vom Hotel zum Boot wird vom Touranbieter organisiert. Die Tour kann für die Dauer von drei Tagen gebucht werden.

Übernachtet wird in vier schönen Doppelkabinen an Bord. AC und jeweils separates Bad vorhanden.

Anbieter: Eine auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Reisenden zugeschnittene Luxusfahrt bietet Airtours über sein À-la-carte-Service an (ab 900 Euro/Person in der Doppelkabine inklusive Luxus-Thaifood und individueller Ausflüge mit Reiseleitung, www.airtours.de).


Auskunft: Thailändisches Fremdenverkehrsbüro, 1040 Wien, Heumühlgasse 3, Tel. +43/(0)1/585 24 20, www.tourismusthailand.at

Die Autorin wurde von Airtours unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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