Schneller und bequemer auf Schiene

Hauptbahnhof
Hauptbahnhof(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Auf welchen Kurzstrecken in Europa die Bahn den Flieger schlägt – sowohl zeitlich als auch preislich. Bei Verbindungen ab Brüssel etwa lässt die Schiene die Flieger alt aussehen.

Manchmal kann es auf dem Boden ganz schön dauern im Luftverkehr. Da muss zum Flughafen gefahren und geparkt werden – und das so zeitgerecht, dass man als gemeiner Holzklassepassagier rund eine Stunde vor Abflug da ist. Wer noch nicht online eingecheckt hat, muss sich dann noch mit den Automaten auseinandersetzen und sich danach, so er mit mehr als Handgepäck reist, in die Schlange zur Gepäckaufgabe einreihen.

Um von da aus jene vor den Sicherheitskontrollen anzupeilen, wo man bestenfalls die Schuhe anlassen darf und sich kein Spaßvogel zu Bemerkungen à la „Nö, die Bombe ist doch im Koffer“ hinreißen lässt. Hat man Glück, geht es dann direkt zum Gate und in den Flieger – hat man das nicht, in den Bus. Ist das alles erledigt, kann die Freiheit über den Wolken dann aber wirklich grenzenlos und die Verbindung mit dem Flieger die schnellste zwischen zwei Orten sein.

Aber das gilt nicht für alle Strecken. Denn während der Flieger bei Reisen nach Tokio oder Toronto alternativlos ist, lohnt sich bei Kurzstrecken durchaus ein Blick auf die Bahnverbindung. Auf mindestens 14 europäischen Routen ist die Verbindung auf der Schiene nämlich schneller als die in der Luft, hat die Reisesuchmaschine GoEuro.com, die sich auf vergleichende Angebote von Bahn, Bus und Flug spezialisiert hat, jetzt ermittelt. Zumindest dann, wenn man die komplette Reisedauer betrachtet. „Viele Traveller in Europa entscheiden sich, ohne zu überlegen und ohne zu recherchieren, für Flüge, denn zumindest auf dem Papier scheinen sie immer die schnellste Methode zu sein. Rechnet man aber die Wartezeiten auf den Flughäfen ein, können Zugreisen effektiver sein“, unterstreicht Naren Shaam, CEO und Gründer von GoEuro.

So lohnt sich beispielsweise für eine Reise von Wien nach München ein Blick auf die Zugverbindungen durchaus. Denn auch wenn hier zwischen der Fahrtzeit mit dem Zug von 4,02 Stunden und der Gesamtreisezeit mit dem Flieger von 4,15 Stunden nur 13 Minuten Zeitersparnis eingeheimst werden können, kann sich diese Überlegung preislich lohnen. So sind laut dem Portal für die Flugverbindung 184 Euro zu entrichten, Züge gibt es aber ab 49 und den Bus gar ab 19 Euro.

Vier Stunden Zeitersparnis

Am eklatantesten zeigt sich der Zeitunterschied bei Verbindungen ab Brüssel. Wer sich hier für den Zug statt für den Flieger entscheidet, kommt in Paris vier Stunden und acht Minuten früher an, in London und Amsterdam rund eineinviertel Stunden zeitiger und in Lyon fast zweieinhalb Stunden vor dem Flieger an, nach Frankfurt spart man sich ebenfalls gut über zwei Stunden. Wer den Ärmelkanal lieber unterquert als überfliegt, spart sich zwischen London und Paris eine Stunde und 41 Minuten, was vor allem in Anbetracht der Gesamtreisezeit mit dem Zug von nur zwei Stunden und 16 Minuten beträchtlich ist. Und auch die Zeitersparnis zwischen Barcelona und Madrid ist mit einer guten Stunde üppig, zumal da die Fahrzeit auf der Schiene ungefähr jener zwischen Wien und Graz entspricht.

Eine knappe Stunde schneller geht es laut GoEuro auch zwischen Rom und Mailand, Düsseldorf und Amsterdam oder Madrid und Sevilla; zwischen Paris und Amsterdam lässt sich immerhin noch eine halbe Stunde auf dem Boden einsparen. Weniger beeindruckend sind dagegen die gewonnenen Minuten bei Verbindungen beispielsweise zwischen Berlin und Prag mit vier Stunden 23 Minuten auf der Schiene versus vier Stunden und 48 Minuten durch die Lüfte, hier könnte dagegen die Preisdifferenz zumal für Low-Budget-Reisende interessant sein: Zwischen der deutschen und der tschechischen Hauptstadt reist es sich im Bus um neun, im Zug um 29 und im Flieger um 93 Euro.

Auf Strecken wie der zwischen Frankfurt und Paris, wo der Zeitunterschied mit zwölf Minuten nicht gerade kriegsentscheidend sein dürfte, und die Preisdifferenz von 56 Euro im Flieger gegenüber 39 auf der Schiene auch Sparefrohs nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen wird, ist es dann vielleicht doch wieder eine Überlegung wert, im Zweifelsfall bei der Security die Schuhe auszuziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.