Wie man zu einem Heiligen wird

Man muss Märtyrer gewesen sein oder ein extrem gottgefälliges Leben plus Wundertätigkeit nach dem Tod aufweisen, damit einen die Kirche für heilig erklärt. Wie viele Heilige es gibt, ist indes unklar.

In der katholischen Kirche ist Heiligsprechung ein Prozess, in dem der Papst urteilt, dass ein Verstorbener sich im Himmel in unmittelbarer Gottesschau, der ultimativen Erlösung, befindet. Der Heilige soll überall verehrt und um Fürsprache bei Gott gebeten werden. Selige werden nur in Ortskirchen verehrt.

Persönliche Voraussetzung ist, dass die Person als Märtyrer starb oder ein tadelloses heldenhaftes Leben als Diener Gottes geführt hat. Als Maßstäbe für Letzteres gelten Tugenden wie Ehrlichkeit, Wohltätigkeit, Einsatz für den Glauben, Gottgefälligkeit, doch macht man es solch Guten schwerer als Märtyrern, da ihnen nach dem Tod auch zwei Wunder zugerechnet werden müssen. In der Neuzeit sind das meist unerklärliche Heilungen, die nach ihrer Anrufung eintraten. Im Fall Mutter Teresas soll etwa bei einer Inderin Krebs verschwunden sein, nachdem sie ein Bild Teresas auf den Bauch gelegt hat.

Seit 1588, als Papst Sixtus V. die Heiligsprechung neu geregelt hat, wickelt die Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse das Verfahren ab, ihr gehören etwa 34 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe an, dazu Theologen, Historiker und andere Berater. Antragsteller (Actor) ist meist ein Bischof oder Orden, der jemanden vorschlägt, in der Regel frühestens fünf Jahre nach dessen Tod. Der Actor stellt einen Postulator (Fürsprecher), der in den folgenden Beratungen erst für die Selig-, später die Heiligsprechung plädiert. Umgekehrt versucht ein Kirchenanwalt (Promotor), dagegen zu argumentieren; man nennt ihn auch Advocatus Diaboli. Stimmt die Kongregation mit Zweidrittelmehrheit für die Heiligsprechung, hat der Papst das letzte Wort, er kann die Person in das seit 1583 geführte Verzeichnis „Martyrologium Romanum“ eintragen.


Tausende Heilige und Selige. Leider ist die Zahl der Heiligen nicht exakt bestimmbar. Lange kürten nämlich Bischöfe und Gemeinden zahllose Heilige, erst ab dem 10. Jh. zogen Päpste die Kompetenz an sich, speziell Alexander III. anno 1170. Als erster päpstlich bestimmter Heiliger gilt Bischof Ulrich von Augsburg (890–973, heilig seit 993), vielleicht schon seit 868 Papst Nikolaus I. (800–867). Die Edition des „Martyrologiums“ von 2004 listet ca. 6650 Heilige undSelige auf, dazu 7400 Märtyrer, insgesamt 14.050 Menschen. Seither kamen 898 dazu, Summe: 14.948. Eine Zählung nur päpstlich kreierter Heiliger in anderen Quellen ergibt bis 1588 ca. 160, später 1711, total 1871.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2016)

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