Weinbiken: Zwischen den Reben radeln

WANDERN IN SUED-TIROL
WANDERN IN SUED-TIROL(c) APA (BARBARA GINDL)
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Südtirol II. Wir kennen sie als Weinstraße. Die Einheimischen nennen sie Überetsch. Die Gegend um Eppan, Kaltern und Tramin ist ideal für Radtouren. Vor allem wenn man einen Experten wie Kellermeister Hans Terzer als Bike-Guide hat.

Die Sonne steht über dem Etschtal. Auf der anderen Talseite ziehen Autos und Traktoren auf der Weinstraße in Richtung Süden. Nicht immer geht sich für Hans Terzer eine Biketour samt Marende und Kellereibesuchen aus, schon gar nicht, wenn die Weinernte ansteht. Aber diesmal haben wir Glück. Der Wein und das Rad sind Terzers Leidenschaften. Mit der einen ist er als Kellermeister der Kellerei St. Michael-Eppan bekannt geworden und mit der anderen schafft er einen Ausgleich zur Arbeit.

Seine eigenen Wege hat er immer schon gesucht: Auch als er vor 40 Jahren als junger Kellermeister und Sohn einer Weinbauernfamilie aus Entiklar bei Kurtatsch in Eppan angefangen hat und mit den konventionellen Arbeitsmethoden auf Konfrontation gegangen ist. Terzer sorgte dafür, dass die Vormachtstellung der Vernatsch-Traube reduziert und dass mehr Weißweine wie Chardonnay, Pinot Grigio und Gewürztraminer angebaut wurden. Und dass die Weinbauern ihre Erntemengen zugunsten der Qualität deutlich verkleinerten. Terzer wurde zu einer der führenden Persönlichkeiten in der so bedeutenden Qualitätsoffensive des Südtiroler Weins. 1986 gründete er das Gütesiegel Sanct Valentin, dessen Sauvignon seit 18 Jahren die begehrten drei Gläser von Gambero Rosso erhält. Auszeichnungen hat er viele bekommen, darunter auch den Titel der Cantina dell' anno, der Kellerei des Jahres.

Von Glas zu Glas

Das alles geht natürlich nicht ohne viel Arbeit und Engagement. Die wenige Freizeit verbringt er gern auf dem Rad. Und da kennt er rechts und links der Weinstraße jeden Pfad, jede Riede und natürlich viele Geheimtipps rund um den Wein und die feine Gastronomie. „Da bietet sich natürlich eine Tour von Nord nach Süd, von Terlan bis nach Margreid an, wo es unterwegs viele schöne Plätze gibt“, meint er. Und so geht es auch gleich los in Terlan bei der hiesigen Genossenschaft. „Kellermeister Rudi Kofler ist ein ehemaliger Schüler von mir und baut feintönige mineralische Weine mit langer Lebensdauer aus“, verrät der Winzer.

Wir halten uns mit dem Verkosten zurück, schließlich wollen wir unbeschadet am Ziel angekommen. Von Terlan geht es auf Nebenstraßen über Andrian und Missian hinauf nach St. Pauls, eine der neun Fraktionen von Eppan. Schmale Gassen führen vorbei an historischen Bauten und der Pfarrkirche mit ihrem mächtigen Turm. Nach ein paar Hundert Metern zur Kellerei St. Pauls und weiter entlang von Weingärten und idyllischen Ansitzen nach St. Michael. Dort kann man das Belle-Epoque-Gebäude der Kellerei natürlich nicht links liegen lassen: Terzers Weißweine verkosten wir in der Vinothek im modernen Anbau. Auch hier in Maßen.

Im historischen Zentrum von St. Michael, bei einem Espresso, werden ernsthaft Gedanken hinsichtlich Mittagessen gewälzt: „Gar nicht so einfach, denn hier gibt es einige sehr gute Optionen“, wägt Terzer ab. Da wäre einmal die Rose, in der Sterne-Koch Herbert Hintner eine kreative regionale Küche pflegt. Oder das Gasthaus Turmbach, eines von Terzers Lieblingslokalen etwas außerhalb im Ortsteil Berg. Eine Möglichkeit wäre auch der herrlich gelegene Stroblhof, ein elegantes Hotel mitten in den Weingärten.

Gewürztraminer und Müller Thurgau

Andererseits ist mit vollem Bauch nicht wirklich gut radeln, vor allem wenn der eine oder andere Anstieg zwischen Weinbergen liegt. Wir folgen also dem Radweg parallel zur Weinstraße in Richtung Kaltern. Nächste Station ist das neue Winecenter ebendort, ein modernes Gebäude und Sitz der neu gegründeten Kellerei Kaltern. Ein guter Platz für eine Pause – und um die Weine der Kellerei und von Baron di Pauli zu verkosten. Wieder nur ein paar Tropfen – und schon treten die Füße in die Pedale, bis Terzer zu einem Abstecher in die Goldgasse im Zentrum von Kaltern abbiegt, wo der Peter Sölva zu Hause ist, „ein quirliger Winzer, der seine Sache wirklich gut macht“, empfiehlt der Kellermeister.

Wenn man Kaltern in Richtung Süden verlässt, öffnet sich der Blick hinunter zum Kalterer See, fein geradeaus. Wir wählen aber einen etwas sportlicheren Weg: Zuerst geht es ein Stück die Mendelstraße bergauf, dann über den Altenburger Weg nach Altenburg, wo herrliche Aussichtspunkte liegen, und weiter über Söll, bis eine steile Abfahrt hinunter nach Tramin führt. Dort könnten gleich drei hochkarätige Adressen zum Abbremsen und Einbiegen motivieren. „Die Kellerei Tramin ist eine absolute Architekturikone“, meint Terzer über Werner Tscholls stringenten Bau mit einem Raster stilisierter grüner Weinreben. „Und Kellermeister Willi Stürz produziert tolle Weine, darunter den exzellenten Nussbaumer Gewürztraminer.“

Ein Stückerl hinauf befindet sich in Tramin unmittelbar neben der Kirche die berühmte Kellerei J. Hofstätter mit ihrem modernen Keller (Betonfässer!). Martin Foradori-Hofstätter produziert international bekannte Blauburgunder und Gewürztraminer auf besten Lagen zu beiden Talseiten. Und wenige Meter bergab befindet sich die renommierte Kellerei mitsamt der Vinothek von Elena Walch. Klarer Fall, in Tramin könnte man einen ganzen Tag verbringen. Doch ein konsequenter Radler muss weiter, und so treten wir auf ruhigen und schönen Wegen oberhalb der Weinstraße über Rungg bis nach Kurtatsch. Hier wäre der Schwarze Adler eine feine Einkehrmöglichkeit, ein klassisches Südtiroler Gasthaus. Was den Wein angeht, wäre die Kellerei Kurtatsch eine erste Adresse. Danach rollen wir kurz auf der in dem Bereich recht ruhigen Weinstraße bis nach Entiklar und zum romantisch gelegen Weingut der Familie Tiefenbrunner, wo Terzer vor rund 40 Jahren gelernt hat. Tiefenbrunners Feldmarschall von Fenner ist bekannt – das Traubenmaterial für den Müller-Thurgau wächst auf 1000 Metern.

Folgt nur noch ein kurzer Abstecher durch die Weingärten oberhalb der Straße. Dann rollen die Bikes wie von selbst hinunter nach Margreid zur Kellerei von Alois Lageder und in das Zentrum des mittelalterlichen Dorfs – Lageders stilvolle Vinothek Paradeis. Auf den letzten Metern gönnen wir uns noch einen Blick auf die älteste Rebe Südtirols und sitzen bald im Gastgarten des Paradeis mit Speck, Käse und Schüttelbrot und einem Glas biologisch-dynamischen Chardonnay. Man könnte die Tour auch mit E-Bikes machen, meint Terzer. Das klingt gut, andererseits schmeckts halt doch besser, wenn man sich ein wenig mehr anstrengt.

BIKEN UND VERKOSTEN

Länge, Dauer: Route von 30 Kilometern in zwei bis drei Stunden – Pausen, Verkostungen und Marenden (Südtirolerisch für: Imbiss) exklusive. www.suedtiroler-weinstrasse.it

Stationen: Auf dem Weg von Terlan nach Margreid liegen zahlreiche Weinbaubetriebe, die über moderne Verkostungsräume und Vinotheken verfügen. Durch die kleinen Rebflächen/Betriebsgrößen in Südtirol haben sich die Winzer in vielen Orten genossenschaftlich zur Kellereienzusammengeschlossen:
Kellerei Terlan, www.kellerei-terlan.com,

Kellerei Kaltern, www.kellereikaltern.com,

Kellerei Tramin, www.kellereitramin.it

Kellerei Kurtatsch. www.kellerei-kurtatsch.it

Weinkellerei St. Michael-Eppan: Hier ist Hans Terzer Kellermeister. www.stmichael.it

Zugleich liegen an und rund um die Weinstraße die besten Lagen für private Weingüter wie

J. Hofstätter-Foradori in Tramin,www.hofstatter.com Tiefenbrunner in Kurtatsch, www.tiefenbrunner.com

Weingut Alois Legeder und Paradeis in Margreid, www.aloislageder.eu

Weingut Peter Sölva in Kaltern: www.soelva.com

Gastronomisch lohnt sich vieles wie etwa

Gasthaus Turmbach in Eppan/Berg: www.turmbach.com

Stroblhof in St. Michael/Eppan: www.stroblhof.it

Zur Rose in Eppan: www.zur-rose.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2016)

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