Con Dao: Paradies mit einer Prise Bitterkeit

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VIETNAM-LIFESTYLE-FESTIVAL-MID AUTUMN(c) APA/AFP/HOANG DINH NAM
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Die Unberührtheit der vom Massentourismus noch unentdeckten vietnamesischen Inselgruppe Con Dao verführt zum Träumen. Die Vergangenheit der Insel gleicht einem Albtraum.

Einen echten Geheimtipp verraten zu können, ist selten geworden. Vietnam, gekennzeichnet vom jahrzehntelangen Vietnam-Krieg und kommunistisch bedingter Abgeschlossenheit, hat touristisch aufgeholt und schon vor Jahren begonnen, sich dem Westen zu öffnen – mit all den bereits in anderen südostasiatischen Ländern, allen voran Thailand, bekannten negativen Auswirkungen wie Hotelbetonburgen Schulter an Schulter nahe der Strände und Verdrängung der heimischen Kulinarik. Eine Entwicklung, die unumkehrbar scheint.

Con Dao ist davon bisher noch verschont geblieben. Die Inselgruppe im Südchinesischen Meer ist nur eine Flugstunde von Ho Chi Minh City entfernt. Dennoch: Nur selten verirren sich Touristen auf die nur zwanzig Quadratkilometer große Hauptinsel Con Son, die als einzige von der aus insgesamt 16 Inseln bestehenden Gruppe auch bewohnt ist. Die größte Stadt heißt wie der Archipel selbst: Con Dao. Rund 5000 Menschen wohnen hier. Diese und die nahezu unberührte Landschaft lassen einen Rückblick in die Geschichte Vietnams zu. In dieses Idyll mit einsamen Sandstränden, intakter Wildnis und kaum Verkehr – die erste Ampel an einer Straßenkreuzung wurde erst 2011 errichtet – mischt sich jedoch auch eine Prise Bitterkeit.

So wenig sich der Besucher der natürlichen Faszination der Insel entziehen kann, so unausweichlich ist die Konfrontation mit der gewalttätigen und erschreckenden Vergangenheit von Con Dao. Die „Tigerkäfige“ – Gefängnisanlagen, errichtet von den französischen Kolonialherrschern Mitte des 19. Jahrhunderts – trüben noch heute das Erscheinungsbild der Insel. Nicht umsonst trug das heutige Paradies damals Beinamen wie Teufelsinsel oder Hölle auf Erden. „Das ist wohl kein geeignetes Programm für einen Sonntagnachmittag.“ Ein deutscher Tourist scheint fast erleichtert, als er erfährt, dass der mächtige, bedrohlich wirkende Eingang zu den „Tigerkäfigen“ gerade geschlossen ist. Trotzdem will er am Montag zurückkehren. Die Konfrontation mit dieser Vergangenheit ist erschütternd, die Möglichkeit, einen Teil der Geschichte direkt erfahren zu können, einzigartig.

Bestialische Folter

Über 20.000 Menschen fanden hier einen meist qualvollen Tod. Nach dem Ende der französischen Kolonialherrschaft1945 übernahmen die Südvietnamesen die französischen Methoden. Mit Unterstützung der US-Amerikaner folterten sie ihre politischen Gegner. Der Besuch der Gefängnisse und Folteranlagen wird zu einer Zäsur in der sonst vorherrschenden urlaubsbedingten Leichtigkeit. Gespenstisch wirken die Figuren, mit denen gepeinigte Häftlinge in den Zellen und Szenen des Lageralltags nachgestellt werden. Die brütende Hitze und die Intensität der Sonne (Con Dao liegt fast auf dem Äquator) lassen erahnen, auf welche bestialische Weise die Natur selbst als Folterinstrument eingesetzt wurde.

Doch der Blick in die Geschichte gibt auch ein Maß an Hoffnung zurück. Vietnams berühmteste Revolutionsheldin, Vo Thi Sau, hatte sich schon als kleines Mädchen den Besatzern widersetzt. Mit 14 tötete sie einen französischen Hauptmann mit einer Handgranate. Festgenommen wurde sie erst Jahre später nach einem erneuten Anschlagsversuch. 1952 wurde sie mit nur 19 Jahren in Con Dao hingerichtet. Ihre Verehrung hält jedoch bis heute an. Besonders rund um Mitternacht wird ihr Grab auf dem Hang-Duong-Friedhof zu einer Pilgerstätte: Die Menschen legen Opfergaben wie Spiegel und Kämme ab, zünden Räucherstäbchen an und bringen gebratene Hühner, Obst oder auch Klebreis.

Auf der Insel hat allerdings schon die Zukunft Einzug gehalten. Das zeigt sich am Fünfsterneluxusresort Six Senses. Das 2010 eröffnete Hotel liegt vier Kilometer von Con Son entfernt direkt am Strand und besteht aus 50 Villen mit jeweils einem eigenen Privatpool. Neben Luxus, der im Jahr 2011 Angelina Jolie und Brad Pitt anlockte, setzt das Ressort auch auf Ökologie. Die Villen wurden ausschließlich aus nachwachsenden Hölzern gebaut. Dieses Engagement ist nicht zufällig: 80 Prozent der Flächen der Inselgruppe sind Teil des Con-Dao-Nationalparks. Über 200 Korallenarten und die Eiablegestätte von Meeresschildkröten zeichnen das Naturwaldreservat aus. Überhaupt liegt der wahre Luxus von Con Dao nicht in edlen Unterkünften oder feinen Restaurants, sondern in ihrer Einfachheit. Wo sonst trifft man am Strand noch auf herumstreunende Affen oder auf professionelle Muschelsammler? Mit einem Bambusstab, der ab der Hälfte zweigeteilt und am unteren Ende von einer Metallschiene gespreizt wird, durchgraben zwei Einheimische den Sand nach Muscheln. Mehrmals in der Woche kommen sie hierher, um die Meeresfrüchte anschließend den örtlichen Lokalen zum Kauf anzubieten.

Im Dornröschenschlaf

Das gemächliche Lebenstempo der Insel steckt an. Es lohnt sich, als möglicherweise einziger Tourist über den Markt zu schlendern oder zu Dam Tre, der Bambuslagune gleich nördlich des Flughafens zu wandern, um dort in Seelenruhe zu schwimmen oder zu tauchen. Erkunden lässt sich die Insel problemlos auf eigene Faust, am besten per Fahrrad oder Moped. Und jeder, der auf einsamen Straßen entlang der feinen Sandstrände, Urwälder und einfachen Häuser entlangfährt, hegt die gleiche Hoffnung: dass der touristische Dornröschenschlaf der Insel noch andauern möge.

TAUCHEN UND RADFAHREN

Die beste Reisezeit ist von Oktober bis April. Ab Mai wird es sehr heiß. Danach beginnt die Regenzeit, die bis Ende September dauert.

Anreise: Die Fluglinie Vietnam Airlines fliegt täglich rund fünfmal zwischen Ho Chi Minh City und Con Dao. Tickets kosten rund 75 US-Dollar pro Strecke. Der Flughafen liegt 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Alle größeren Hotels bieten einen kostenlosen Taxitransfer an.

Motorräder kann man in den meisten Hotels für rund zehn Dollar pro Tag leihen, Fahrräder bereits um zwei Dollar.

Übernachtung: Das Luxusressort Six Senses Con Dao liegt direkt am Strand und bietet auch Tauch-, Segel- und Wanderausflüge an. Mehr auf: www.sixsenses.com

Tauchen: Das Unternehmen Dive! Dive! Dive! darf an über 30 Plätzen rund um die Inseln tauchen. Mehr auf: www.dive-condao.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2016)

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