Reduktion erzeugt Inspiration

Reisen schnuppern, Neni’s Foodtruck auf dem Reisesalon besuchen.
Reisen schnuppern, Neni’s Foodtruck auf dem Reisesalon besuchen.(c) Reisesalon
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Anlässlich der zweitgrößten österreichischen Reisemesse am nächsten Wochenende haben wir Experten und Wissenschaftler nach den Trends befragt. Als da sind: Südafrika, Naturerlebnisse, Slow Travel, Österreich, Kreuzfahrten.

Wien. Szenarien für die schönsten Wochen des Jahres gibt es viele. Der Bogen spannt sich von A wie Astro-Tourismus bis Z wie Zu-Hause-bleiben. Beim Reisesalon, der zweitgrößten Reisemesse Österreichs, der am 19. und 20. November erstmals in der Orangerie und im Apothekertrakt von Schloss Schönbrunn über die Bühne geht, stehen für A die exklusiven Anantara Hotels, für E veritable Experten, bei denen auch gebucht werden kann, N für Neni mit ihrem Foodtruck und W für Windrose Finest Travel.

Der Reisesalon 2016 setzt auf Authentizität. Geschäftsführerin Christina Neumeister-Böck: „Heuer werden sich acht Blogger unter die Besucher mischen – erkennbar an bunten T-Shirts, auf denen die Destinationen stehen, über die sie geschrieben haben. Sie werden berichten, was sie erlebt haben: vor allem Geschichten von Menschen, diese sind immer glaubwürdig und ehrlich.“

Der Wunsch, einen Blick in das Universum zu werfen, war schon immer ein Menschheitstraum, nun wurde daraus ein Riesentrend. In den letzten Jahren entstanden immer mehr sogenannte „Dark sky sanctuaries“, spezielle Reservate oder Parks, die von Lichtverschmutzung weitgehend verschont sind und einen so gut wie ungetrübten Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel ermöglichen. Besonders gute Bedingungen, also tiefschwarze Nacht, herrscht im Elqui-Tal im Norden Chiles, das als weltweit erstes Schutzgebiet ausgewiesen wurde. Doch auch Namibia, Quebec und Neuseeland ziehen Sterngucker an. In Europa sind es die Kanaren, Großbritannien und Island. Trotz schwieriger politischer Lage scheint die Lust am Reisen ungebrochen. Rolf Freitag, Präsident des touristischen Beratungsunternehmens IPK International, rechnet 2016 bei den Auslandsreisen weltweit gar mit einer Steigerung von vier bis fünf Prozent.

Neuseeland und Australien

Kreuzfahrten gelten in der Branche immer noch als eines der Boom-Segmente. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Markt um rund drei Prozent angestiegen. Generell werde mehr gereist als im Vorjahr, erklärt der IPK-Chef, bei der Wahl der Destinationen komme es jedoch zu erheblichen Verschiebungen. „Beliebte Urlaubsziele, allen voran die Türkei und Ägypten, verzeichnen Buchungsrückgänge”, konstatiert auch Elisabeth Kneissl-Neumayer, Geschäftsführerin von Kneissl Touristik. „Städtereisen sind ebenfalls rückläufig. Im Trend liegen Namibia und Südafrika. Grandiose Natur, Wildtierbeobachtung, Begegnungen mit anderen Völkern, das sind starke Reisemotive.“

„Die Nachfrage nach Australien und Neuseeland ist nach kurzzeitigem Tief wieder stark angestiegen“, bestätigt Herbert Frankenstein von Jedek Reisen den Trend zu Destinationen mit positivem Sicherheitsimage. Dabei würden Produkte bevorzugt, die früher nur von zahlungskräftigen Schweizern gebucht wurden: Longitude 131 beim Ayers Rock etwa oder die Southern Ocean Lodge auf Kangaroo Island oder das Lizard Island Resort.

Auch die Adria, der Mittelmeerraum und die Mitte Europas profitieren von der aktuellen Lage und werden wieder entdeckt. „Kroatien liegt mit Italien erneut an der Spitze der Urlaubergunst. Griechenland wird wieder beliebter, und Deutschland holt Spanien erstmals ein“, gibt das IFT-Institut für Freizeit- und Tourismusforschung in seiner 20. Österreichische Tourismusanalyse bekannt.

Nachbar Slowenien, der mit dem Slogan „Grün, aktiv und gesund“ wirbt, positioniert sich immer stärker als Ökodestination. Auf der ITB Berlin wird das kleine Land heuer als Convention-&-Culture-Partner auftreten und beim Fachkongress, dem weltweit größten Thinktank der Branche, Schwerpunkte seiner Strategie präsentieren. Auch Österreich gehört zu den Gewinnern. Laut Peter Zellmann, Leiter des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung in Wien, waren es 2015 immerhin 57 Prozent, die sich für Ferien im Inland bzw. Urlaub auf Balkonien entschieden haben.

Der Wunsch nach nachhaltigem Reisen mit Erlebnissen in der Natur lässt sich zwischen Bodensee und Neusiedlersee auf geradezu idealtypische Weise verwirklichen. „Die Natur wird zum Erfahrungsort, zum geistigen Ereignis und setzt die Seele in Bewegung“, argumentiert Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung. Im Wiederentdecken der eigenen Geschwindigkeit würde die Antwort auf die uns alle – zumindest seit der Lektüre von Hermann Hesse – beschäftigenden Sinnsuche liegen.

„Tempo drosseln, den Reset-Knopf drücken, runterkommen” – so definiert es die aktuelle Studie des Zukunftsinstituts in Frankfurt. Der dafür geschaffene Oberbegriff heißt Slow Travel in Anlehnung an die Slow-Food-Bewegung, die seit Ende der 1980er-Jahre für genussvolles, bewusstes und regionales Essen eintritt. Slow Travel etabliert sich laut Trendforscherin Anja Kirig als neue Form von Erlebnisreisen und bleibt keineswegs nur Wanderern und Outdoor-Fans vorbehalten. „Trotz oder gerade wegen der Reduktion erzeugt die neue Art des Erlebnisses ein Mehr an Inspiration, Klarheit, Fokussiertheit, Motivation, Ausgefülltsein und innerem Reichtum“, so die Tourismusexpertin.

REISESALON 2016

100 Aussteller, 22 Reisevorträge, Reiseblogger, Live-Schaltungen und kulinarische Genüsse aus aller Welt. 19. 11. von 10–18 Uhr, 20. 11. von 10–17 Uhr. Schloss Schönbrunn Apothekertrakt, Orangerie, (Eingang Orangerie, Schönbrunner Schlossstr.), Tickets ab 6 Euro.

(Print-Ausgabe, 12.11.2016)

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