Seychellen: Platzmangel im Paradies

Geschliffen. Granitrücken prägen die Küsten der Trauminseln.
Geschliffen. Granitrücken prägen die Küsten der Trauminseln.(c) 3sixtyluxury
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Auf den Seychellen ist kein Platz mehr für neue Hotels, deshalb wurde das erste auf einer künstlichen Insel eröffnet.

Als der Schriftsteller Glynn Buridge die Seychellen erreichte, war Eden Island noch nicht geboren. Jetzt sitzt er auf eben jener Insel in einer Villa, hinter ihm ist gerade die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Eden Island ist die erste künstliche Insel der Seychellen. Als Buridge in den 1980ern kam, arbeitete er auf einer natürlichen, privaten Insel für einen reichen Menschen, dessen Name nicht genannt werden soll. „Luxustourismus anzubieten war damals eine bewusste Entscheidung“, sagt Buridge, „Massen können die Inseln sowieso nicht vertragen.“

Doch Massen kamen, zumindest wenn man dies im Vergleich zur Einwohnerzahl betrachtet. 230.000 Menschen besuchten 2014 das Land, das gerade einmal 90.000 Einwohner hat. Tendenz steigend. Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig. Vergangenes Jahr hat Präsident James Michel in einer Rede gesagt, dass große Hotels mit vielen Hundert Zimmern auf der Hauptinsel Mahé nicht mehr gebaut werden sollen. Wo auch?

Anders als die Malediven sind die Seychellen keine Sandhaufen im weiten Blau, sondern riesige, zackige Granitgebirge, die aus dem Ozean herausragen. Aus der Ferne sehen sie aus wie kleine Krokodilrücken, das dunkle Gestein wirkt rau und verknöchert, wie gichtgeplagt und mit einer Schraffur aus grünem Flaum überzogen. Über der Hauptinsel Mahé hängen ständig Wolken wie Wattebäusche im hohen Bergkamm. Die Sandbuchten der Hauptinsel sind fast alle bebaut, der Flughafen wurde durch Landgewinnung dem Meer abgerungen. Es herrscht Platzmangel im Paradies.

Atmosphärisch.  Immer wieder bauen sich Wolken über den gebirgigen Inseln auf.
Atmosphärisch. Immer wieder bauen sich Wolken über den gebirgigen Inseln auf. (c) 3sixtyluxury

Eiland vom Reißbrett. Ende der 1990er hat die Regierung deshalb bereits beschlossen, mehrere künstliche Inseln vor Mahé anzulegen. Eden Island ist eine von sechs: 56 Hektar Land, mit sechs geplanten Häfen, 568 Wohneinheiten in Apartments, Häusern und Villen, jede mit eigenem Anlegeplatz. Die billigste kostet 300.000 US-Dollar. Für eine Villa mit fünf Zimmern muss man in der Hochsaison 8000 US-Dollar Miete pro Tag hinlegen. 499 Einheiten wurden bereits verkauft. Die letzten sollen dieses Jahr fertiggestellt werden.

Fährt man mit dem Golfcart über Eden Island (Autos sind nicht erlaubt, es ist kein Platz, die Straßen sind Sträßchen), wirkt es wie jede andere Feriensiedlung. Haus an Haus, alle sehen ähnlich aus, und in den ersten Tagen verläuft man sich zwischen ihnen. Menschen aus 32 Nationen sollen auf Eden leben, und tatsächlich hängen amerikanische Flaggen oder kleine südafrikanische Fähnchen an den Wagerln. In den Garagen steht hie und da ein Fahrrad oder hängt ein Kanu von der Decke. Der Marketing Manager von Eden Island, Peter Smith, erklärt, dass die Insel 60 Einwohner habe, weitere 120 Familien mieteten sich Apartments das ganze Jahr über. Rund 180 Menschen sollen immer auf Eden leben, dazu kommen wöchentlich 30 bis 40 Kurzzeiturlauber. Und natürlich die Einheimischen, die manchmal in den Bars an der Marina sitzen.

Arjan de Groene zum Beispiel. „Cafés und Bars zum entspannten Trinken gibt es in Victoria, der Hauptstadt, kaum. Es ist eher ein wirtschaftlicher Drehpunkt“, sagt er und nippt an seiner hausgemachten Limonade. Er ist General Manager der Green Island Foundation, die sich um nachhaltige Projekte auf verschiedenen Inseln kümmert. „Früher haben dort, wo jetzt die Marina ist, Haie gelaicht“, sagt er und zeigt auf das Wasser, das zwischen den Jachten hin- und herschwappt. Jetzt kommen sie immer noch, aber die Schiffsschrauben und auslaufendes Öl machen ihnen das Leben schwer. Nicht nur das ist das Problem der künstlichen Insel. Der Kies und Sand wird vom Meeresboden heraufgebaggert. „Die küstennahen Flachwasserbereiche sind für Flora und Fauna sehr wichtig, denn die Pflanzen brauchen Licht. In 100 Metern Tiefe wächst nichts mehr, aber dort baggert man nicht“, sagt de Groene. „Tiere buddeln sich meist knapp unter der Sandoberfläche ein.“ Es dauert Jahrzehnte, bis sich der Meeresboden regeneriert. So weit, so furchtbar. Aber Eden Island ist auch Nährboden für Korallen, die am Inselfuß andocken und neue Gemeinschaften und kleine Riffe bilden. „Würde sich die Flora und Fauna auch durch Klimawandel oder Änderung der Meeresströmungen wandeln?“, fragt de Groene. Man weiß es nicht.

Addiert.  Haus an Haus, Boot an Boot: Eden Island ist bereits ganz gut besiedelt.
Addiert. Haus an Haus, Boot an Boot: Eden Island ist bereits ganz gut besiedelt. (c) 3sixtyluxury

Eden Island liegt vor der Hauptinsel Mahé, unweit des Flughafens, weil es dort den geringsten Einfluss auf die Natur der Seychellen hat. Auf Mahé leben 40 Prozent der Seychellois, und viele Touristen ziehen von hier aus weiter zu kleineren Eilanden. Dort, wo es Riesenschildkröten und flugunfähige Vögel gibt und wo man Gezwitscher lauscht, das man nirgendwo anders hört, wo die Coco de Mer am Strand liegt, eine Nuss, die aussieht wie ein plattgesessener Popo. Die Hälfte der Landfläche ist Naturpark, Vallee de Mai auf der Insel Praslin und Aldabra stehen beide auf der Unesco-Welterbeliste.

Boomende Bootstouren. Vom Eden Bleu aus, dem Hotel der Insel, sieht man nichts davon, nur eine Armada an Booten, die im Hafen liegt, der die gesamte Insel umgibt. Auf einem der Boote arbeitet Pascal Durand. Der 30-Jährige ist einer der Skipper bei Dream Yacht Charter. Sein Arbeitgeber ist der größte Bootsverleih der Seychellen. 2011 hatten sie elf Boote, mittlerweile sind es 25. „Die Zukunft des Tourismus liegt auf dem Wasser“, sagt er. Im Schnitt mieten Reisende die Boote für eine Woche bis zehn Tage, drei Viertel davon nehmen keinen Skipper mit an Bord. „Segeln ist sehr umweltfreundlich“, sagt Durand. Vier Wochen könnten zwei Leute an Bord verbringen, sofern der Kühlschrank aufgefüllt wurde und mindestens einer angeln kann. „Weniger Einfluss kann man nicht auf die Umwelt haben“, sagt er, „es sei denn, man bleibt zu Hause.“

Das stimmt natürlich nicht. Zwischen Luxusurlaub auf den Seychellen und dem heimischen Balkonien liegen viele Reisewelten. Aber wenn mehr Touristen zu Hause bleiben würden, dann müsste auf den Seychellen nicht immer wieder um Platz gerungen werden. Keine Lösung ist gut. Boote mögen mit dem Wind segeln, aber sie können sinken, Öl ablassen, und die Substanzen, die den Wildwuchs auf dem Boden verhindern sollen, töten auch Kleinstlebewesen im Hafen. Für den Bau künstlicher Inseln wird der Meeresboden zerstört, aber an ihnen siedeln sich neue Korallen an. Sie geben einigen Menschen ein Zuhause, anderen einen Arbeitsplatz. Man kann das eine nicht gegen das andere aufwiegen, die Ökologie gegen die Ökonomie antreten lassen. Vielleicht ist das der Punkt, an dem Wachstum an seine Grenze gelangt.

Tipp

Hinkommen. Zum Beispiel mit Ethiopian Airlines ab Wien über Addis Abeba nach Mahé, www.ethiopianairlines.com Oder mit Emirates von Wien über Dubai, www.emirates.at

Bleiben. Die Zimmer im Eden Bleu Hotel kosten ab 300 Euro (Einzel) und 325 Euro (Doppelzimmer) mit Frühstück. www.edenbleu.com

Herumsegeln. Ein Catamaran für zehn Personen kostet bei Dream Yacht Charter mit eigenem Koch und Skipper, inklusive Versicherung und Gebühren rund 6800 Euro für zwei Nächte.

Compliance: Die Reise wurde von Ethiopian Airlines und Eden Island unterstützt.

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