Wo sich die großen Polittiere treffen. Wo man zweimal hinschauen muss. Und wo das Haus helle wie dunkle Vergangenheit atmet.
16.01.2019 um 00:32
Nun ja, die Auffahrt zum langjährigen Gästehaus der deutschen Bundesregierung ist kurvenreich. Aber für einigermaßen geübte Autofahrer problemlos zu bewältigen. Nicht jedoch für Leonid Breschnew. Der sowjetische Staatschef, restlos begeistert vom silbergrauen Mercedes 450 SL Coupé – einem Geschenk Willy Brandts – setzte sich bei einem Staatsbesuch 1973 sogleich hinters Steuer und fuhr den funkelnagelneuen Flitzer nach ein paar Serpentinen zu Schrott. Text von STEPHAN BRÜNJES
Steigenberger
Auch Bill Clinton hat bei seinem Aufenthalt am Petersberg deutliche Spuren hinterlassen, allerdings nicht in Form von Schürfwunden in der Baumrinde, sondern mit einem eigens für ihn angelegten Jogging-Parcours rund um das Hotel. Wer ihn – beim Parkplatz beginnend – entlangschlendert, erkennt sofort die einmalige Lage des ehemaligen, 1914 eröffneten neobarocken Kurhotels. Dazu ausgebaut wurde das bereits vorhandene Gebäude seinerzeit vom 4711-Kölnisch-Wasser-Unternehmer Ferdinand Mühlens.
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Trotz Pleite des von ihm übernommenen Hauses – er war überzeugt, der Petersberg mit seinem eindeutig besten Blick über Bonn und das Rheintal muss ein Gästemagnet sein. Dass Berg und Hotel 100 Jahre nach der Eröffnung auch zu den prominentesten Schauplätzen deutscher Geschichte zählen würden, konnte damals noch keiner ahnen.
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Kaum eingetreten durchs überraschend kleine, unscheinbare Portal wähnt man sich mittendrin in der großen Politik vergangener Jahrzehnte. Zahlreiche Fotos sorgen dafür, dass im Kopfkino die Nachrichten von einst laufen. Reichlich Insidergeschichten erzählen die Hotelangestellten auf Nachfrage, wenn man mit ihnen durchs gediegene, gut renovierte 1950er-Jahre-Schleiflack-Ambiente mit vergoldeten Türgriffen schlendert. Im Bild: Die Hotelhalle zu Beginn der fünfjährigen Renovierungsphase, 1985.
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Da deuten sie etwa auf den roten Teppich, auf den sich Adenauer protokollwidrig stellte, als die alliierten Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg über das Petersberger Abkommen verhandelten, das Deutschlands Zukunft regelt. Die Queen residierte 1965 auf dem Petersberg, war aber über Getränkeauswahl und Geschirr offenbar „not amused“, ließ Tafelsilber und Tafelwasser einfliegen.
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88 geräumige, helle Zimmer hat das Hotel, zwölf Säle, man blickt auf Alabasterdecken und viel Marmor – vielfach noch aus dem (Um-)Baujahr 1914. Gut 80 Jahre später übrigens das passende Ambiente für Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher – er heiratete hier und ist so ziemlich der einzige Nichtpolitiker, der nennenswerte Spuren auf dem Petersberg hinterließ.
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In der Bar sind sie dann wieder unter sich, die großen Tiere, weswegen dieser mit vielen Bilder dekorierte Raum „Big Animals“ heißt. Gleich erkennt man, wer da gerahmt wurde – karikierte deutsche Politiker: Schröder als Tiger, Erhard als Schildkröte und Merkel als Tapir. www.steigenberger.com Im Bild: Die Bar des Rheinterrassen-Restaurants zu Beginn der Renovierung.
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Goethe und Schiller, Herder und Wieland – kein Wunder, dass Weimar als „Stadt der toten Dichter“ geschmäht wird. Worauf die pfiffigen unter den 65.000 Einwohnern meist so antworten: „Statt der toten Dichter gibt's hier viel anderes Interessantes zu sehen!“ Architektur etwa: Die Bauhaus-Bewegung der 1920er-Jahre hat ihre Wurzeln in Weimar, und schmucke Zuckerbäcker-Palais aus den Dekaden davor dokumentieren, dass diese Kleinstadt als Capitale eines Bonsai-Fürstentums ganz schön dick aufzutragen wusste und damals Dichter, Denker sowie Musiker hierher einkaufte wie heute der FC Bayern seine Kicker. Viele dieser Kulturstars haben über kurz oder lang an einem Ort logiert – dem Hotel Elephant.
Georg Grainer Fotografie
Seit fast 320 Jahren zentral am kleinen Marktplatz beheimatet, ist es heute ein Fünf-Sterne-Superior-Palais mit marmorierten Wänden, Kanapee-Sofas und getäfeltem Ballsaal-Frühstücksraum. Goethe kam mehrfach pro Woche her, trank angeblich bis zu zwei Liter Rotwein täglich, viele davon im Hotel Elephant. Seinen 80. Geburtstag feierte der Dichterfürst in diesem – schon damals – ersten Hotel am Platze.
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Johann Sebastian Bach, Clara Schumann, Franz Liszt, Richard Wagner, Franz Grillparzer und Leo Tolstoi – die Liste der Literatur- und klassischen Musikpromis, die hier verkehrten, ließe sich endlos verlängern. Wer heute im Hotel Elephant einkehrt, kann so manchem ganz nah sein, denn das Haus hat einigen insgesamt sieben Themensuiten gewidmet: Thomas Mann etwa, weil er dem Hotel in seinem Roman „Lotte in Weimar“ ein Denkmal setzte.
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Oder Walter Gropius, dem Bauhaus-Gründer, der es in Briefen erwähnte: „Morgen bin ich wieder in Weimar, dort im Hotel Elephant zu erreichen. Das Semester beginnt, und ich werde meine ersten Schritte tun.“ Das heutige wuchtig-strenge Erscheinungsbild des Hauses stammt aus den späten 30er-Jahren. Der Vorgängerbau war abgerissen worden, das Elephant wurde ab 1937 neu gebaut, auf ausdrücklichen Wunsch Adolf Hitlers.
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Er logierte ab 1926 gern hier, soll im Hotel Elephant den Entschluss für den Überfall auf Polen gefasst haben. Und Hitlers Anhänger in Weimar sollen sich auf den Marktplatz gestellt und dem Diktator mit einem skandierten Zweizeiler in breitem Thüringisch gehuldigt haben: „Liebor Führor, gomm heraus aus däm Älefandenhaus!“ Die Einweihung des neu errichteten Hotels am 5. November 1938 anlässlich des Thüringer Gautages glich einem Staatsakt mit der Anwesenheit fast der gesamten NS-Führungsspitze. Im Bild: Adolf Hitler nach einem Besuch des Schillerhauses in Weimar, wahrscheinlich 1937.
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So ist das „Elephant“ ein historischer Ort mit heller und dunkler Vergangenheit, vor allem aber einer Gegenwart, in der das Haus mit seinen vielen Kunstschätzen aus der Avantgarde und von zeitgenössischen Vertretern wie Lüpertz oder Baselitz ebenso beeindruckt wie mit den exquisiten kulinarischen Werken, die Küchenchef Marcello Fabbri im hoteleigenen Spitzenrestaurant Anna Amalia schafft und dafür regelmäßig mit Spitzenbewertungen belohnt wird. www.hotelelephantweimar.com
Instagram (marcifabbri)
Jahrzehntelang war die Schlachte ein befestigter Uferstreifen an der Weser, von dem es in Bremen hieß: Hier könnte man doch, hier sollte mal aber dringend, hier muss doch eine Promenade entstehen! Die gibt es nun seit ein paar Jahren, mit Restaurants in alten Rotklinker-Speicherhäusern, mit Biergärten, in denen man wunderbar die Weser und die Zeit vorüberziehen lassen kann. Radio Bremen hat sich hier ein schickes Funkhaus gebaut und Loriots plüschiges TV-Sofa ins Foyer gestellt. Man darf die rote Absperrkordel für ein paar Fotos beiseitenehmen, nur Draufsetzen ist streng verboten. Macht nichts, denn nebenan, im Hotel Überfluss gibt es mindestens genauso schöne Retromöbel.
Carsten Heidmann Fotografie
Wuchtige Ledercouches auf Omas Perser, dazu Sessel mit Fellimitat und Kunststoffschaukelstühle mit Kufen, die aussehen wie hölzerne Bananen. Die Leselampe ist ein riesiger Filmscheinwerfer. Die Bäder sind zum Schlafbereich hin transparent, vor der Glaswand baumeln Vorhänge, die aus Wäscheleinenstücken zu bestehen scheinen – mit LED-Lämpchen drin.
Carsten Heidmann Fotografie
Zusammen mit dem beige-braun-schwarz gestreiften Boden mutet das Interieur auf den ersten Blick an wie ein Möbel-Sammelsurium in einem dieser ach so coolen Einrichtungshäuser, die den Billigeindruck kaschieren müssen. Doch einmal im Überfluss eingecheckt, aufs Bett geplumpst und umgeschaut, wird klar: Das Hotel ist mit viel Fantasie und Kombinationsgabe eingerichtet. Nicht nur in den Zimmern, auch im Frühstücksraum. Hier gibt's am französisch-italienischen Buffet vor allem gesunde Kost an Tischen auf einem kurzgeschorenen Flokati und unter fußballgroßen silbernen 60er-Jahre-Kugellampen.
Instagram (anja.912)
Hier, in den meisten Zimmern und vor allem von der sehenswerten Dachterrasse des Hotels gibt's den einmaligen Blick auf die Weser sowie die Schlachte-Promenade. Mit Prosecco in der Hand kann da schon leichtes Dekadenzgefühl aufsteigen: „Ihr da unten, wir hier oben.“ www.hotel-ueberfluss.de
Instagram (designhotel_ueberfluss)
Drei kultige Adressen
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