Fondation Pierre Bergé-YSL

Vom Haute-Couture-Atelier zum Museum

Fondation Pierre Bergé-YSL
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Fondation Pierre Bergé-YSL. Anfang Oktober eröffnete ein Museum, das dem berühmten Modeschöpfer gewidmet ist.

Ich habe immer schon gesagt, dass wir unsere Erinnerungen in ein Projekt verwandeln müssen – mit dieser Stiftung haben wir es getan. Im Jahr 2017 wird dies einerseits mit der Eröffnung eines Yves-Saint-Laurent-Museums in Paris stattfinden und dann auch in Marrakesch. Dieses Abenteuer begann vor langer Zeit, als wir noch gar nicht wussten, dass das Schicksal uns ein Zeichen geben würde“, hat der Kunstmäzen und Unternehmer (Auktionshaus, Le Monde Verlag) Pierre Bergé erklärt, der Lebenspartner von Yves Saint Laurent, der dieses Ereignis leider nicht mehr miterleben konnte. Er starb Anfang September in Saint-Rémy-de-Provence.

Das Label YSL hat Modegeschichte geschrieben. Seit fast vierzig Jahren ist Yves Saint Laurent Synonym für Exzellenz und Pariser Eleganz. Bernard Buffet, Andy Warhol, Irving Penn oder auch Richard Avedon und Helmut Newton haben den ziemlich introvertierten YSL porträtiert, um den es schon zu Lebzeiten einen enormen Kult gab. Frankreichs Filmikone Catherine Deneuve, eine seiner treuesten Verehrerinnen, trägt privat und in Filmen seine Kleider. Im Jahr 1974 zog das Modehaus Yves Saint Laurent, das 1961 in einem vierstöckigen Gründerzeitbau in der Rue Spontini Nr. 30 in der Nähe des Bois de Boulogne gegründet worden war, in ein Stadtpalais in der viel eleganteren Avenue Marceau in Chaillot um. Das Eckgebäude in der noblen, mit einer Allee bestandenen repräsentativen Avenue unweit der Pont d'Alma war das Haus, das im Rhythmus des Ateliers vibrierte, ein Bienenstock, in dem Yves Saint Laurent mit seinen Mitarbeitern in den Werkstätten arbeitete, wo seine Kreationen von 200 Schneiderinnen und Näherinnen Realität wurden. Im Erdgeschoß, den sogenannten Lounges, wurden dann die Kundinnen nach der Präsentation der Kollektion einzeln empfangen, um die Modelle ihrer Wahl bestellen zu können.

Etappen einer Metamorphose

Am 7. Januar 2002 kündigte Yves Saint Laurent auf einer Pressekonferenz an, dass er seine Karriere beenden und das Haute-Couture-Haus schließen werde. Zwei Jahre später, nach einer ersten umfangreichen Renovierungsphase, eröffnete die Pierre-Bergé-Yves-Saint Laurent-Stiftung ihre Pforten in 5, Avenue Marceau. Schon dieses erste Projekt, die Räumlichkeiten in der Avenue Marceau zu verwandeln, ist von grundlegender Bedeutung. Ein Teil der Empfangsräume wurde in öffentlich zugängliche Ausstellungsräume mit drei Hauptmissionen umgewandelt: Skizzen der Sammlungen, Dokumentarfilme, Zeichnungen und andere Objekte, die die Kreation des Erfinders der „Saharienne“, des Mondriankleids und des ultrafemininen Smokings, der das kleine Schwarze ablöste, nachvollziehen sollen.

Studium der YSL-Entwürfe

„Ich möchte, dass meine Kleider auch noch in 100 Jahren getragen und studiert werden“, erklärte Saint Laurent, wenn man ihn fragte, ob die Nachwelt wichtig für ihn sei. Schon vor der Schließung der Räume für die Öffentlichkeit im April 2016 , die die zweite Renovierungsphase und somit den Grundstein für das Museum einleitete, präsentiert die Stiftung Pierre-Bergé-Yves-Saint-Laurent zwölf Kunstausstellungen zum Thema Mode und Design, darunter „Yves Saint Laurent, Dialog mit Kunst“, 2004; „Hedi Slimane, Sonic“, 2014; sowie „Jacques Doucet – Yves Saint Laurent, Leben für Kunst“, 2015.

Mit der Eröffnung des Yves- Saint-Laurent-Paris-Museums schlägt die Stiftung eine neue Richtung ein und bezieht eindeutig Position: Die öffentlich zugänglichen Räume wurden verdoppelt und sind von nun an ausschließlich der Präsentation von Yves Saint Laurents Schaffen gewidmet.

„Das Archiv des Labels beherbergt 5000 Haute-Couture-Kleider und mehr als 15.000 Accessoires“, sagt Aurélie Samuel, ihres Zeichens Director of Collections. „Pierre Bergé begann schon im Jahr 1964, die Prototypen der Roben nach dem Defilee zu konservieren. 1982 veranlasste YSL selbst, dass alle Entwürfe, die er aufbewahren wollte, mit dem Wort Musée beschriftet werden sollen.“

Holzplatte auf Tischböcken

Beim Flanieren durch die eleganten Räumlichkeiten, die von Jacques Grange und Nathalie Crinière in einen stilvollen Tempel für Wissen und Anerkennung des legendären Pariser Chic umfunktioniert wurden, erfährt man „all about Yves“, den Lieblingsdesigner von Catherine Deneuve, Loulou de La Falaise oder auch der androgynen Blondine Betty Catroux, der Pariser Stilikone der 1970er-Jahre. Man bekommt auf drei Etagen und 450 Quadratmetern Einblick in das Funktionieren eines Haute-Couture-Hauses, den Prozess der Schöpfung, seine Komplexität, seine Zweifel, seine künstlerische Sensibilität. In Saint Laurents Atelier mit einer bis zur Decke reichenden Bibliothek mit Kunstbüchern, aber auch Romanen seiner Zeitzeugen, dominiert der Arbeitstisch – kein Designerstück, sondern eine unprätentiöse Tischplatte aus Holz mit zwei banalen Tischböcken.

Der Eindruck entsteht, der Modeschöpfer, der 2008 an einem Hirntumor starb, hätte nur mal kurz den Raum verlassen: Auf dem Tisch liegen seine massiven Hornbrillen, sein Moodboard mit Farbkombinationen, Fotos seiner Musen, Skizzen und Buntstiftgekritzel, ein Buch über Marcel Proust . . . Erfolg ist, wenn ein Museum Emotionen weckt. Bisher hat die Sammlung des Museums im Besitz der Stiftung Pierre-Bergé-Yves-Saint-Laurent jedenfalls kein Äquivalent in der Welt der internationalen Haute Couture. Yves Saint Laurent galt schließlich schon zu Lebzeiten als wahrer Pionier.

  • museeyslparis.com
  • museeyslmarrakech.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2017)

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