Medical Wellness: Planschen, baazen und gesunden

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Bei straffem Zeitmanagement wird der Körper untersucht, gelockert, gekräftigt, der Geist entschleunigt und erfrischt und nebenbei die Schönheit unterstrichen.

Kalt ist's, die Badesaison beginnt. Nicht nur in Österreich, sondern auch bei den Nachbarn. Land der Bäder ist Ungarn: Kein anderes in Mitteleuropa weist eine derartige Tradition auf, sie sind ein Mitbringsel der Türken. 40 Kilometer von Österreich entfernt liegt das Städtchen Sávár, dessen Thermalschatz allerdings erst 1961 entdeckt wurde: Gesucht hat man Erdöl, gefunden heiße Quellen mit sehr hohem Salzgehalt, wirksam bei Muskel- und Gelenkschmerzen, gynäkologischen, dermatologischen sowie neurologischen Beschwerden. Seitdem haben sich rund um den heilsamen Mineralsprudel zahlreiche Wellnesseinrichtungen angesiedelt, darunter zum Beispiel das Spirit Hotel, das 2010 als beste Destination mit dem European Health & Spa Award ausgezeichnet wurde.

In dem modernen Bau mit geschwungenen Glasfronten inmitten einer Seenlandschaft wird jeder Gast erst einmal medizinisch durchgecheckt: Via E.I.S. (Electro Interstitial Scan) wird der Körper auf Basis von Flüssigkeitskonzentrationen auf Krankheitsherde gescannt. Danach stehen einem – abgesehen von 22 Becken zum Planschen – sehr viele Möglichkeiten offen: neben Saunen und Spa, Floating und Fitness etwa auch eine Lichttherapie für Gemüt und Immunsystem, eine Lasertherapie gegen Narben, ein wenig altertümlich klingende Gewichtsbäder zur Streckung der Wirbelsäule (dabei wird man am Hals verankert und die Füße durch Gewichte beschwert) sowie Schmerztherapien. Und auch jene Behandlung, die mittlerweile ebenfalls ein Synonym für Ungarn geworden ist: eine zahnärztliche. Medical Wellness findet hier im stylischen Fünfsterne-Rahmen statt, in dem auch Exotisches viel Platz hat – ein Hamam, ayurvedische Anwendungen oder die Fünf-Elemente-Lehre.

Auch die Slowakei hat traditionsreiche Bäder, zum Beispiel Piešt'any auf einer Insel im Fluss Waag. Dort steht seit hundert Jahren das feudale Thermia Palace mit dem Irma-Bad, in dem neben königlichen Häuptern auch Franz Léhar und Alfons Mucha, der dem Hotel sogar ein Bild spendiert hat, zu Gast waren. 2007 wurde der spätsecessionistische Bau restauriert, seinen Charakter als stilvolles Grandhotel hat er aber beibehalten. Die Wasser des Irma-Bads haben 38 bis 40 Grad, es gibt ein Spiegel- und ein Schlammbad. Der Boden des Zweiteren ist knöcheltief mit schwefelhaltigem Heilschlamm bedeckt, der nicht nur bei rheumatischen Beschwerden helfen, sondern auch verjüngend wirken soll – weshalb er recht umfassend zum Einsatz kommt. Nach Fitness, Entspannungs- und Beautybehandlungen kann man dann ein wenig Golf spielen oder im Park promenieren.

Tschechien mit seinen alteingesessenen Kurdestinationen bleibt in seinen Thermalbädern eher konventionell, extravagante Anwendungen sind dort noch nicht so recht angekommen. Auch im Südosten nahe Österreich gibt es etliche kleine Badeorte, beispielsweise Bad Luhačovice im Naturschutzgebiet der Weißkarpaten. Leoš Janáček suchte seinerzeit hier Erholung – dementsprechend wird im Juni ein Janáček-Festival zelebriert. Das hiesige Mineralwasser hat einen zusätzlichen Kohlendioxingehalt, ist also indiziert bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Problemen mit den Atmungsorganen, dem Verdauungssystem, Gefäß- und onkologischen Erkrankungen. Und es ist überraschend kühl: nur zehn bis zwölf Grad. Das Besondere an Bad Luhačovice sind seine rot-weiß-gelben Bauten, eine Art rustikal-volkstümlicher Jugendstil. Über Dušan Jurkovič, den slowakischen Architekten, erzählt man sich hier gern, er habe Hundertwasser beeinflusst. Heute ist das Jurkovič-Haus ein Viersternehotel.

Neben medizinischen Behandlungen und Massage gibt es Kohlensäurebäder in alten goldenen Wannen: Dabei wird CO2 ins warme Wasser geleitet, das den Körper in Bläschen umhüllt. Nach sekundenlangem Kältegefühl macht sich wohlige Wärme breit. Der Körper wird sorgsam abgedeckt, zudem sollte man ruhig liegen, um keine toxischen Dämpfe aufzuwirbeln. Aber der Effekt ist wunderbar, ein solches Bad belebt, senkt den Blutdruck und regt die Herztätigkeit an. Eine Besonderheit ist Vincentka, ein Heilwasser, das schon im 18. Jahrhundert in Flaschen abgefüllt und exportiert wurde – und auch heute wieder in österreichischen Apotheken und Drogerien erhältlich ist.

Baden beim Nachbarn

Buchtipp: Iris Meder zeigt in „Badefreuden. Eine Reise zu den außergewöhnlichsten Bädern in Mitteleuropa“ historische Badekultur und außergewöhnliche Architektur. Im Metroverlag, www.metroverlag.at
Ungarisches Tourismusamt:
T 00800 36 00 00 00, www.ungarn-tourismus.at
Spirit Hotel Thermal Spa:
www.spirithotel.hu
Slowakische Zentrale für Tourismus:
T 01/513 95 69, www.slovakia.travel
Danubius Health Spa Resort Thermia Palace Hotel:
www.danubiushotels.com
Tschechisches Zentrum:
T 01/535 23 60, www.tschechischeszentrum.at
Jurkovič-Haus:
www.lazneluhacovice.cz

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2011)

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