Amanshausers Welt: 342 Italien

Rush. Dokumentation  italienischer  Eile.
Rush. Dokumentation italienischer Eile.(c) Martin Amanshauser
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Kleine Geschichten über große Locations.

Sechs Mal während meines Fluglebens kam ein Koffer nicht mit mir am Zielflughafen an, drei Mal geschah das bei Flügen von Alitalia. Als ich diesmal von Wien über Rom nach Triest flog – die Logik des 21. Jahrhunderts legt derartige Streckenführungen nahe – schrieb ich in mein Notizbuch: „Eine Stunde Umsteigzeit in Rom. Und Alitalia! Den Koffer werden die nicht schaffen.“

In Roma Fiumicino dachte ich nicht mehr an ihn. Die Zeit war knapp, sie reichte allerdings, um mitzukriegen, wie die Festung Europa mit erheblichem Zivilbeamtenaufwand ein Dutzend magere, dunkle Gestalten in Handschellen zu den Abschiebungsflugzeugen trieb und stieß. Dies geschah wohl, um zu verhindern, dass unser adretter Genpool allzu sehr in Richtung Negerkonglomerat mutiert. Saubere Arbeit, hinweg mit diesen Halbwesen, wir wollen ungestört shoppen!

Als die Gummilamellen des Triestiner Förderbands beim Ausschalten unheilvoll zitterten und keine Spur von meinem Koffer zu erblicken war, überfiel mich statt des vorausgeplanten coolen Kopfnickens doch das wässrige Gefühl der Enttäuschung. Am Lost&Found-Schalter durchlief ich die Formalitäten, wollte mir aber für Nachfragen die Telefonnummer des Airports verschaffen. „Wir haben nur ein Tonband“, sagte der Mann. Ich: „Und direkt anrufen?“ – „Haben wir nicht so gerne“, bedauerte er mit exquisiter Freundlichkeit. „Persönlichen Kontakt haben Sie nicht so gerne?“, fragte ich nach. „Ist keiner möglich“, parierte er.

Alitalia ließ sich Zeit. Beim Abendflug war mein Koffer wieder nicht dabei, erst am nächsten Tag erhielt ich das erlösende SMS. Mein Gepäckstück sei „trovato“, gefunden worden. Zwei Stunden später erreichte mich eine weitere Kurznachricht. Ein Corriere würde es nun liefern. Vier Stunden später war keine Spur davon zu sehen. Jetzt erwartete ich das nächste SMS: Der Koffer sei aus Sicherheitsgründen gesprengt worden, seine Überreste stünden bereit zur Abholung.

Als ich nicht mehr an ihn glaubte – und ihn nicht mehr benötigte, der Rückflug stand bevor – tauchte der Koffer unbeschädigt auf. Ich packte ihn lustlos um, damit ich ihn am nächsten Morgen einchecken konnte, und harrte des bizarren Schauspiels der Abschiebungen in Fiumicino. Trotz vier Stunden Aufenthalts gab es diesmal keine. In der Zeit gelang es Alitalia übrigens erneut nicht, meinen Koffer umzuladen. Er blieb zum zweiten Mal hängen.

Ort

Tipp

Alitalia. Der Autor war unterwegs auf Einladung der Agenzia Regionale Turismo Friuli Venezia Giulia, www.turismofvg.it; Hotel Coppe, Trieste; Flughäfen FCO und TRS, Italien.



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