Amanshausers Welt: 386 Abu Dhabi

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Kleine Geschichten über große Locations.

Der Punkt, an dem sich die Weltreligionen treffen, ist die entsetzliche Angst vor Entblößung. Ich bin von meiner Psychostruktur her gar kein Oberkörperentblößer, doch am Strand praktiziere ich wie alle diese harmlose Freizügigkeit.
Mein Badetag in Abu Dhabi beginnt am Flughafen, als ich einen Security auf ein herrenloses Päckchen aufmerksam mache – es sieht handgebastelt aus – und er grinst mich an: „Yes Sir, is it yours? I have been watching it for ten minutes!“ An der Autobahn ins Zentrum warnt ein Schild: „Slow down – speed thrills . . . but kills.“ Die Texter im Emirat sind anders drauf. Speed thrills! Wäre eigentlich toll – denke ich – wieder einmal zu rasen. Ein Taxler mit echter Chauffeurs-Kappe bringt mich zum Corniche Beach, dem Stadtstrand an der Wasserfront.

Wiewohl in Lagunenlage, ist im Halbkreis der hingeklotzten fünf bis sechs Cafés und Restaurants des Corniche Beach, von Italienisch bis Libanesisch, von Seattle‘s Best Coffee bis Cold Stone Creamery, alles berechenbar und abgestorben. Selbstverständlich erhält man Pizza und Falafel, und das gar nicht so übel, doch in den ungemütlichen Lokalen sitzt niemand, der nicht muss – und es ist auch ohnehin fast niemand da, weil in Abu Dhabi die Bevölkerung fehlt.

Die Anlage teilt sich in Family Beach – Männer dürfen hinein, wenn sie als Erzeuger auftreten – und den Strand für normale Menschen. Seine Besonderheit ist der feine Sand aus der Wüste. Im (fiktiven) Guide für Sandstrände erreicht er also 10/10 Punkte bei der Sandqualität und höchstens 3/10, was Sandburgenfähigkeit betrifft, denn derartige Bauwerke bröseln und rieseln hier wie Sanduhren. Gegenüber steigt das Marina Center, die bedeutendste Shopping Mall der Stadt, wie eine Karton-Kulisse aus Raumschiff Enterprise aus dem Wasser. Darf man es aufnehmen? Nein, denn am Corniche Beach herrscht totales Abbildungs-, nein, Fotoverbot. Die Lifeguards müssen darüber wachen, denen ist es aber sichtlich egal.

Obwohl die direkt gegenüber gelegene künstliche Lulu Island auf den Geist inspirierend wirkt, beschließe ich, meinem menschlichen Bedürfnis nicht im Wasser, sondern in der Toilettenanlage nachzugehen. Dazu muss ich den Sandbereich verlassen und ein menschenleeres Restaurant passieren. Darf ich aber nicht. Der Security mit dem Funkgerät rennt empört auf mich zu: „You cannot go like this, Sir. You do not have a towel? Wear a t-shirt!“

Ort

Baden im Emirat. Der Corniche Beach liegt gegenüber Lulu Island an der Corniche Road Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate.

Der Autor war privat unterwegs.

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