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Straßenszene.  So locker nehme ich Rom.
Straßenszene. So locker nehme ich Rom.(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Manche Leute wundern sich, wieso ich mit meinen Kindern nach Rio de Janeiro auf Urlaub fahre. „Ist die Stadt nicht viel zu gefährlich?“ fragen sie, „die Favelas und die Drogenkriege, die Armut und sogar unser Olympiateam hat Angst, las ich!“ Nein, die Stadt eignet sich wunderbar für Kinderurlaube, antworte ich, denn wir gehen ja nicht dorthin, wo Gefahren lauern, und wir betreten keine Nachtlokale. „Taschendiebstahl?“ werde ich dann gefragt. Ich antworte, dass Taschendiebstahl nichts ist, wovor ich mich fürchte, weil es einfach ist, sich derart zu kleiden, dass die Taschendiebe andere Ziele ansteuern. „Wenn du Rio de Janeiro sicher findest“, werde ich gefragt, „was ist denn dann für dich eine gefährliche Stadt?“ Wien, antworte ich. Für mich ist zum Beispiel Wien um vieles gefährlicher. Denn in Wien bin ich zu Hause, und in Wien würde ich mich in eine strittige Situation einmischen.

Kürzlich war ich in Rom auf dem Rückweg von einer Bar. Ich hatte vier mittelgroße Bier getrunken, was für mich recht viel ist. Obwohl ich bereits eine Viertelstunde alleine und zufrieden meinen Heimweg durch die römischen Straßen verfolgt hatte, war ich noch immer leicht alkoholisiert, ohne mir das von außen anmerken zu lassen. Selbstverständlich war ich auf dem Weg in keine einzige „gefährliche“ Situation geraten, weil das im Ausland bekanntlicherweise ganz selten der Fall ist, umso weniger in einer so friedlichen Stadt wie Rom.

Ich kam aus einer Seitenstraße zur Via Principe Amadeo, als ich ein lautes und doch gedämpftes Splittern von Glas irgendwo vor mir vernahm. Ich verlangsamte meinen Schritt. Zuerst war mir nicht klar, was da passiert war. Aber als ich ein paar Meter vor mir auf dem Gehsteig eine Gestalt sah, die bis zur Hüfte im vorderen Seitenfenster eines Autos steckte, wurde klar, dass ich Zeuge des ersten Autoeinbruchs meines Lebens wurde. Die Beine der Gestalt strampelten wie Schwimmtempi in der Luft.

Ich überlegte, die Straßenseite zu wechseln, aber dann ging ich neben den zappelnden Beinen vorbei. Der Mann, dessen Vorderteil weiterhin unsichtbar blieb, bemühte sich offensichtlich, etwas aus dem Inneren des Wagens herauszubefördern. In Wien hätte ich ihm nicht gerade auf den Hintern gedroschen, doch vermutlich hätte ich die Polizei verständigt. Nur hier: Was scherte mich einer von Dutzenden Autoeinbrüchen in der italienischen Hauptstadt in dieser Nacht.

Ort

Kleinverbrechen. Der Autor war eingeladen von Österreichischen Autorenfußballteam (siehe FB). Eine Ecke der Via Principe Amadeo, Rom, Italien.

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