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Spanische Leere: Wer traut sich zu  investieren?
Spanische Leere: Wer traut sich zu investieren?(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Erster Eindruck von Marbella: Fast überfahre ich zwei mutmaßlich Schwule, die korrekt die Straße queren. Da Rücksichtslosigkeit im spanischen Verkehr so ein bisschen der Standard ist, glauben sie, selbst schuld zu sein, einer hebt die Arme, als wolle er andeuten, sorry, wir Idioten. Ich, der das Gleiche im Singular von sich selbst denkt, lächle gnädig und ziehe den Kopf ein.

Mein Plan war, in den historischen Kern der Stadt vorzudringen, doch den haben sie gut versteckt. Keine Ahnung, ob die alte Medina sich links oder rechts oder hinter mir befindet. Es folgt eine schreckliche Rundfahrt. Das Meer ist ebenfalls kaum zu erreichen, ich muss meine ganze Brutalität aufbringen, um den Mietwagen an einem vermutlich nicht ganz korrekten Ort in Strandnähe zu platzieren.

Zum unerfreulichen Teil Marbellas gehört diese Promisache. George Clooney, Lady Gaga und wer weiß, wer sonst noch, sind im Besitz von Immobilien, heißt es zumindest. In Spanien wird die Stadt zudem assoziiert mit den kriminellen Machenschaften ihres Ex-Bürgermeisters Jesús Gil y Gil (1933–2004), nebenbei Fußballpräsident (Atlético Madrid) – einem Skandal, der Dutzende Stadträte und Unternehmer, die sich auf Auspressung öffentlichen Gelds spezialisiert hatten, in seinen Schlund zog. Wegen deren Raubpolitik steht Marbella heute bis zum Hals in Beton.

Man könnte eine Menge sagen zum andalusischen Versuch, einen mondänen Badeort zu kopieren, aber letztlich genügen wenige Worte. An der Uferpromenade der Playa de Venus werden von britischen Dienstboten hübsch polierte Hunde spazieren geführt. Die Hotels sind Burgen, tragen Namen wie Fuerte, Restaurants heißen Slim, die Apotheke nennt sich Hang Over, das Hard Rock Café findet man schneller, als einem lieb ist. Die Krise ist total sichtbar. Lässt man den Blick schweifen, steht auf vielen Fenstern und Balkonen der Einheiten, aus denen die großen Urlaubskastelle sich zusammensetzen, „se alquila“ oder „se vende“, und manchmal, in der maximal verzweifelten Zusammensetzung, auch beides.

Als ich die Suche schon aufgeben will, finde ich endlich die maurische Altstadt und in ihrer Mitte einen der schönsten Orte der Welt: die wundervoll nach Orangen duftende Plaza de los Naranjos. Für ein Getränk auf diesem Platz lohnt es sich immer, diese Endzeitstimmungs-Stadt zu betreten – und anschließend meinetwegen den Strafzettel fürs Falschparken zu zahlen.

Ort

Promistädtchen. Der Autor war eingeladen von Only-Apartments, www.only-apartments.de und Vueling Airlines, www.vueling.com; Plaza de los Naranjos, Marbella, Spanien.

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