Amanshausers Welt: 467 Andorra

Was tun die  Andorraner?  Bauen aus Lego ein Parkhaus.
Was tun die Andorraner? Bauen aus Lego ein Parkhaus.(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Wir fahren in die Pyrenäen, hinauf nach Andorra, und Andorra ist total portugiesisch, sagt der Taxifahrer auf Portugiesisch. Er erzählt, wie viele und welche Mitportugiesen er kennt und zu welcher Mannschaft dieser und jener hält, zu Benfica oder zum schrecklichen FC Porto oder zum noch furchtbareren Sporting, jetzt bleibt er am Thema kleben und sagt, dass Benfica seit den letzten Jahren eine Renaissance erlebt, leider zu spät für seinen Vater, der aus Gram über das stete Versagen Benficas in der nationalen Liga einen Schlaganfall erlitt – und jetzt fragt der Taxifahrer mich verunsichert, ob ich überhaupt Portugiesisch spreche, und ich bejahe nicht nur, ich sage vielmehr: Ja, ich spreche. Weil so sagt man das. Weil ich habe in Portugal gelebt, sage ich, und wie ist das denn, in Andorra zu leben? Sprechen Sie?, fragt er verwundert zurück. Ich spreche.

Er zeigt auf die Berge und sagt, dass dieses Andorra eine alte Schmugglergegend ist, früher gab es mehr Schmuggel. Dass es nur eine Straße nach Frankreich und eine nach Spanien gibt. Dass ich die vielen kleinen Wege ansehen sollte, alles Schmugglerwege. Dass wir Andorra la Vella vergessen sollten, voll von betrunkenen Touristen. Dass wir in Pas de la Casa bleiben sollten, ebenfalls voll von betrunkenen Touristen, früher die Schmuggler, jetzt Betrunkene, Alkohol ist so billig. Dass die Deutschen die Schlimmsten sind, sagt er, und dass . . . oje, ob wir Deutsche sind? Nein? Also dass die Deutschen eben die Schlimmsten sind. Und die Russen.

Dass da vorn Pas de la Casa ist. Ob wir das hässliche Parkhaus sehen, sieht aus wie aus Lego – er zeigt auf ein tolles Gebäude – Wahnsinn, Architektur heutzutage, verrückt, Parkhaus. Aber zweitausend Meter Höhe, großartige Luft, Fenster auf, atmen Sie, diese Luft! Dass hier vor dreißig Jahren noch ein Gletscher gewesen ist, der sich zurück­gezogen hat, Mondlandschaft, wunderschön, aber was tun die Andorraner? Bauen das Parkhaus.
Dass die Supermärkte Alkohol, Schokolade und Zigaretten verkaufen, sonst nichts, Vorsicht vor den Besoffenen. Woher wir sind, fragt er, was, Austria? Einverstanden, nicht Deutschland, die Deutschen sind die Gescheitesten, aber der Alkohol . . . Und die Russen. Hier jetzt der Hauptplatz, wo alle Busse abfahren, das Parkhaus sieht man leider von überall.

Er blickt mich konzentriert an. Aber Sie sprechen schon Portugiesisch? Ich spreche, sag ich, ich spreche.

Ort

Portugiesen-Unterschlupf. Fahrt von Latour-de-Carol, Frankreich, nach Pas de la Casa, Andorra.

Tipp

Neues Buch: Martin Amanshauser, „Typisch Welt, 111 Geschichten zum weiter Reisen“, Picus Verlag.

www.amanshauser.at

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