Amanshausers Welt: 468 Spanien

Luis, Jagdforscher: Tiere in eine Sackgasse getrieben.
Luis, Jagdforscher: Tiere in eine Sackgasse getrieben.(c) Beigestellt
  • Drucken

Kleine Geschichten über große Locations.

Luis hat eines dieser Gesichter, die immer fröhlich wirken. Ein kleiner, warmherziger Katalane, dem überall seine grauschwarzen Haare hervorwuchern. Vielleicht ist Luis Professor im Höhlenmalereimuseum. Oder er ist einfach der Portier. Ich habe nicht nachgefragt. An seiner Kleidung kann man höchstens erkennen, dass ihm Kleidung nicht sonderlich wichtig ist. „Tranquilo“ sei es hier, sagt er, als wir das Museum verlassen und querfeldein zum Canyon gehen, „eine gute Gegend, um zu meditieren“. Manchmal würden ihm Bergziegen, Wildschweine, Füchse und Adler begegnen. Obwohl ich Guides grundsätzlich fürchte – sie sind einfach zu oft zu öde –, empfinde ich es als angenehm, von diesem Mann zu den frühgeschichtlichen Höhlenmalereien in der Schlucht von Valltorta geführt zu werden.

Etwa achtzig Meter über dem Grund der Schlucht haben Menschen Jagdsituationen und Jagderlebnisse auf den Kalkstein gemalt. Jäger und Sammlerinnen vor 11.000 bis 5000 Jahren, erzählt Luis, hätten hier ihre Gruppenjagden gestartet. Nur aufgrund der Bilder weiß man von ihrem Leben. Sie malten nicht nur die Tiere, sondern auch sich selbst, als Jäger. Manchmal malten sie auch die eine oder andere mitjagende Frau. Oder waren die Maler Malerinnen? Man würde mehr von ihnen wissen, wenn nicht Anfang des 20. Jahrhunderts „Sammler“ die Hälfte zerstört hätten – als Souvenirs wurden die Malereien brutalst mit Hämmern abgetragen.

Wenn Luis erklärt, mit welcher Methode frühzeitliche Menschen gejagt haben, verfällt er aus seinem begeisterten Katalanisch in ein unperfektes, charmantes Englisch: „The animals are many, but the problem, it’s too much quickly“, sprudelt es aus ihm hervor. Daher haben unsere Vorfahren versucht, die Tiere in ein Sackgassental zu treiben – offenbar regelmäßig mit Jagderfolg.

Auf dem Rückweg bückt Luis sich und holt ein paar Bröselsteinchen hervor. „Orbitolites“ nennt er sie. Es sind Versteinerungen pflanzlicher Zellverbände, die vor 2500 bis 560 Millionen Jahren hier, 800 Meter unter dem damaligen Meeresspiegel, gelebt haben. „Älter als jede Höhlenmalerei“, erläutert Luis, „die hatten einen Kreislauf ohne Ausscheidung. Das Problem der Verdauung – gelöst!
So weit sind wir Menschen noch lang nicht. Stell dir vor, wie wir aussehen ­würden. Keine Nieren, kein Darm, und unsere Haut wäre grün.“ Ich starre ihn an. Ich bin einfach nur verblüfft, dass einer es schafft, solche Dinge zu ­wissen.

Ort

Frühzeit. Der Autor war Gast des Spanischen Fremdenverkehrsamts, www.spain.info. Parque ­Cultural de la Valltorta, Castellón, Spanien.

Tipp

www.amanshauser.at

Neu: Martin Amanshauser, „Typisch Welt“, Picus Verlag.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.