Amanshausers Welt: 477 Nepal

Beinahe. Aus  Österreich- Ungarn?  Fast.
Beinahe. Aus Österreich- Ungarn? Fast.(c) Amanshauser
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Kleine Geschichten über große Locations.

P., 25, kommt aus Kathmandu und ist Wirtschaftsstudent. Er arbeitet als Volunteer im Camp of Hope, einem Zeltlager mit über 300 Erdbebenflüchtlingen aus der Sherparegion, vor allem Kindern. S., 12, ist eine seiner Schülerinnen. P. bringt S. Mathematik bei. S. fragt, ob ich aus Portugal bin wie die meisten Hilfskräfte in diesem Camp. Ich sage, nein, aus Austria. S. sagt erfreut, dass sie das Land aus der Schule kennt, sei das Austria-Hungary? Ich sage, beinahe.

P. verdreht die Augen. P. sagt, dass die Kinder in Geschichte gerade Europas 19. Jahrhundert durchmachen. S. sagt, ich soll mich auf Facebook mit ihr befreunden. Ich sage ihr das zu und frage P., ob er auch auf Facebook ist und ob wir uns befreunden. P. sagt mir das zu. S. fragt, ob ich verheiratet bin. P. verdreht die Augen. Ich sage, dass ich nicht verheiratet bin, aber verweise auf zwei Kinder. S. sagt, sie glaubt mir nicht. Man muss verheiratet sein, um Kinder zu haben. P. verdreht die Augen. P. sagt zu S., dass das in Europa nicht ganz so läuft wie in Nepal. P. sagt zu mir, dass für Nepalesen noch undenkbar ist, Kinder zu haben und nicht verheiratet zu sein. S. sieht mich skeptisch an und wartet darauf, dass ich das Gesagte zurücknehme. P. fragt, ob ich mit der Freundin und den Kindern in der gleichen Stadt lebe. Ich tue das. P. sagt, dass Nepalesen mit ihren Eltern zusammen wohnen. Außer die Frauen, wenn sie heiraten.

Ich frage P., ob er eine eigene Wohnung anstrebt. P. sagt, dass er gern eine eigene Wohnung hätte, aber dass er nach zwei Wochen wieder zu seinen Eltern zurückkehren würde. P. sagt, dass die nepalesische Kultur eben so ist. Ich frage, ob der Wind denn daher weht, dass die Mutter für alle kocht?P. sagt, dass sie selbstverständlich für alle kocht.

Ich sage, dass er, wenn er allein wohnt, eben selbst kochen muss. P. lacht und sagt, dass er ja gar nicht kochen kann. S. fragt, wieso ich und meine Freundin denn nicht heiraten. P. verdreht die Augen. Ich sage, dass wir das nie besprechen, weil es uns unwichtig ist. S. fragt P., ob er eine Freundin hat. P. sagt, dass er keine hat. S. fragt wieso. P. sagt, seine letzte ging nach Singapur, dann trennten sie sich. Ich frage P., ob er Kinder haben will. P. sagt, dass er es nicht weiß. S. fragt, ob es sein könnte, dass ich und meine Freundin uns später doch für die Heirat entscheiden. P. verdreht die Augen. Ich sage, das sei sehr unwahrscheinlich. Fast ausgeschlossen ist das, sage ich.

Ort

Volunteering. Der Autor war Gast von Studiosus Reisen. Zeltlager, Kathmandu, Nepal.

Info

www.amanshauser.at

­Neues ­Kolumnenbuch: Martin Amanshauser, „Typisch Welt“, Picus Verlag, 2016.

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