Amanshausers Welt: 480 Nepal

Fixpreis? Die (hier Bangkok) spielen mit meiner Intelligenz.
Fixpreis? Die (hier Bangkok) spielen mit meiner Intelligenz.(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

In Ländern mit niedrigem Bruttoinlandsprodukt ist der öffentliche
Verkehr für Besucher oft schwer zu bewältigen, kompliziert, undurchschaubar. Das Verkehrsmittel ist meist das Taxi, dessen Taxameter angesichts westlicher Gäste unangeschaltet bleibt. Man zahlt „fixed price“ (oder „fix price“). An der Taxifrage scheiden sich die Geister: Ist es mir gleichgültig, was ich dafür zahle, lasse ich mich übers Ohr hauen? Zählt das angesichts der Einkommensverhältnisse überhaupt als Übers-Ohr-hauen, entsteht so nicht vielmehr ein legitimer Geldtransfer?

Zum Beispiel stellt einen Kathmandu vor diese Probe. Zwar hat jedes Taxi einen Taxameter, und laut den gängigen Reiseführern „muss“ man auf dessen Einschaltung bestehen. Was aber unrealistisch ist. Ein Taxameter würde bei mir als Nicht-Nepalesen vermutlich erst laufen, wenn ich dem armen Fahrer das Buttermesser vom Frühstücksbuffet an den Hals setzte. Er beharrt normalerweise auf „fixed price“ und gibt eine Summe bekannt, die mir sozial ausgewogen scheint (fünf oder zehn Euro), die aber das Drei- bis Vierfache des lokalen Tarifs beträgt.
Nun kann ich lächeln: Bin ja eh „reich“. Ich werde in diesem Fall dem Taxifahrer zu einem guten Zubrot verhelfen. Er streift in einer halben Stunde die Summe ein, die ein Lehrer in (Schätzung) einer Woche verdient. Andererseits macht uns sein überhöhtes Angebot noch ungleicher. Es spielt nicht nur mit dem Unterschied in unseren Einkommen – sondern auch mit meiner Intelligenz. Hält mich der Mann denn für eine Legehenne mit eingebauter Börse, und denkt er zudem, dass Vollochsen wie mir der Wert der nepalesischen Rupie völlig egal ist? Mein Einwilligen in einen hohen Preis verunmöglicht unsere Begegnung und zerstört allen Austausch jenseits des finanziellen.

Daher muss ich mit dem absichtlich taxameterlosen Gambler handeln.
Im Idealfall hab ich mich vorher mit dem lokalen Preis für vergleichbare Fahrten vertraut gemacht, kann einen Aufschlag einberechnen und bin nunmehr . . . ja was eigentlich, ein gerechter Gott? Das Ausland ist echt zum In-den-Hintern-Beißen.

„Hintern-Beißen“ sind vorläufig die letzten zwei Worte von „Amanshausers Welt“ gewesen. Keine Angst, ich bleibe! Nächste Woche startet an dieser Stelle ein neues Projekt. Es wird „Amanshausers Album“ heißen.

Ort

Taxikultur. Der Autor war Gast von Studiosus Reisen. Taxi in Kathmandu, Nepal.

Tipp

Kolumnenbuch: Martin Amanshauser, „Typisch Welt“, Picus Verlag 2016.

www.amanshauser.at

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