Unterwegs

Warum der Schraubstock eines der essenziellsten Reiseutensilien ist, und was er mit Cicero zu tun hat.

was einem auf reisen so alles über den weg läuftWir sehnen uns alle nach Klarheit, erzeugen aber ohne Unterlass Geschwurbel. Vorbei die Zeiten, als sich das Bankgeschäft auf die Formel „3-5-3“ reduzieren ließ: Einlagen mit drei Prozent verzinsen, Kredite mit fünf, und am Nachmittag um drei trifft man sich auf dem Golfplatz. Selbst Herrenschuhe tragen heutzutage Namen wie Stellungen aus dem Kamasutra. Oder wäre Ihnen früher bei Delka je ein „Doppelter Mönch“ untergekommen?

Doch Schluss mit dem Kulturpessimismus. Wenden wir uns stattdessen dem Reisen zu, wo Ciceros Maxime „Omnia mea mecum porto“ immer noch gilt. Was gibt es Schöneres, als mit leichtem Handgepäck bewehrt durch die Ankunftshallen dieser Welt zu schweben, vorbei an fluchenden Zeitgenossen, deren Koffer vom Bodenpersonal versteckt wurden? Diese Kunst der Reduktion auf das Wesentliche benötigt allerdings ein dem Anlass entsprechendes Zubehör.

Wer mit dem Nachtzug zu fahren gedenkt, sollte beispielsweise einen kleinen Schraubstock mithaben. Von der Nützlichkeit dieses Utensils konnte sich der Autor dieser Zeilen selbst überzeugen, als er eines Nachts mit drei Herren über Ostrava und Katowice nach Warschau fuhr. Um die Diskretion zu wahren (denn schließlich fuhr der Monatslohn mit), fixierten sie die Tür des Abteils von innen mit einem Schraubstock. Und sobald alle Schleusen dicht waren, betrank man sich heiter bis zur Bewusstlosigkeit.

Apropos Schleusen: Nachteil dieser Methode ist, dass körperliche Bedürfnisse sublimiert werden müssen, denn so ein Schraubstock ist nichts für Ungeduldige.

Ciceros Devise gilt auch für die Notdurft.

michael.laczynski@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2013)

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