Mit der Frühstückspension von seinerzeit hat das Bed and Breakfast von heute nichts mehr zu tun.
Es gibt heutzutage nur mehr grindige Absteigen und maßlose Luxushotels, aber keine soliden Mittelklasseherbergen mehr: Diese Behauptung habe ich vor vier Wochen an diesem Ort aufgestellt, dem mangelnden Platz war es jedoch geschuldet, dass sie nicht vollständig war. Denn wer verreist, steht Gott sei Dank nicht vor der traurigen Wahl, entweder verratzt oder überteuert zu logieren.
Dafür sorgt jene in ihrer Breite und Qualität wachsende Marktnische, die man auf Globisch „Bed and Breakfast“ nennt, und die mit dem, was man mit „Frühstückspension“ übersetzt, immer weniger zu tun hat. Frühstückspension, darunter verstand man lange Zeit Zirbenholzimitat, niedrige Zimmerdecken (die im zumeist ländlichen Raum vermieteten Gästebehausungen waren typischerweise dort platziert, wo früher das Gesinde am Hof nächtigte) und Instantkaffee samt Butter-Erdbeer-Salami-Semmel-Kombination zum Morgenmahl. Damit haben anständige B&B heutzutage kaum mehr etwas zu tun. So verbrachten wir vor Jahren eine der am besten durchschlafenen Nächte in einem lieblichen B&B in der luxemburgischen Provinz, dort, wo sich Fuchs und Hase und Juncker gute Nacht sagen. Ähnlich gute Erfahrungen machen wir seit unserer Übersiedlung in die USA, in Carmel Valley, Sonoma, Detroit und New York ebenso wie zuletzt am Osterwochenende in Charleston (wo man den erschöpften Gästen nachmittags Wein und Süßereien kredenzte und morgens herrliche selbstgebackene Waffeln). All das spielt sich preislich im vernünftigen Rahmen ab. Herkömmliche Hotels sehen uns so bald nicht wieder.
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Nächste Woche: Timo Völker.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2015)