Mahlzeit!

THEMENBILD: WIENER SCHNITZEL
THEMENBILD: WIENER SCHNITZELAPA/GÜNTER R. ARTINGER
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Natürlich ist unsere Küche einzigartig und die beste der Welt. Aber wie erklärt man das einem Fremden?

Es begab sich in einem Dorfgasthaus in Japan. Meine Gastgeber hatten mir eine authentische japanische Spezialität versprochen. Und da stand es nun vor mir, auf einem dampfenden Berg von Reis: ein lupenreines Wiener Schnitzel, stäbchentauglich in schmale Streifen zerteilt. Die Kränkung meines kulinarischen Nationalstolzes klebte an mir wie zu feuchte Panier auf geklopftem Fleisch.

Seit damals bin ich peinlich berührt, wenn mich Touristen nach den Höhepunkten der österreichischen Küche fragen. Das Schnitzel, schon per se keine raffinierte Kreation, macht man uns von Mailand bis Nippon streitig. Dass ein „breaded deep-fried chicken“ eine subtile Gaumenfreude sein kann, kommt zumindest auf Englisch nicht rüber. Auf den süßen Salat zu beidem erheben allein die Wiener Anspruch, und das ist kein Wunder. Palatschinken auf der Nachtischkarte erregen immerhin die Fantasie der Deutschen, weil sie dahinter eine gezuckerte Wurstsorte wittern. Die Sachertorte ist zwar marketingtechnisch eine Sensation, aber in ihrer Substanz nur ein trockener Schokoladekuchen. Kärntner Kasnudeln? So was wie schwäbische Maultaschen oder eine derbere Version von Ravioli al formaggio. Gekochte Rindfleischfreuden? Kennen die Italiener als Bollito misto. Selbige rümpfen auch die Nase, wenn wir zum Wildragout Spätzle und Preiselbeeren servieren: Pasta, Carne und Dolci in einem – das sieht den Barbaren im Norden ähnlich.

Es hilft nichts: Wir müssen alle Welt einladen und sie kochend von unserem Können überzeugen. Und sie empfangen mit unserem sagenhaft sinnlosen Gruß: Mahlzeit!

karl.gaulhofer@diepresse.com


Nächste Woche:
Gabriel Rath

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2016)

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