It might get loud

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Früher hat man sich mit Konzerten das Gehör ruiniert. Das besorgen heute andere.

Wann wurden Sie das letzte Mal angebrüllt? Ich heute in der Früh. In der U3, in der ich unvorsichtigerweise wieder unter der perforierten Blende bei der Tür zu stehen kam. Es fällt generell auf, dass die Lautstärke der Öffi-Durchsagen auf kleine Stadien ausgelegt sind, vermutlich ist jemandem aufgefallen, dass fast alle Fahrgäste Kopfhörer tragen. Die wollen übertönt werden. Zum Beispiel für den gestrengen Tadel jener, die im letzten Moment in den Zug hechten, obwohl schon ein hysterischer Warnton beim Schließen der Türe quäkt (mittlerweile auch in Straßenbahnen und Bussen, danke!). Liebe Wiener Linien: Die Leviten aus dem Lautsprecher quälen alle, halten aber niemanden davon ab, sich mit einem Sprint ein paar Minuten Wartezeit zu sparen. Ich sah schon alte Männer mit Hinkebein und Einkaufswagerl, die in diesem Augenblick Usain Bolt überholt hätten.

Es hat ja jeder das Recht auf seinen privaten Tinnitus. Waldläufer wappnen sich mit iPod gegen Amsel und Meise (Twittern ja, Zwitschern nein), Radfahrer machen mit dicken Headphones die Gehörgänge dicht – nur weiter so! Aber warum wurde das Ausüben von Lärm im öffentlichen Raum zum Gebot? Nicht die Ruhe ist heilig, der Krach ist es. Wie im Flugzeug, in dem dumpfsinnig, aber ohrenbetäubend immer längere Litaneien verlesen werden, um Vorschriften genüge zu tun und den Bordverkauf anzupreisen. Auf dem Weg zum Flughafen: Laufender Diesel um Fünf in der Früh, wohl Ehrensache, gefolgt von Ö3-Terror. Ach, Trompeten von Jericho, der lärmende Soundtrack unseres Alltags.

timo.voelker@diepresse,com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2017)

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