Falsch reisen

Hinter der Fassade

Biennale 2017
Biennale 2017imago/Xinhua
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In Venedig gibt es Alternativen zu Touristenkitsch und Biennale-Verkopftheit.

Mit Venedig verhält es sich so: Die kulturell beflisseneren unter meinen Freunden bereisen die (Achtung, Klischee!) Lagunenstadt höchstens anlässlich der Film-, Kunst- oder Architekturbiennalen, und nur mit gerümpfter Nase. Touristenfalle, kulturell verödet, Disneyland für Kreuzschifffahrtsmassen: So lautet ihr Urteil, und es ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen. Venedig zieht spätestens seit jenem Zeitpunkt, als junge britische Adelige beschlossen, dies zum Teil ihrer Grand Tour zu machen, die Massen an.

Seit zehn Jahren besuche ich die Stadt zur Kunstbiennale, und ich möchte sie in Schutz nehmen. Wenn man sich ein wenig mit ihr auseinandersetzt, kann man den Menschenströmen entgehen und Tolles entdecken. Beim heurigen Besuch etwa stießen wir auf das Museum der Fondazione Querini Stampalia in Castello, auf halbem Fußweg zwischen Markusplatz und Ospedale. Ein bildschöner Palazzo, in dem man stilecht bewahrte Säle mit Gemälden, Skulpturen und Möbeln ebenso bestaunen kann wie sehr gute moderne Installationen, die mich mit dem Werkstoff Beton beinahe versöhnt haben: Was für eine Freude!

Derzeit findet sich im Palazzo auch ein gutes Beispiel dafür, wie man Venedigs Geschichte mit dem zeitgenössischen Kunsttreiben, das während der Biennale bisweilen gar zu selbstbezüglich wird, in ein Zusammenspiel bringen kann: Die israelische Künstlerin Hadassa Goldvicht widmet sich bis Ende November dem Wirken von Aldo Izzo, einem venezianischen Juden und Holocaustüberlebenden, der den jüdischen Friedhof auf dem Lido gerettet hat.

oliver.grimm@diepresse.com


Nächste Woche:
Timo Völker

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2017)

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