Unterwegs

Ein Hauch von Neid

Ein Bus überquert die Trollstigen Passstraße
Ein Bus überquert die Trollstigen PassstraßeImago
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Was hat uns bloß so bequem gemacht? Ein Hauch von Neid auf Jiří und seine Jawa.

Jiří kommt aus Brno, nun steht er hier auf dem Parkplatz der Aussichtsterrasse eines südnorwegischen Bergmassivs, was insofern bemerkenswert ist, als zwischen diesem Ort und Jiřís Heimat über 2500 Kilometer auf dem Sattel einer zwei PS starken Jawa liegen. Jiří steht auch nicht wirklich, sondern ist über sein Moped gebeugt, an dem es eine Kleinigkeit zu reparieren gilt. Die kleine brave Jawa mit ihrem im Wind liegenden Einzylinder hat gerade besonders aufreibende Kilometer hinter sich, eine Passstraße namens Trollstigen. Jeder Tourist in der Gegend muss hier rauf, denn die Troll-Leiter, das bedeutet der Name, führt zickzack an einem spektakulären Wasserfall vorbei.

In Bussen, Wohnmobilen und Kombis schieben sie sich hinauf, darunter auch Jiří, der freundlich, aber nicht besonders gesprächig ist. Er macht kein großes Ding aus seiner Reise, die für mehr Abenteuer steht, als man in einem feinen Camper je erleben kann. Mitte Juni ist er aufgebrochen, mit zwei anderen, die haben es offensichtlich nicht bis zur Trollstigen gemacht. Und es geht weiter Richtung Norden. Wenn Jiří nicht bald umdreht, wird er noch in Schneefälle geraten.

Er ist der wahre Wikinger hier, nicht die bärtigen Motorradtypen im Rockeroutfit. An Unerschrockenheit stellt der 20-Jährige auf seinem mit Sack und Pack beladenen Ostblockmoped alle in den Schatten. Gut, in dem Alter ist man noch elastisch und hat viel Zeit. Unsereiner dagegen . . . Mit 17 haben wir uns als Interrail-Gringos auch noch allen Strapazen ausgesetzt. Seit wann geht es beim Reisen eigentlich hauptsächlich um den Komfort?

timo.voelker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2017)

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