Vegan ernähren

Vegetarische Ernährung ist heute kein großes Problem mehr. Aber wie lebt es sich, wenn man sich vegan ernährt? Keine Eier, keine Milch: Ziemlich mühsam. Daheim wie auswärts.

Vegan? Also so ganz ohne Fleisch und Milch und so?“– „Genau.“ Freund A. und Freund J., deklarierte Fans des Wiener Schnitzels, schauen einander ungläubig an. „Ich würd das keine Woche durchhalten.“ Echte Veganer, die sich ohne jegliche tierische Produkte ernähren (ganz strikte Veganer verweigern auch Kleidung aus Wolle und Leder), werden Gespräche wie dieses gewohnt sein: Das Verständnis für einen veganen Lebensstil ist, das zeigt schon eine Testwoche, nicht sehr ausgeprägt. Und auch das Sich-daran-Halten ist schwerer als erwartet. Denn während man als Vegetarier in vielen Lokalen relativ problemlos fleischloses Essen ordern kann, wird das, wenn man auf alles Tierische verzichten will, ziemlich schwierig. Und gewöhnungsbedürftig. Das beginnt schon beim Frühstück. Da passiert gleich am Tag eins des probeweisen veganen Lebens der erste Fauxpas. Routinemäßig schüttet man sich einen Schluck Milch in den Kaffee. Moment, das war doch, genau, Kuhmilch? „Sojamilch“ steht dann gleich ganz oben auf der Einkaufsliste. Der Rest des Frühstücks wird nach einem Blick in den Kühlschrank gecancelled: fast alles nichtvegan. Butter, Camembert, Leberwurst, Eier.

Schmeckt wie Babybrei. Wie groß das Angebot an Milchprodukten im Supermarkt ist, merkt man eigentlich erst, wenn man alles plötzlich nicht mehr kaufen darf. Ganz links im Regal entdeckt man sie dann doch: die (sehr übersichtliche) Auswahl an Sojajoghurts. Nach Jahren des Margarineverweigerns wird nun auch erstmals wieder eine „becel“ gekauft. Und Bananen, viele Bananen. Zum Backen. Denn die finden sich in vielen veganen Backrezepten statt Eiern als Treibmittel. Was beim Testbacken (Nussmuffins!) auch funktioniert. Weil das Rezept zu gemahlenem Mais statt Mehl (das an sich erlaubt wäre) rät, werden die Muffins nicht rasend hübsch, gelbstichig und grobkörnig. Geschmacklich aber o. k., vorausgesetzt man mag Babynahrung, an die man dank des dominanten Bananengeschmacks erinnert wird. Ansonsten funktioniert das Daheimessen halbwegs. Wer aber zu faul ist, aufwendige Dinge wie Tofuschnitzel zuzubereiten, hat eine eher begrenzte Auswahl: Obst, Salate, Nudeln (sofern man eine Sorte ohne Ei findet) mit Tomatensauce oder Pesto. Schwieriger ist auswärts essen. Denn selbst vegetarische Speisen (Spinatkäsebällchen!) sind meist nicht vegan, oft bleibt nur ein Salat (kein griechischer!) als Option. Außer natürlich, man geht in eines der wenigen veganen Lokale, wie das St. Josef in Neubau. Dort ist zwar auch nicht alles strikt vegan (Gemüsepizza mit Käse), aber das Angebot doch befriedigend: Kartoffel-Ingwer-Bällchen, Polentaschnitten & Co. machen (und das glauben fleischaffine Freunde nur schwer) satt. Das hält man schon eine Woche durch, vielleicht auch länger. Auch wenn einen der Gedanke an ein Käsebrot und ein Stück Schokolade ständig begleitet.

E-Mail: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2009)

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