Die Geschichte der „Marie-Antoinette“

(c) Breguet
  • Drucken

Zuerst wurde sie nicht rechtzeitig fertig, sehr viel später dann gestohlen, dann authentisch reproduziert und schließlich tauchte das Original wieder auf.

Am 18. 4. 1983 waren Einbrecher über die Osterfeiertage in das Jerusalem Museum „Institut für islamische Kunst“ eingebrochen und hatten ohne große Aufregung oder Hetze aus der berühmten Uhrensammlung von Sir David Salomons 90 extrem seltene und nahezu unverkäufliche Taschenuhren entwendet; darunter die wohl berühmteste, ultrakomplizierte Uhr N° 160, die „Marie Antoinette“ des Pariser Uhrmachers Abraham-Louis Breguet.

Kostspieliges Uhrwerk. Diese große (Ø 63 mm) Taschenuhr stellte zur damaligen Zeit (Auftragsannahme 1783 – Fertigstellung 1820) das komplizierteste Uhrwerk dar, das bis dahin gebaut wurde. Die Bestellung wurde von einem Offizier der Leibgarde der französischen Königin Marie-Antoinette bei Breguet persönlich in Auftrag gegeben, verbunden mit der Forderung, alle Komplikationen in diese Uhr einzubauen, die man damals realisieren konnte; Kosten spielten keine Rolle. Die Stahl-Messing-Teile, die normalerweise in einer Uhr für die Platinen, Räder und Triebe verwendet wurden, mussten aus Gold sein, das Zifferblatt aus Bergkristall, um einen Blick in das höchst komplizierte Werk werfen zu können.

Zusätzlich sollte es ein weißes, höchst elegantes Emailblatt mit schwarzer Beschriftung geben. Die Königin war 1820 schon lange nicht mehr am Leben, aber die nun fertiggestellte Uhr, die einen Wert von 30.000 Gold-Francs darstellte, ging in den Besitz von Madame Breguet über, die sie später an Spencer Brunton für 600 englische Pfund verkaufte. Durch einen natürlichen Erbgang kam sie in die Hände von Murray Marks, der sie wiederum an Sir David Salomons verkaufte. Nach dessen Tod ging die Sammlung an das „Meyer Memorial Institute“ in Jerusalem, aus dem sie dann 1983 gestohlen wurde.

Originalgetreue Reproduktion

Jahrelang rätselte man, wer die Uhren wohl haben könnte: ein verrückter Sammler, der sie in seinem Safe verwahrte und sich daran erfreute, oder man vermutete sogar politische Hintergründe, um dem Staat Israel zu schaden, keiner wusste es. Nicolas G. Hayek, der das Oeuvre von A. L. Breguet besonders verehrt, entschied sich, 2005 die identische Reproduktion der „Marie-Antoinette“-Uhr in Auftrag zu geben. Fast drei Jahre arbeiteten zehn Uhrmacher an der Fertigstellung des Uhrwerks nach den Fotos, bis im November 2007 eine Reuters-Pressemeldung aus dem Computer kam, die Original Breguet Marie-Antoinette-Uhr wäre wieder aufgetaucht. Sie wurde auch Nicolas G. Hayek angeboten, aber die Abwicklung der Rückgabe an das Museum gestaltete sich sehr schwierig, sodass die Uhr einige Wochen später dann doch wieder im Jerusalemer Museum landete, wo sie vor 24 Jahren entwendet worden war.

Mitte dieses Jahres soll es nun eine Ausstellung geben, in der die „Marie-Antoinette“ und auch die anderen gestohlenen Uhren restauriert ausgestellt werden. Ob Nicolas G. Hayek dann dort seine Uhr zeigen wird, die er zu Recht mit Stolz auf der „Baselworld 2008“ präsentierte, ist unklar. Ebenso, ob es denkbar wäre, zur Eröffnung des geplanten Breguet-Museums in Paris an der Place Vendôme die Originaluhr auszuleihen und sie in Frankreich zu zeigen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.