Wien: Firmen mieten wieder mehr Büros

Der Büromarkt erholt sich langsam, die Unternehmen zeigen sich entschlussfreudiger. Die Leerstandsrate wächst trotzdem. Meist zieht man von einem großen Büro in ein kleineres.

Der Büromarkt gilt als ein Frühindikator für die Konjunktur: Wenn Unternehmen glauben, dass ihre geschäftlichen Aussichten in den nächsten Jahren gut sind, stellen sie neue Mitarbeiter ein und mieten zusätzliche Flächen an. Sind sie sich diesbezüglich nicht so sicher, schieben sie Umzüge oder gar Neuanmietungen auf die lange Bank. Waren im Vorkrisenjahr 2007 in Wien noch 340.000 Quadratmeter neue Fläche angemietet worden, so sank dieser Wert laut dem Maklerunternehmen EHL in den Folgejahren kontinuierlich nach unten, bis er im Vorjahr eine Talsohle von 210.000 Quadratmetern erreichte. Heuer sollte es erstmals wieder leicht bergauf gehen. Die Unternehmen dürften 220.000 Quadratmeter Fläche neu anmieten. Bei EHL sieht man deswegen eine „Trendwende“.

Betriebe setzen Pläne um

Bei Otto Immobilien, wo man von 230.000 Quadratmetern Neuvermietung im laufenden Gesamtjahr ausgeht, spricht man von einem „stabilen Büromarkt trotz Krise“. Zumindest beobachten die Otto-Experten eine höhere Entschlussfreudigkeit bei vielen Betrieben. „Einige Unternehmen, die sich im Vorjahr wegen der unsicheren Konjunkturlage noch mit Neuanmietungen zurückgehalten haben, setzen ihre Pläne derzeit gezielt um“, heißt es im Büromarktbericht des Unternehmens.

Entlastung für die Vermieter kommt auch von einer anderen Seite: Die Neuflächenproduktion, also die Errichtung von Büros, dürfte laut EHL auf ein neues Rekordtief von 170.000 Quadratmetern fallen. Paradoxerweise wächst der Anteil leer stehender Büros trotzdem. Inzwischen sind 6,9 Prozent der mehr als zehn Millionen Quadratmeter großen Wiener Bürofläche ungenutzt. „Von außen kommt wenig neu dazu“, stellt EHL-Experte Wolfgang Scheibenpflug fest. Angesichts der Wirtschaftskrise siedeln wenige Unternehmen nach Wien, bei den neuen Mietern handelt es sich vor allem um Umzüge. „Hier herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb.“

Die Unternehmen ziehen aus alten Häusern in neue, „flächeneffiziente“ Gebäude, in denen sie pro Mitarbeiter weniger Quadratmeter benötigen. Viele Branchen gehen von Einzelbüros ab und quartieren ihre Mitarbeiter in Gemeinschaftsräume ein. Das soll auch die Teamarbeit fördern. „Nur bestimmte Sektoren schauen sich weiter um Einzelbüros um, damit ihre Mitarbeiter ungestört arbeiten können, etwa Anwalts- und Wirtschaftsprüfungskanzleien“, schränkt Scheibenpflug ein.

Vor allem Ämter wollen umziehen

Auch bei Otto Immobilien erwartet man, dass sich dieser Trend fortsetzt. „Durch Umzüge in effizientere Flächen könnte sich der Leerstand bis Jahresende noch erhöhen“, glaubt Otto-Expertin Martina Paukner. Intensives Interesse an neuen Bürostandorten kommt von der öffentlichen Hand, stellt man beim Maklerunternehmen CBRE fest. Auch das könnte den Markt in den nächsten Monaten und Jahren ankurbeln. Aber: „Die kommenden Nationalratswahlen haben auch einen Einfluss auf den Wiener Büromarkt, denn gerade hinsichtlich langfristiger Immobilienentscheidungen konnten wir bereits in der Vergangenheit feststellen, dass diese wenigen Monate vor den Wahlen nicht mehr so gern getroffen werden“, stellt Andreas Ridder, Geschäftsführer von CBRE Österreich, in einer Aussendung fest.

Abgesehen von der Flächeneffizienz legt man auf zentrale oder gut erreichbare Lage und moderne Ausstattung (etwa Doppelböden für die Verkabelung) Wert. Laut EHL finden die Firmen Auszeichnungen wie ein Green-Building-Zertifikat wichtig. Beispiele dafür seien das GreenWorx in der Lassallestraße, das Space2Move in der Muthgasse oder das Rivergate am Handelskai. Weniger kosteneffizient muss es in der Innenstadt sein. Dort kamen heuer einige größere Flächen auf den Markt, etwa an der Tuchlauben, am Fleischmarkt oder in der Wollzeile. Die Mieten in solchen Lagen betragen durchwegs über 20 Euro netto pro Monat und Quadratmeter, die Spitzenmiete hat bereits 28Euro erreicht.

Vermieter müssen Zuckerln gewähren

Die Durchschnittsmiete stagniert dagegen laut EHL bei 13 bis 16 Euro. Die Experten von Otto Immobilien sprechen von 12,10 Euro. „Incentives sind dabei noch nicht berücksichtigt“, stellt Alexander Fenzl von Otto Immobilien fest. Dabei handelt es sich um Zuckerln, die Vermieter ihren Büromietern gewähren, um sie bei Laune zu halten und zu binden. Mietfreie Monate zählen genauso dazu wie Zuschüsse zu Sanierungen oder Umbauten.

Ist ein Gebäude gar nicht mehr attraktiv für Mieter und lässt es sich nicht einmal zum Schleuderpreis vermieten, bleibt oft nur die Umgestaltung zu Wohnungen oder Hotels. In manchen Gegenden, etwa an befahrenen Straßen, sei das allerdings schwierig, sagt Fenzl. Da blieben oft nur der Abriss und der Neubau eines modernen Bürogebäudes als letzter Ausweg. Auch im ersten Wiener Gemeindebezirk würden Büros gern in Wohnungen umgewidmet. Dort hat das aber andere Gründe. „Die Nachfrage nach Wohnungen ist so stark, dass sich mit Wohnungen mehr Geld verdienen lässt als mit Büros“, erklärt der Experte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.