Zinshäuser haben sich stark verteuert. Ob sich ein solches Investment rechnet, hängt nicht nur von der Rendite ab. Je niedriger die Miete, desto eher kann sie steigen.
Wiener Zinshäuser in sehr guten Lagen werfen kaum noch mehr als zwei Prozent Rendite ab. In Randlagen sind die Renditen noch etwas höher, doch auch dort sind die Preise zuletzt deutlich gestiegen. Auf eine Trendwende will kaum jemand warten. „Die Leute wollen ihr Geld jetzt vom Kapitalmarkt wegholen“, stellt Markus Arnold, Geschäftsführer von Arnold Immobilien, fest. „Sie fürchten das Damoklesschwert der Inflation und der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit.“ Viele private Anleger würden das Zinshaus als besseres Sparbuch sehen, berichtet der Experte. Sie würden mit hohem Eigenmittelanteil kaufen, Objekte mit geringem Renovierungsbedarf und fertig ausgebautem Dachboden wählen und die meisten Entscheidungen an Dienstleister wie die Hausverwaltung, den Steuerberater oder den Makler auslagern.
Private sparen oft beim Makler
Manche versuchen allerdings, hier Kosten zu sparen. Gerhard Hudej, Geschäftsführer der Hudej Zinshausmakler, schätzt, dass 70Prozent der privaten Zinshauskäufer oder -verkäufer ohne Makler in den Markt eintreten. Dabei achteten sie vor allem auf die Höhe der Rendite. „Dieist aber nur eines von vielen Kriterien“, warnt Hudej. Was den Privaten fehle, sei die Marktkenntnis, also das Wissen, wer gerade bereit sei, viel Geld für ein bestimmtes Zinshaus zu zahlen. Hudej berichtet von Fällen, in denen Objekte innerhalb von kurzer Zeit mit 30 bis 70 Prozent Aufschlag weiterverkauft worden sind. Er schätzt, dass sich private Verkäufer in den vergangenen zwei Jahren auf diese Weise 150 Millionen Euro entgehen ließen.
Die Projektentwickler reißen sich um die entwicklungsbedürftigen Häuser. Denn Letztere verfügen langfristig über ein stärkeres Ertragspotenzial als voll sanierte Objekte. In Summe wechselten im ersten Halbjahr 2012 Zinshäuser im Wert von 408 Millionen Euro den Besitzer, wie aus Daten von Otto Immobilien hervorgeht. Die Chancen, dass heuer die Milliardengrenze geknackt wird, stehen gut.
Dank der starken Nachfrage ziehen auch die Preise an. Wer Objekte sucht, die weniger als 1000 Euro pro Quadratmeter kosten, wird eventuell noch in Simmering oder der Donaustadt fündig. Doch auch dort sind die Preise vielfach schon höher. Im ersten Bezirk reichen sie von 3500 bis 5500 Euro pro Quadratmeter – Ausreißer nach oben sind da noch nicht dabei. Wer Wert auf ein klassisches Gründerzeithaus legt, muss aus einem immer knapperen Angebot wählen. Solche Häuser gibt es laut Otto Immobilien in Wien nur noch an die 15.000, bei sinkender Tendenz.
Kosten schmälern die Rendite
Auch die Renditen, also die Erträge, die sich mit Zinshäusern erzielen lassen, nehmen ab. Je besser die Lage, desto weniger werfen die Häuser ab. Im ersten Bezirk muss man sich oft mit Renditen von unterzwei Prozent pro Jahr begnügen, in Favoriten oder Simmering können es in Einzelfällen bis zu sechs Prozent sein. Die Rendite erhält man allerdings nicht bar auf die Hand. Es ist nur der Wert, der sich ergibt, wenn man die Mieterträge eines Jahres durch den reinen Kaufpreis dividiert.
De facto zahlt man aber meist mehr als den reinen Kaufpreis, da man auch für Grunderwerbssteuer, Grundbucheintragungsgebühr, Notar, Makler und Steuerberater Geld hinlegen muss. Die Mieterträge muss man versteuern, im Laufe der Jahre können Erhaltungskosten dazukommen, und auch Leerstände können die Erträge schmälern.
Für Private zahlen sich derartige Investments dennoch aus, meint Arnold. Denn auf dem Sparbuch bekomme man derzeit auch nicht mehr Rendite. Beim Zinshaus gebe es noch weitere Vorteile. „Die Mieten steigen immerhin.“ Sie werden nicht nur bei bestehenden Mietverträgen regelmäßig der Inflation angepasst, sondern auch, wenn ein Mieter auszieht. „Oft gibt es viele Altmieter, die noch sehr günstige Mieten zahlen.“ Zieht ein neuer Mieter ein, gebe es Steigerungspotenzial. Auch die Erhaltungskosten hielten sich in den ersten Jahren in Grenzen, da Private meist nur voll sanierte Häuser kauften, gibt Arnold zu bedenken.
Ob man ein Zinshaus in der Innenstadt oder in den Außenbezirken wählt, hängt oft auch mit dem persönlichen Budget zusammen. Wer ein bis zwei Millionen Euro auf der hohen Kante hat, investiert in den Außenbezirken, wer zwei bis fünf Millionen hat, innerhalb des Gürtels, und wer noch mehr hat, in der Innenstadt, erzählt Arnold. Das Vermögen auf mehrere Zinshäuser verteilen wollten nur wenige Private.
Miete: Je niedriger, desto besser
Die Experten raten indes, nicht nur auf die Rendite als einziges Kriterium zu achten. „Zinshäuser mit drei Prozent können sehr attraktiv sein, dafür gibt es welche um vier Prozent, die unverkäuflich sind“, sagt Hudej. Denn die Rendite spiegle nur den Wert zum Zeitpunkt des Kaufs. Ebenso wichtig sei jedoch die Höhe der Miete, die verlangt wird. „Wenn die Miete bereits über acht Euro pro Quadratmeter liegt, gibt es wenig Spielraum nach oben. Liegt die Miete jedoch bei zwei bis drei Euro, hat das Zinshaus Potenzial.“ Arnold rät Interessenten, auch auf den Grad der Sanierung und den Dachausbau zu achten sowie darauf, wie viel in die Allgemeinflächen wie Fassade, Steigleitungen oder Lift investiert worden ist. „Wichtig ist auch, dass man mit dem Bauch kauft“, meint er. Das perfekte Zinshaus gebe es nicht. Ob man aber eher bei der Lage, der Optik, der Mieterstruktur oder der Infrastuktur der Umgebung Abstriche machen wolle, müsse jeder für sich entscheiden.
Auf einen Blick
Im ersten Halbjahr flossen 408 Millionen Euro in Wiener Zinshäuser. Die Chance, dass im Gesamtjahr die Milliardengrenze geknackt wird, stehen gut. Zehn Prozent der Zinshäuser kosteten weniger als 500.000 Euro. Dagegen mussten die Käufer für drei Prozent der Zinshäuser mehr als zehn Millionen Euro berappen, in diese Zinshäuser floss ein Fünftel des investierten Geldes. Die Quadratmeterpreise liegen meist zwischen 1000 und 5500 Euro. Die Rendite beträgt zwischen zwei und sechs Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)