Dem Haus der Hof gemacht

Nach wie vor liegen viele städtische Innenhöfe brach. Oft lassen sich mit wenig Aufwand aus den vernachlässigten Flächen kleine, grüne Oasen zaubern.

Beton, Pflastersteine, verparkte Straßen, ein paar vereinzelte Bäume – in den dicht verbauten Stadtbezirken präsentiert sich Wien auf den ersten Blick nicht gerade als attraktivstes Wohngebiet. Und dennoch sind es für viele Anwohner auch hier oft nur ein paar Schritte ins Grüne. Ein virtueller Flug mit Google Earth über Wien enthüllt unzählige kleine, grüne Paradiese in Innen- oder Hinterhöfen, liebevoll angelegt und gepflegt von den Bewohnern oder der Hausverwaltung.

Doch ebenso viele dieser Flächen liegen noch immer brach, verfallen oder werden als Autoabstellplätze genutzt. Dabei könnte durch eine Begrünung der Innenhöfe nicht nur wertvoller Erholungsraum für die Bewohner geschaffen werden, Pflanzen könnten auch zu einem angenehmeren Mikroklima beitragen und nicht zuletzt den Wert des Hauses erhöhen. „Eine Wohnung mit Grünblick lässt sich zweifellos besser verwerten“, meint etwa die Wiener Landschaftsarchitektin Maria Auböck.

•Wie groß muss die Mindestfläche sein?

Eine kleine, grüne Oase ist praktisch in jedem Hof realisierbar. „Selbst auf kleinsten Flächen kann man zumindest schattenliebende Bodendecker wie Pachysandra pflanzen“, sagt Joachim Chen vom Wiener Stadtgartenamt. Ist mehr Platz zwischen den Wohnhäusern vorhanden, dann seien die Möglichkeiten der Gartengestaltung überhaupt fast grenzenlos. Obstbäume wie Apfel oder Birne gedeihen in schattigen Höfen ebenso wie Beeren, Gemüse und Kräuter. Ein guter Beitrag zu einem angenehmen Klima im Innenhof ist laut Chen auch ein Veitschi: „Er schützt die Fassade im Sommer vor der Sonneneinstrahlung.“ Für Auböck bieten begrünte Innenhöfe neben dem klimatisierenden Effekt auch interessante Möglichkeiten für gemeinsame Aktivitäten der Hausbewohner: „Ein großer Sitzbereich, Spiel- und Sportgeräte, ja sogar Gemüsebeete fürs Urban Gardening sind denkbar.“

•Wie hoch ist der Pflegebedarf?

Wobei sich der Pflegebedarf des Innenhofgartens je nach Bepflanzung unterschiedlich gestaltet. „Kräuter, Gemüse, Beeren, Sommerblumen, Stauden, Rasen erfordern mehr Pflege, Bodendecker, aber auch Obstbäume sind wenig anspruchsvoll“, sagt Chen. Hilfe bei der Pflege bringt eine automatische Bewässerung, und natürlich könnten auch Gärtnereibetriebe engagiert werden, die sich um das Grün im Haus kümmern. Die beste Zeit für den Umbau sind Frühjahr oder Herbst. Die Arbeiten dauern etwa zwei bis zweieinhalb Monate, „eine kleine Grünfläche ist aber mitunter in einer Woche gemacht“, weiß Auböck.

•Welche Probleme können entstehen?

Im Zuge des Umbaus werden die Asphalt- oder Betonoberfläche abgebrochen, falls nötig Gullys verlegt, dann wird der Boden ab-, die Humusschichte aufgetragen und das Grün gepflanzt. Für kleine Rasen und kleine Gewächse reichen 30 Zentimeter Humus, für Bäume sollten es rund 50 Zentimeter sein. Auch wenn anstatt einer versiegelten Oberfläche durchlässige Erde im Hof liegt, entstehen bei richtiger Ausführung in der Regel keinerlei Probleme für das Haus und seine Fundamente, erläutert Gartenplanerin Haider: „Natürlich muss die Erde von der Hauswand durch eine Abdichtung getrennt werden.“ Bei vielen Innenhöfen in Gründerzeithäusern mit beengten Zugängen kann der An- und Abtransport von Abbruchmaterial, Humus, Pflanzen und Maschinen zur Herausforderung werden. Irgendwie findet sich letztlich aber selbst bei verzwickten Situationen eine Lösung. „Bei einem Innenhof, der nur über Lift und Kellergeschoß erreichbar war, nutzten wir einmal eine Mülltonne für den Materialtransport“, erzählt Haider.

•Wer kann die Neugestaltung veranlassen?

Der Anstoß für die Innenhofbegrünung kann sowohl von der Hausverwaltung als auch von den Bewohnern kommen. „Wichtig ist ein frühes Einbinden der Bewohner in den Planungsprozess. Die Menschen fühlen sich dann mitverantwortlich für das Projekt, nehmen den Grünraum anders an und engagieren sich später oft auch bei der Pflege“, sagt Haider.

Hilfe von der Stadt

Die Begrünung von Innenhöfen wird von der Stadt Wien bis zu einer Höhe von maximal 2200Euro gefördert. Das Stadtgartenamt, aber auch die Gebietsbetreuungen in den Bezirken bieten ausführliche Beratung bei der Neugestaltung an (Gartentelefon: 01/014 000-8042).
Ansprechstellen für Planung und Ausführung sind Landschaftsarchitekten und spezialisierte Gärtnereien. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden durch diese Förderungen weit über 1000 Innenhöfe in kleine grüne Oasen umgewandelt.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.wien.gv.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2013)

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