Teppiche: Geschichten ausbreiten

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Teppiche verbinden orientalische Erzähltradition kunstvoll mit europäischem Design-Storytelling.

Die Welt ist voller Muster. Im Kunsthandwerk genauso wie in den Geschichten, die Kulturen seit Jahrhunderten erzählen. Manche Inhalte und Formen sind zu geheimnisvoll, zu verblüffend, einfach zu gut, um sie zwischen Buchdeckeln ins Regal zu stellen. Auf dem Boden ist noch genug Platz dafür, sie auszubreiten.

Teppiche sind ein dankbares Medium. Sie nehmen auf, was Designer und Hersteller ihnen aufoktroyieren. Von Fotodrucken bis zur Aquarell-Anmutung. In den Bodenbildern verknüpft sich vor allem aber auch traditionelles Handwerk mit innovativem Know-how. Ein tolles Spielfeld für Designer, die heute auf ein paar Quadratmetern fast alles dürfen. Sogar Fransen dürfen Teppiche wieder haben. Bei Ruckstuhl, einem Schweizer Hersteller, der schon mit Patricia Urquiola oder dem Designstudio Claesson Koivisto Rune flache Geschichten entwickelt hat,  bekommen die Bilder eine besondere Rahmenhandlung.  „Frame“ heißt die Kollektion, die die Teppiche von „Baroco“ bis „Ballerina“ stilistisch einfasst.
Bei Vartian, dem österreichischen Unternehmen, bei dem seit einigen Jahren Arman J. Vartian erfolgreich mit Entstauben beschäftigt ist, fügen die Bilder „nepalesische Meisterknüpfer“ zusammen. Unter einer leicht entfernbaren Schicht von kulturellen Teppichklischees kommen bei Vartian kunstvolle Knüpftechnik und orientalische Ornamentik zum Vorschein.

Aber auch die visuelle Handschrift von Künstlern wie etwa Andreas Reimann, mit dem Teppichkollektionen entstanden sind, wie auch das Modell „1001 Nights“, das der deutsche Rat für Formgebung kürzlich mit einem Interior Innovation Award bedachte. Doch Deutschland vergibt nicht nur Preise, sondern auch Aufträge in verschiedensten Weltregionen, um sich gute Geschichten knüpfen zu lassen.

„Rugs that tell a tale“, behauptet demnach auch der Berliner Hersteller Reuber Henning von seinen Stücken: Gern legte er sie streifenweise flach auf den Boden, einmal klar gezeichnet, einmal unscharf in Aquarell-
optik verschwommen. Die tibetische Tradition wird da angezapft, in einer kleinen Manufaktur im nepalesischen Kathmandu-Tal entstehen die Streifenteppiche.

Spießig ist cool. Auch die Teppiche vom deutschen Hersteller Miinu kann man durch dazugehörige Geschichten vor seinen Freunden legitimieren. Ruhrpott, Nepal, Portugal und Türkei sind sich plötzlich ganz nah, wenn eine bewusst legere Teppichmarke und schwerwiegende Traditionen ineinandergreifen. Marokkanische Berberteppiche hat Miinu zuletzt mit dem Modell „Nomad“ in die doch so glatt-cleane Gegenwart verlegt.

In Spanien hat der Designer Marti Guixé wiederum eine Tradition aus Persien für Nanimarquina „eingemustert“. Auf einem alten Kerman-Teppich referieren die Mikrobildchen von Bienen, Blumen, Pferden und Hirschen, die zusammen zu einem Labyrinth aus Neuseeland-Wolle verschwimmen. Für den Teppichkatalog trägt das Stück den Namen „Ghost“. Kerman im Iran, umringt von Bergen und Wüste, ist eines der Zentren der persischen Teppichtradition, das auf diese Art  noch  heute in die Welt des Designs strahlt. 

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