Florida: Alle wollen exklusive Plätze unter Palmen

Miami. Die US-Stadt erlebt derzeit einen Boom im Luxussegment, gekauft wird vom Reißbrett.

Steter Sonnenschein, Palmen, Strände, ein internationaler Flughafen samt ebensolchem Publikum und ein reges Geschäftsleben: Diese Kombination ist grundsätzlich keine schlechte für einen Immobilienstandort, in Miami sorgt sie derzeit aber für einen beeindruckenden Boom vor allem im Segment der Luxusimmobilien. Hier wird derzeit ohne Unterlass gebaut und verkauft – und das nicht einmal zwingend in dieser Reihenfolge. Etliche der luxuriösen Eigentumswohnungen mit Meerblick, die in den immer neuen Towern entstehen, werden schon vom Reißbrett weg verkauft, teilweise im Dutzend.

Insgesamt 50 solcher neuen Wohntürme sind laut einem Bericht des „Miami Herald“ seit Mai 2011 gebaut worden, weitere 185 Türme mit über 25.000 Einheiten sind ihm zufolge derzeit in Südflorida im Bau oder in der Entwicklung. Erst im Jänner diesen Jahres wurde der Grundstein für das neueste Projekt gelegt, in Greater Downtown Miami entstehen hier im SLS Hotel & Residences Brickell insgesamt 453 Eigentumswohnungen und 132 Hotelzimmer auf 52 Stockwerken. Und dennoch wird das Angebot kaum der Nachfrage gerecht, wie Oliver Ruiz, Standortleiter von Engel & Völkers in Miami, weiß: „Teilweise werden uns die Apartments vom Reißbrett weg abgekauft, manchmal zehn oder 15 Einheiten auf einmal“, berichtet er über die derzeitige Marktsituation, die er als „just crazy“ beschreibt. Insgesamt habe der Markt im Vorjahr um 25 Prozent angezogen, sein auf Luxusimmobilien spezialisiertes Büro konnte sogar ein Umsatzplus von 150 Prozent verzeichnen.

Sicher gesehen werden

Die Gründe für diesen Boom ortet Ruiz vor allem in der immens gestiegenen Nachfrage ausländischer Kunden, für viele reiche Käufer aus Südamerika, aber auch beispielsweise Russland sei Miami im Moment einfach der Place to be. „Mittlerweile ist der Ocean Drive so etwas wie der neue Rodeo Drive geworden“, vergleicht er Floridas Hauptstadt mit Los Angeles, „und Brickell ist auf dem Weg, das neue Manhattan zu werden“, gibt sich Ruiz euphorisch über die Entwicklung seiner Stadt, in der er zum Urgestein der Immobilienszene gehört. Die Eitelkeit, die die Stadt zweifellos hat und die allabendlich beim Flanieren auf dem Ocean Drive beobachtet werden kann, sei bei vielen ausländischen Gästen hoch geschätzt, hier könne man zeigen, was man hat, den Maserati oder Rolls Royce spazieren fahren, in den angesagten Clubs und Restaurants feiern und genießen, beschreibt Ruiz die Pluspunkte, die die Stadt in den Augen vieler reicher Investoren hat.

Dass Spanisch in Miami mindestens die zweite, wenn nicht gar die heimliche Amtssprache ist, schätzen viele Lateinamerikaner ebenso, außerdem ist die Sicherheitssituation verglichen mit der zahlreicher Länder Südamerikas nahezu paradiesisch. Und all das gibt es zu einem vergleichsweise günstigen Preis: „Für Brasilianer liegen die Preise in Miami immer noch 25 Prozent unterhalb von denen, die sie in ihrem Heimatland zahlen müssen“, weiß Ruiz – was ein interessantes Licht auf die Preise Rios wirft. Denn in Miami sind luxuriöse Eigentumswohnungen und Villen in der ersten Meereslinie nicht unter einer Million Dollar (725.000 Euro) zu bekommen, die Quadratmeterpreise für das Wohnen in exklusiven Einheiten in ausgezeichneten Lagen schwanken zwischen 3000 und über 23.000 Euro.

Man zahlt cash

Wer in einem der begehrten Türme direkt am Strand residieren möchte, sollte bereit sein, mindestens sechs, eher aber 30 Millionen Dollar (4,35 bis 21,75 Millionen Euro) zu investieren, bei absoluten Topobjekten bis zu 50 Millionen Dollar (36 Millionen Euro). Wenn möglich in bar, denn das ist die bevorzugte Zahlungsweise vieler neuer Einwohner der Stadt: „Da wird cash bezahlt“, sagt Ruiz, Finanzierungen werden kaum benötigt.

Die bevorzugten Lagen in Miami heißen heute neben den Klassikern wie South Beach (SoBe) oder Star Island vor allem Brickell, South of Fifth (SoFi), Sunny Isles, Bal Harbor, die North Bay Road sowie Palm Island, Venetian Island und Sunset Island – hier siedeln sich die wohlhabenden Neu-Floridianer an, die das Nachtleben, das geschäftige Treiben und den Lifestyle Miamis genießen wollen.

Wer es etwas ruhiger, aber trotzdem exklusiv mag, weicht nach Key Biscayne aus, eine kleine Insel zehn Meilen südlich von Miami, auf der die Dichte an luxuriösen Villen und Eigentumswohnungen beachtlich ist. „Da kann man problemlos die Jacht parken, die Kinder zur Schule schicken und sie sicher spielen lassen“, beschreibt Ruiz den Reiz, den die Insel für familienorientierte Käufer hat.

Erste flüchten vor dem Hype

Aber manch einer flüchtet auch schon vor dem Hype in der Hauptstadt. Im eher beschaulichen Westflorida tauchen mittlerweile nicht nur Käufer, sondern auch Makler von der Ostküste auf, die hier auf der Suche nach etwas luxuriösem Frieden und bezahlbaren Villen sind. „Manchen ist es mittlerweile an der Ostküste einfach zu laut“, weiß Monika Wilson, selbstständige Maklerin im Netzwerk von Century 21 in Cape Coral, „zu viel Party, zu viel Verkehr.“

Auf der anderen Seite Floridas am Golf von Mexico geht es traditionell zwar auch luxuriös, aber wesentlich gediegener und beschaulicher zu, Städte wie Naples genießen durchaus auch den Ruf, ein elegantes Rentnerparadies zu sein und in Cape Coral reiht sich entlang der Kanäle Villa an Villa, die gern auch an deutschsprachige Touristen vermietet werden. Über mangelnde Nachfrage kann sich die Immobilienwirtschaft auch auf dieser Seite des Sunshine-States nicht beklagen, wobei die Objektpreise im vergangenen Jahr ebenfalls um 25 Prozent gestiegen sind. „Aber unsere Preise sind deutlich niedriger als die in Miami“, erklärt Wilson. So gäbe es luxuriöse Villen an der Westküste für Preise zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Dollar, an der Ostküste seien die Kosten doppelt so hoch. Trotz allem sei der Markt aber noch immer unterbewertet, ist die Maklerin überzeugt, schließlich seien die Preise während der Krise um 50 Prozent gesunken und jetzt erst wieder um 25 Prozent gestiegen. „Da wird es die nächsten drei bis vier Jahre noch eine Steigerung geben, ehe sich die Preise wieder stabilisieren“, ist sie überzeugt, „in Miami wird diese Entwicklung ein bisschen schneller gehen.“

Ob sich Brickell dann wirklich zum neuen Manhattan entwickeln wird, bleibt abzuwarten. (sma)

DER MARKT VON MIAMI

Um 25 Prozent sind die Preise für Luxusimmobilien in Miami im vergangenen Jahr gestiegen. Der Grund ist vor allem die extreme Nachfrage reicher Käufer ausMittel- und Südamerika. Für die begehrten Eigentumswohnungen und Villen in erster Meereslinie werden bis zu 23.000 Euro pro Quadratmetergezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2014)

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