Sicherheit: Die Baustelle im Videostream

Bei der Bewachung von Baustellen geht es nicht allein um materielle Werte. Diebstähle können zu Verzögerungen führen, Schwarzarbeiter das Image des Bauherrn schädigen.

Hektische Betriebsamkeit am Bau löst mitunter einen Großeinsatz der Polizei aus. Das war etwa an einem Samstag des Vorjahres der Fall, als drei Pritschenwagen mit acht Arbeitern auf einer abgelegenen Baustelle in Wien-Donaustadt auftauchten. Obwohl der Ort zu dieser Zeit menschenleer war, wurden die eifrig werkenden Männer vom ersten Moment an beobachtet. Die Baustelle war videoüberwacht und die Aktivität außerhalb der Arbeitszeit löste in der Zentrale einer Sicherheitsfirma Alarm aus. Sofort wurde die Polizei verständigt. Sie riegelte in einem Großeinsatz sämtliche Zufahrtsstraßen zu dem Areal ab und griff zu. Gerade noch rechtzeitig: Die Täter hatten ihre Pritschenwagen bereits randvoll mit Kabel und Handwerkzeug beladen.

Angst vor Folgeschäden

Kurt Stadler, der mit seiner Firma Seceye Videoüberwachungsanlagen vertreibt, erzählt gern diese Erfolgsgeschichte. Videoüberwachung in Kombination mit einer rund um die Uhr besetzten Sicherheitszentrale ist heute das effizienteste Mittel, um sich gegen Diebe auf Baustellen zur Wehr zu setzen. Denn geklaut wird alles, was nicht niet- und nagelfest ist – von der neuen Hilti bis zu den besonders begehrten Kupferkabeln. Aber es ist nicht allein der Wert des gestohlenen Gutes, der immer öfter dazu führt, dass Baustellen gut bewacht werden. Noch wesentlich schwerer wiegen die Folgeschäden: „Der Wiederbeschaffungswert für die Kabel der zentralen Stromversorgung beträgt vielleicht einige tausend Euro, der Schaden durch Stillstand auf der Baustelle kann aber ein Vielfaches sein“, weiß Stadler.

Unterstützung der Bauaufsicht

Die Videoüberwachung ist nur eine Möglichkeit, um mehr Sicherheit am Bau zu schaffen. Von fallweisen Kontrollen durch mobile Revierstreifen bis zur permanenten Präsenz von Sicherheitsmitarbeitern reicht das Arsenal der Sicherheitsfirmen, berichtet Alexander Laskaridis, Sales Manager bei Securitas. Und immer öfter übernehmen deren Mitarbeiter auch weitere Aufgaben. So kann etwa die örtliche Bauaufsicht in Belangen der Sicherheit unterstützt werden, „indem etwa die Sicherheitseinweisung der Bauarbeiter vor Ort durch einen unserer Mitarbeiter erfolgen“, berichtet Laskaridis. Hinzu kämen Brandschutzaufgaben durch ausgebildete Feuerwehrleute, die Tätigkeiten mit erhöhter Brandgefahr überwachen, eventuelle Mängel der örtliche Bauaufsicht melden und im Gefahrenfall rasch eingreifen können.

Beim Bau des DC Tower 1 in der Wiener Donaucity etwa waren während der gesamten Bauzeit rund um die Uhr Sicherheitsdienstmitarbeiter der Securitas anwesend. Eine ihrer Aufgabe war die Zutrittskontrolle auf Basis elektronischer Ausweise, die gezielt für die beim jeweiligen Bauabschnitt beschäftigten Mitarbeiter ausgegeben wurden. Mit solchen Maßnahmen will man neben Materialschwund vor allem Schwarzarbeit in den Griff bekommen. Daran haben immer mehr Bauherrn und Bauunternehmer Interesse. Einerseits kann die illegale Beschäftigung von Arbeitern rechtliche Folgen für den Auftraggeber haben. Andererseits wollen renommierte Auftraggeber wie Banken, Versicherungen oder Unternehmen der öffentlichen Hand auf keinen Fall mit Schwarzarbeit in Verbindung gebracht werden.

Die Absicherung dagegen wird oft in den Bauverträgen festgeschrieben, weiß der auf Immobilien- und Baurecht spezialisierte Anwalt Alfred Nemetschke: „Dort wird detailliert festgehalten, dass sämtliche Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes genau einzuhalten sind.“ Für Wolfgang Poppe vom Ingenieurbüro Vasko & Partner, das Projektmanagement und Generalplanung von Großbauten übernimmt, sind Regelungen über die Zutrittskontrolle zu Baustellen die logische Folge solcher Vereinbarungen: „Sehr oft wird in den Ausschreibungen festgehalten, dass ein solches System installiert werden muss, denn es ist die einzig wirklich wirkungsvolle Maßnahme“, sagt er.

Baufirmen haften selbst

Die Bewachung der Baustelle vor Dieben bringt dem Auftraggeber dagegen nur den indirekten Vorteil, dass eventuell Bauverzögerungen verhindert werden. Er, beziehungsweise seine Auftragnehmer müssen zwar Vorkehrungen treffen, dass die Baustelle nicht von Unbefugten betreten wird, die sich dort verletzen könnten. Diebstähle hingegen sind ausschließlich Pech der betroffenen Gewerke. Solange Kabel, Fenster, Türen, Klimaanlagen, Beleuchtungskörper und andere bewegliche Teile nicht eingebaut sind, sind die jeweils beauftragten Handwerker verantwortlich, dass nichts wegkommt.

Gesichert und überwacht

Die Videoüberwachung einer Baustelle funktioniert ähnlich wie eine funkgesteuerte Alarmanlage. Die einzelnen Kameras mit Bewegungsmeldern sind per Funk mit einer versteckt montierten Alarmstation verbunden. Bei ungewöhnlichen Bewegungen oder einem Sabotageversuch an der Anlage wird das Videobild an eine Sicherheitszentrale übermittelt. Dort wird nötigenfalls die Polizei verständigt.

Bei Gelegenheitsdieben oder „verirrten“ Jugendlichen genügt es aber meist, die Eindringlinge mit einer harschen Durchsage per Lautsprecher zum sofortigen Verlassen des Geländes aufzufordern. Kosten solcher Sicherheit: Ab 300 Euro im Monat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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