Projekte: Heute Wohnungen für morgen

Kurzzeit-Appartements, gemeinschaftliches Wohnen für Senioren, zukunftssichere IT-Verkabelung und halbwegs günstige Mieten: aktuelle Wohnbauten in Wien.

Wien wächst schnell: „Bis 2050 werden dort rund zwei Millionen Menschen leben, ein Zuwachs in drei Jahrzehnten in der Größe der Einwohnerzahl von Graz“, skizziert Michael Pech, Vorstand des Österreichischen Siedlungswerks eine der Herausforderungen des hiesigen Wohnungsmarktes. Dazu kommt, dass in den nächsten Jahren auch die Zahl der Singlehaushalte weiter steigen wird. Zugleich ändert sich die Arbeitsmarktstruktur, die Menschen werden mobiler: „Bis 2030 werden nur noch rund 50 Prozent der Bevölkerung in einem ,normalen‘ Arbeitsverhältnis beschäftigt sein“, so Pech.

Der Wohnungsneubau sollte nach Meinung des Experten auf diese Entwicklung schon heute mit neuen Angeboten reagieren. Eine Idee von Pech – er ist auch Architekt und Lehrbeauftragter an der TU Wien – für das Wohnen mobiler Menschen sind etwa Kurzzeit-Appartements: „Rooms for Rent zu einem leistbaren Preis.“ Das erste Projekt mit 63 Einheiten (die rund 40 m2 großen möblierten Wohnungen kosten monatlich 750 Euro inkl.) wurde im Vorjahr in der Storchengasse eröffnet. Im Herbst wird neben der neuen Wirtschaftsuniversität das Messecarrée Nord mit 190 weiteren Appartements fertiggestellt.

Ein anderes Beispiel für zukunftsorientiertes Wohnen ist in seinen Augen der Leopoldtower in Floridsdorf. In dem Turm direkt an der U1-Station Aderklaaer Straße werden 300 frei finanzierte Wohnungen für völlig unterschiedliche Bedürfnisse geschaffen: Neben Kurzzeitappartements auch smarte und damit preisgünstige Miet- sowie großzügige Eigentumswohnungen mit Fernblick. Gemeinsam mit einem zweiten Turm, den die Stumpf-Gruppe vis-à-vis errichtet, entsteht hier eine Stadt in der Stadt für 2500 Menschen mit kompletter Infrastruktur vom Schulcampus bis zum Einkaufszentrum. Wohnbauten mit 80 bzw. 100 Meter Höhe wie bei diesen Projekten dienen der Verdichtung, erklärt Pech: „Für Wien sind solche Wohnhochhäuser noch relativ neu, international ist das aber schon eine Selbstverständlichkeit.“

Bei einem völlig anderen Projekt für das Wohnen von morgen wird Ende 2014 in der Lorenz-Reiter-Straße in Simmering mit dem Bau begonnen: Drei Wohnbauträger errichten hier 469 geförderte Wohnungen, erzählt Dieter Groschopf, stellvertretender Geschäftsführer des Wohnfonds Wien. 250 Appartements sind ebenfalls Smart-Wohnungen: „Der Eigenmittelanteil beträgt nur 60 Euro pro Quadratmeter, die Miete 7,50 Euro inklusive Betriebskosten“, sagt Groschopf. Solche günstigen Smart-Einheiten sollen künftig ein wesentlicher Teil des Wohnungsneubaus in Wien sein. Erreicht werden diese Preise unter anderem dadurch, dass die Grundstücke an die Bauträger nicht verkauft, sondern im Baurecht vergeben werden.

Neues Wohnen im Alter

Ein ebenso wichtiges Wohnbauthema der Zukunft heißt für Groschopf „älter werden, individuell wohnen“. Drei konkrete Wohnprojekte auf diesem Sektor – zwei in Floridsdorf, eines in Meidling – werden demnächst in Wien realisiert. Sie sollen älteren Menschen die Möglichkeit bieten, so lange wie möglich zu Hause zu leben. „Eine Idee dabei ist, von den Bewohnern gemeinschaftlich nutzbare Räume und Zonen mit Rückzugsmöglichkeiten im eigenen Bereich auf eine neue Weise zu verbinden“, erläutert er das Konzept einer Art Wohngemeinschaft für die Plusgeneration. In den Wohnanlagen sollen Jung und Alt zusammenleben – solche Projekte wurden in der Praxis schon sehr gut angenommen.

Zukunftsorientiert geht es auch beim größten Wiener Wohnbauprojekt, der Seestadt Aspern, zu. 1600 Wohnungen werden hier derzeit unter Koordination der Sozialbau von acht Bauträgern errichtet. „Das ist zweifellos ein Projekt, an dem sich die Trends des Wiener Wohnbaus sehr gut zeigen lassen“, meint Sozialbau-Chef Herbert Ludl. So sind hier etwa verschiedene Baugruppen am Werk, die sich das Wohnen selbst organisieren wollen. Die Bewohner werden von Anfang in alle Prozesse integriert und können mitbestimmen.

Die Sozialbau selbst errichtet in Aspern 727 frei finanzierte Mietwohnungen. „Wir versuchen hier eine sehr hochwertige Ausstattung anzubieten“, erzählt Ludl. Etwa hauseigene Schwimmbäder, einen gemeinsamen Wellnessbereich, eine Reihe von Gemeinschaftseinrichtungen. „Ganz besonders achten wir auf eine IT-Versorgung nach dem letzten Stand der Technik“, betont Ludl. Trotz solcher Angebote sind die Mieten mit 6,30 Euro/m2 relativ günstig. Bauen auf Baurechtgrund, Halbierung der Garagenplätze und vor allem rasches und cleveres Bauen würden dies möglich machen.

Die Zukunftsthemen ... im urbanen Wohnbau

Thema 1

Kompakt. Das Einfamilienhaus ist nach wie vor der Wohntraum schlechthin. In der Realität ist der Trend entgegengesetzt. Aus wirtschaftlichen Gründen sind kompakte Wohnungen gefragt. Mit cleveren Grundrissen und guter Planung lässt sich etwa auf 70 m2 eine Familienwohnung realisieren. Ein Muss: Balkon/Terrasse.

Thema 2

Senioren. Bis 2050 wird sich in

Österreich die Zahl der über 60-Jährigen fast verdoppeln. Einige Wiener Wohnbauträger haben spezielle Angebote für die Plusgeneration, damit sie so lange wie möglich zu Hause leben kann. Drei neue Projekte werden demnächst realisiert. Infos beim Wiener Wohnfonds.

Thema 3

Waschsalon. Nicht nur die Wohnung selbst, auch das Umfeld muss stimmen. Bei allen größeren Projekten achten Bauträger auf attraktive Gemeinschaftseinrichtungen. Die Waschküche etwa heißt heute Waschsalon und liegt so zentral im Haus, dass Eltern den Kinderspielplatz im Auge behalten können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2014)

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