Vom Zimmer in den Shop

Kombinierte Flächen. Hotel und Büro können einander ergänzen, skeptischer sind die Experten bei Kombinationen aus Hotel und Shoppingcenter. Letztlich zählen aber Lage und Konzept.

Immobilien, in denen verschiedene Nutzungsarten in einem Gebäude vereint werden, sind in Wien keine Seltenheit. Eher die Ausnahme als die Regel sind dagegen Kombinationen aus Hotel und Retail, wie sie etwa im Stilwerk am Donaukanal oder dem Goldenen Quartier im ersten Bezirk zu finden sind. Mit dem revitalisierten La Stafa in der Mariahilfer Straße, in das ein deutsches Budget-Designerhotel einzieht, soll in den nächsten Jahren ein weiteres Objekt hinzukommen. Von einem Trend wollen Experten dennoch nicht sprechen. Ob solche Projekte letztlich funktionieren, hängt nämlich stark von der Lage und vom Konzept ab.

Synergieeffekte

„Ein Hotel mit einer anderen Nutzungsart zu kombinieren, kann durchaus attraktiv sein“, meint Gregor Drexler, Leiter Investment Management Deutschland bei der CA Immo. Bei der Kombination zweier Assetklassen habe man nämlich die Möglichkeit, im Falle einer Krise den Ausfall einer Ertragsquelle durch die andere zu ersetzen. Zu den sichersten Immobilien zählt er Kombinationen aus Retail, Büro und Wohnen. Gleichzeitig weist er allerdings darauf hin, dass es auf die konkrete Nutzungsart ankomme, wobei in größeren Gebäuden vor allem Büroflächen eine nette Ergänzung zu einem Hotel sein könnten. Von „großen Synergien zwischen Hotel und Büro“ spricht auch Christoph Salzer, Regional Director und Prokurist beim Hotelentwickler Warimpex. „Sind in einem Bürocenter große, international tätige Unternehmen eingemietet, so werden sie für ihre Mitarbeiter und Kunden Hotelzimmer benötigen“, meint er. Gleichzeitig ließen sich in solchen Fällen Flächen einsparen, indem man für Meetings oder Konferenzen einfach Hotelräumlichkeiten anmiete.

Als weniger ideal sehen die beiden Experten die Kombination aus Hotel und Einkaufszentrum. Reisende, so ihr Argument, würden in der Regel nicht automatisch ins Einkaufszentrum gehen und umgekehrt Einkaufende auch nicht das Hotel nutzen. Auch Walter Wölfler, Head of Retail CEE bei CBRE Österreich, sieht diese Variante eher kritisch, wobei er vor allem Geschäftsreisende im Kopf hat: „Aus meiner Erfahrung braucht man für das Einkaufen Zeit. Ein Business-Gast, der den ganzen Tag mit Terminen eingedeckt ist, hat diese Zeit nicht“, meint er. Größeres Potenzial sieht er bei Touristenhotels. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass sich in vielen Großstädten Hotels mit integrierten Shops fänden, die fast wie kleine Einkaufszentren wirkten.

Investoren mögen es einfach

Der heimische Hotelentwickler Warimpex hingegen legt seinen Fokus auf Objekte, die sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht getrennt sind – sprich: Liegenschaften, die einen Eigentümer und eine Nutzungsart haben. Als Grund nennt Salzer die Tatsache, dass Investoren sich vornehmlich für ganze Gebäude mit einer Nutzungsart interessierten, was wiederum daran liege, „dass sie mit ihren Fonds überwiegend gezielt nach Assetklassen investieren.“ Eine Ausnahme im Warimpex-Portfolio stellt das Kempinski Palais Hansen am Wiener Schottenring dar, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Vienna Insurance Group, Porr und Wien Holding. In den oberen Etagen des Fünfsternehauses befinden sich Eigentumswohnungen, die bereits verkauft wurden. „Damit die Mischung aus Hotel und Retail funktioniert, muss vor allem die Lage stimmen“, sagt CBRE-Chef Wölfler. Die Shops könnten nämlich in den seltensten Fällen von Hotelkunden allein leben. Laut Wölfler sehr gut funktioniert dieses Konzept im Luxusbereich. „Hier sollte, was den Retail-Mix betrifft, alles zu finden sein, was den hohen Ansprüchen genügt“, so der Experte. Er nennt unter anderem Mode, Schmuck, Uhren, Schreibwaren und Accessoires – allesamt Gegenstände, für die man sich Zeit nehmen muss.

Eine Frage der Lage

Aus den genannten Gründen ist für die Experten auch die Kombination aus hochwertigem Hotel und Retail im Goldenen Quartier sinnvoll. Beide haben nämlich die gleiche Zielgruppe. Hinzu komme die Tatsache, dass sich das Luxus-Grätzel in einer innerstädtischen Tourismus- und High-Street-Lage befindet, betont Wölfler. Eine Chance gibt er aber auch Modellen wie dem Bikini Berlin. Bei dem Gebäude nahe des Berliner Tiergartens handelt es sich um eine Mischung aus Hotel, Office und Concept Mall. Als Asset wertet er nicht nur die Architektur, sondern auch das Konzept. Tatsächlich finden sich in der Concept Mall Geschäfte, die in einem normalen Shoppingcenter nicht zu finden sind und dementsprechend auch eine besondere Klientel anziehen. „Hier haben beide Betreiber die Nähe zueinander gesucht“, so Wölfler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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