Zeichen der Wiederbelebung

Spanien. Internationale Investoren finden wieder Gefallen am iberischen Häusermarkt. Von einer echten Trendwende kann aber noch keine Rede sein, warnen Experten.

Spaniens Immobilienmarkt, dessen Zusammenbruch das Land in eine Rezession stürzte, scheint sich auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. Nach Angaben der spanischen Statistikbehörde INE stieg der Hauspreisindex im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,8 Prozent. Verantwortlich dafür war den Angaben zufolge in erster Linie der Neubausektor mit einem Preiszuwachs von 1,9Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres seien die Immobilienpreise sogar um 1,7Prozent gestiegen, ist dem INE-Bericht weiter zu entnehmen.

Schnäppchenjagd

Aufgrund der sich abzeichnenden Stabilisierung der Preise gehen ausländische Investoren, Private-Equity-Firmen, Hedgefonds und Staatsfonds seit dem vergangenen Jahr auf Schnäppchenjagd, nachdem sie dem Markt längere Zeit den Rücken gekehrt hatten. „Es war das erste Mal, dass wir seit Beginn der 2000er-Jahre aktiv geworden sind und Aktiva in Spanien gekauft haben“, sagt Jim Garman, weltweiter Ko-Chef für Immobilien-Investments bei Goldman Sachs. Goldmans Partner vor Ort, die Madrider Private-Equity-Firma Azora Capital, will die Häuser renovieren und sich mit Hausbesetzern auseinandersetzen. Im letzten Jahr hat Azora eine der größten Transaktionen auf dem spanischen Immobilienmarkt in der jüngeren Zeit durchgezogen, indem das Unternehmen 3000 Häuser vom International Madrid Housing Institut erworben hat.

Insgesamt haben sich die Investitionen von Fonds, Beteiligungsgesellschaften wie Goldman Sachs, Blackstone&Co. in Spanien im vergangenen Jahr auf 13,9 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Etwa 37Prozent davon flossen in Immobilien, wie der Umschuldungsspezialist Irea meldet. Zu den wichtigsten privaten Investoren gehören nach wie vor die Engländer, die 17Prozent des Marktes unter sich ausmachen, allerdings dominieren sie den Markt nicht mehr so wie vor der Krise.

Der zunehmende Optimismus seitens der Investoren geht mit einer Erholung der Wirtschaft einher. So ist die spanische Wirtschaft im dritten Quartal 2013 zum ersten Mal in zweieinhalb Jahren gewachsen, wenn auch nur ganz gering. Und im zweiten Quartal des laufenden Jahres legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,6Prozent zu – der beste Wert seit dem Jahresendquartal 2007. Für das laufende Jahr rechnet Standard & Poor's mit einem Wachstum von 1,3Prozent, das sich in den folgenden beiden Jahren auf 1,8Prozent beschleunigen sollte.

Regionale Vorlieben

Wenn man die Marktberichte führender Maklerhäuser als Maßstab nimmt, mehren sich in der Tat die Anzeichen, dass sich die Märkte allmählich der Normalität nähern. Zu den Märkten, die ermutigende Erholungszeichen senden, gehören die Balearen und Kanaren sowie Barcelona und Marbella, wo es eine hohe Nachfrage bei geringem Angebot gibt. In diesen Regionen haben Investoren bereits Schwierigkeiten, hochwertige Immobilien zu finden, da keine neuen Objekte auf den Markt kommen. In Barcelona etwa, wo die Preise gegenüber den Rekordständen des Jahres 2007 um durchschnittlich 33Prozent nachgegeben haben, konnten sie seit Mitte 2013 wieder um rund vier Prozent zulegen, wie das Maklerportal Idealista festgestellt hat.

Seit diesem Jahr entspannen sich auch die Märkte an der Costa Blanca und Costa del Sol wieder leicht. So sind beispielsweise die Angebotspreise für Eigentumswohnungen an der Costa Blanca im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2013 um zehn Prozent gestiegen. Auch in Marbella deutet sich eine Wende an. Gemäß dem spanischen Ministerium für Entwicklung ist die Zahl der Immobilienverkäufe 2013 im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 23Prozent angestiegen. Insgesamt wurden in etwa genauso viele Immobilien verkauft wie vor der Finanzkrise. Zum großen Teil sind es Käufer aus Belgien, Frankreich und Skandinavien, die die Wende des Marktes erkannt haben.

Gleichwohl sollten Investoren beachten, dass noch keine Normalität auf dem Häusermarkt eingekehrt ist. Laut einer Analyse des Beratungsunternehmens Consultancy RR Acuna de Asociados stehen mehr als 1,7 Millionen Häuser zum Verkauf. Es dürfte sogar in einem verbesserten Umfeld Jahre dauern, bis dieser Bestand abgebaut ist. Acuna rechnet damit, dass auf Sicht von zwei Jahren noch immer 1,5 Millionen Häuser leer stehen werden.

Durststrecke nicht vorbei

Mit einer echten Trendwende für das kommende Jahr rechnet auch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) nicht. Laut S&P dürften die Preise im laufenden Jahr im Jahresvergleich um weitere zwei Prozent nachgeben und erst frühestens 2016 wieder um zwei Prozent steigen.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 sind dieHauspreise in Spanien um durchschnittlich 40Prozent gesunken. Als nachteilig für eine nachhaltige Erholung erachtet Jean–Michel Six, Chefökonom von S&P, unter anderem die alternde Bevölkerung, eine Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent, die hohe private Verschuldung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2014)

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