Vorzimmer: Man hängt halt am Design

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Vorzimmer und Garderobe: Ihre Gestaltung hatte bislang oft mehr als nur einen Haken. Jetzt werden daraus selbstbewusste Räume.

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Dieser Raum ist ein transitorischer, ein Durchgangszimmer, ein materialisiertes Übergangsstadium: Kein Wunder, dass oft auch Gestalter achtlos und Ge-staltung spurlos am Vorzimmer vorbeigehen. Oder besser: schnurstracks durchmarschieren ins Wohnzimmer oder dorhin, wo man gelernt hat, sich länger aufzuhalten. Vor allem Gänge und Flure bekommen oft so viel gestalterische Aufmerksamkeit wie die Innenwand von Kanalrohren. Verteilen wie ein Kreisverkehr, mehr sollen manche Vorzimmer gar nicht. Dabei könnte der erste Raum, den man zu Hause betritt, doch so etwas wie der Empfangsraum sein – das findet auch der junge österreichische Designer Clemens Auer. Er hat sich ein Garderobenkonzept ausgedacht, das mit den Menschen sprichwörtlich mitlebt: die „Characters Wardrobe“.

Umbrüche. Der Schwebezustand im Vorzimmer, noch nicht ganz drinnen, aber auch nicht mehr draußen, macht es dem Design auch nicht ganz leicht. Hier fließt eines ins andere. An- und ausziehen, aufnehmen und ablegen, willkommen heißen und verabschieden, all das findet hier statt. In der Schleuse zwischen öffentlich und privat wechselt man von Straßen- auf Hausschuhe, von nasskalt auf wohlig-warm. „Das Vorzimmer ist das Portal zwischen Privatem und Öffentlichem“, sagt Auer. Es ist der Backstage-Bereich des Draußen: „Hier werden die Haare gerichtet, wird das Make-up kontrolliert für das Zurschau-
stellen im öffentlichen Raum“, meint Auer.

Eine gute Garderobe muss vor allem eines beherrschen, das auch kein Kleiderbügel fertig bringt: einen Spagat. „Eine gute Mischung aus unterschiedlichsten Funktionen“, wie Auer sagt. Und vor allem soll sie sich nicht zu wichtig machen: „Gestal-terisch soll sie dezent im Hintergrund sein, aber auch freundlich am Wohnungseingang empfangen, ein ‚stummer Diener‘ im wahrsten Sinn des Wortes sein, der einem zur Seite steht.“ Da kann Design schon recht behilflich sein, wenn man vollgepackt mit Sackerln und dick eingemummelt, den Schlüssel in der Hand, die Zeitung zwischen den Zähnen, nach Hause kommt. Die offenherzige Anerbietung, Dinge abzunehmen, mit Garderobenhaken, sollte eine der Hauptaufgaben sein.

Lebensabschnittspartner. Noch ganz andere Funktionen könnte die Garderobe im Vorzimmer übernehmen. Zumindest, wenn es nach dem Konzept von Clemens Auer geht. Schließlich hängt an den Garderobenhaken nicht nur Kleidung, rundherum fliegen auch gern mal die Fetzen. So wie das Leben die Dinge gern mal auf den Kopf stellt, so macht es auch der Designer: Verschiedene Elemente hängt er in seperaten Elementen an eine Stange, den Spiegel, den Schirmständer, die Aufbewahrungsbox, den Kleiderbügel, um sie bei Bedarf auf den Kopf und auf den Boden zu stellen. Dann nämlich, wenn man sich auch einen „visuellen Umbruch“ wünscht, gern tragen ja Menschen neue Lebensphasen auch gestalterisch nach außen, siehe neuer Haarschnitt.

„Es kann ein visueller Umsturz sein, die Objekte im neuen Heim nach einem Umzug zu resetten“, sagt Auer. Schließlich hängen an Objekten im Vorraum wie in der ganzen Wohnung nicht nur Kleidungsstücke, sondern auch Emotionen und Erinnerungen. Und diese kann man mit der Characters Wardrobe stilvoll abschütteln. „So kann man nach einem emotionalen Ereignis Tabula rasa machen“, sagt Auer. Wenn nicht ohnehin der ehemalige Beziehungspartner schon seine flexiblen Lieblingselemente aus der Garderobe in sein neues Leben mitgenommen hat.
Gestalterisch vernachlässigt, so sieht Clemens Auer auch das Vorzimmer, den Gang, den Flur: „Das einzige Thema, dem in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist der freistehende Kleiderständer“. Von diesen Objekten gebe es inzwischen einige gute Entwürfe, meint Auer. Nur: „Solche freistehenden Objekte benötigen natürlich immer auch Spielraum um sich. In einem schmalen Altbaugang kann’s da schnell eng werden.“

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