Villen: Die Rückkehr der schlichten Schönheit

Viel Gold, viel Marmor, wenig Understatement“ lautete das Motto einige Jahre lang. Seit dem Ausbleiben der russischen Kundschaft ist weniger wieder mehr.

Nicht alles, was sich Villa nennt, hat diesen Namen auch verdient. In Zeiten, in denen jedes Ferienhaus mit Whirlpool genauso unter dieser Bezeichnung firmiert wie Einfamilienhäuser, die weiße Säulen links und rechts der Eingangstüre haben, ist die Abgrenzung keine leichte. Ein gutes Kriterium, um herauszufinden, ob es sich um eine Villa handelt, ist auf jeden Fall einmal die Größe: Anwesen, die den edlen Namen tragen möchten, sollten zumindest eine Wohnfläche von 200, besser 300 Quadratmetern vorweisen können. Und sie sollten auch nicht von einem schmalen Grünstreifen umrahmt, sondern auf einem mindestens 1000 Quadratmeter großen Grund zu finden sein. Ausnahmen bestätigen – vor allem im innerstädtischen Bereich – die Regel.

Ein anderes Merkmal sind die verwendeten Materialien. „Es geht bei Villen einfach um Exklusivität“, so beschreibt es Karin Bolesch, Inhaberin des gleichnamigen Immobilienunternehmens, und auch Richard Buxbaum, Prokurist von Otto-Immobilien, sieht darin das wichtigste Kriterium: „Grundsätzlich geht es um die Qualität des Hauses, wobei das schon mit einer soliden, hochwertigen Grundkonstruktion anfängt.“ Außerdem spielt das alte Maklercredo „Lage, Lage, Lage“ bei Villen eine große Rolle: „Da kann dann beispielsweise in noblen Bezirken wie Döbling auch ein Sechzigerjahre-Haus, das entsprechend ausgebaut wurde, durchaus eine Villa sein“, so Buxbaum, „sofern sie 200 bis 250 Quadratmeter Wohnfläche auf 500 bis 700 Quadratmetern Rasen hat.“

Historisch oder designt?

Ganz grundsätzlich scheiden sich die Geister an der Frage: moderne Designvilla oder historisches Objekt? „Bei den modernen Villen geht es um einen möglichst großen Wohnraum, bei dem es heute keine Rolle mehr spielt, ob die Küche oder das Esszimmer abgetrennt sind“, meint Alexander Kurz, Inhaber der Salzburger Immobilienkanzlei Kurz. Außerdem wichtig sei bei diesen Objekten eine Größenordnung von mindestens drei weiteren Schlafzimmern samt Bad neben dem Haupt-Eltern-Apartment, und gern auch eine zusätzliche Möglichkeit, dienstbare Geister im Haus unterbringen zu können. Bei den historischen Objekten gelten ähnliche Regeln wie für alle Altbauwohnungen: Hier geht es um Doppelflügeltüren, Parkett, Stuck und Deckenhöhen jenseits der 3,50Meter. „Und es muss natürlich technisch dem State of the Art entsprechen“, betont Bolesch.

Wie unterschiedlich die Geschmäcker sein können, hat sich in den vergangenen Jahren vor allem auf dem Wiener Markt bemerkbar gemacht. In den Jahren zwischen 2009 und 2013 lohnte es sich für manchen Verkäufer, sein Luxusobjekt den geschmacklichen Vorlieben der russischen Klientel anzupassen. Viel Gold, viel Marmor und wenig Understatement lautete das Motto, das außerhalb dieser Käuferschicht nur bedingt auf Gegenliebe stieß. Was seinerzeit ein durchaus lohnendes Geschäftsmodell war, sich jetzt aber nach dem Ausbleiben dieser Kundschaft als problematisch erweist. Es seien mit Blick auf den russischen Markt Häuser entstanden, „mit denen sich andere Käufer schwer identifizieren“, drückt Buxbaum es diplomatisch aus. Und die nun zu Preisen, „bei denen der Liebhaberwert ein hoher ist“, auf dem Markt seien. Diese werden sich langfristig preislich anpassen müssen, prognostiziert er, momentan sei ein Nachgeben der Preise aber noch nicht bemerkbar.

Wer derzeit in Wien oder Salzburg eine Villa erwerben möchte, sollte mit einem Mindestbudget von zwei bis 2,5 Millionen Euro planen, nach oben hin sind naturgemäß in diesem Segment keine Grenzen gesetzt. „Das teuerste Objekt, das aktuell in Salzburg auf dem Markt ist, kostet 27 Millionen Euro“, so Kurz.

Am Wörthersee finden sich Objekte in der zweiten Reihe schon ab 1,1 oder 1,2 Millionen Euro, „am See direkt gibt es eh nichts im Moment“, weiß Bolesch. Der Markt ist derzeit stabil, große Zuwächse hat es im Vorjahr nicht gegeben, aber auch keinen Abwärtstrend. Wobei die Käufer laut Buxbaum immer genauer hinschauen – auch wenn das Budget großzügig dimensioniert ist, werde zunehmend darauf geachtet, dass der Kauf sich rechnet: „Es geht nicht mehr nur um schön, sondern auch um sinnvoll“, fasst er zusammen. Da helfen dann auch keine Marmorsäulen neben der Eingangstüre. (SMA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)

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