Denkmal mit laufendem Hund

Hausgeschichte. Ein kleines Barockhaus im Kahlenbergerdorf erfährt eine größere Frischzellenkur. Und das Nebenhaus profitiert von Sockelsanierung und Umbau ebenso.

Wäre da nicht die Schnellstraße nach Klosteneuburg, herrschte im Kahlenbergerdorf selige Ruhe. Verschlafen und von Bausünden nahezu unbefleckt liegt der kleine Weinhauerort zwischen Steilhängen und Donau. Freilich, am Wochenende füllt sich der Parkplatz mit Ausflüglern, die auf den Leopoldsberg steigen – oder sich die Anstrengung sparen und gleich in Richtung Heurigengastronomie abbiegen. Und kein Tag vergeht, an dem sie nicht gefragt werde, ob es im Umkreis etwas zu mieten gäbe, erzählt eine Bewohnerin der Bloschgasse 3, wo nun die ersten Sanierungs-, Um- und Ausbauarbeiten starten. Zu mieten wird es zumindest dort etwas geben – voraussichtlich gegen Ende 2016.

Unscheinbar ist das geduckte, mit der Traufe zur Gasse orientierte Haus nur auf den ersten Blick – die Fenster im ersten Stockwerk umrahmen Sgrafitti, ein schlichtes Dekor namens laufender Hund. Die Jahreszahl – 1617 – lässt sich ebenfalls noch lesen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Wie viel eine Bausubstanz aus der Barockzeit aushält, zeigt sich etwa im Keller: Er liegt zum Teil sechs Meter tief unter dem Straßenniveau, eine Röhre geht sogar unter der Straße hindurch. Vielleicht waren die Keller zwischen einigen Häusern im Kahlenbergerdorf sogar verbunden, mutmaßt Architekt Thomas Musial, der das Wohninvest-Projekt umsetzt.

„Das Projekt ist sehr komplex“, meint er. Denn das Gebäude ist in sich und um einen kleinen Innenhof herum verschachtelt angelegt. Es gibt Einbauten aus den 1960er-Jahren, die stören, auch eine Terrassensituation muss vom Provisorium erlöst werden. Aber dafür, dass seit mehreren Jahrzehnten keine Verbesserungsarbeiten geleistet wurden, ist das Objekt in einem guten Zustand – alte Wände und Gebälk sind eben dick und geduldig. Die Auflagen des Denkmalamtes lassen Spielraum, wenn man das Vorhandene nicht radikal verändern will, sondern konservativ plant. Einen dezenten Umbau beabsichtigte Wohninvest mit diesem Projekt im Rahmen eines Bauherrnmodells auch. Dieses und das Nebenhaus sollen Mietobjekte bleiben oder werden.

Gaupen und Splitlevel

„Wir haben uns darauf geeinigt, hier einen sanften Umbau zu realisieren und generalzusanieren“, schildert Architekt Musial und betont die gute Zusammenarbeit mit der MA 19 und dem Bundesdenkmalamt. Das äußere Erscheinungsbild bleibt verhalten – das Dach wird nicht geöffnet, sondern erhält mehrere Gaupen, Die Grundrisse darunter werden zum Teil stark verändert und neue Wohnungen im Splitlevel beziehungsweise zweigeschoßig angelegt. Damit wird jede Einheit in diesem kompakten Ensemble noch heller und mit Größen von 80 bis zu 120 Quadratmetern geräumiger. Obwohl das Haus introvertiert wirkt, ergibt sich doch aus manchen Wohnungen ein Ausblick auf den Kahlenberg.

Derzeit wird an der Infrastruktur gearbeitet – Kanal, Wasser, Steigleitungen. Dann kommen die Decken dran, und die Elektrik. In manchen leer stehenden Wohnungen werden schon einmal archäologische Schichten freigelegt: Generationen von Linoleumböden und Küchenfliesen. „Ein Mieter hatte sich in den Sechzigerjahren selber Fenster eingebaut, die werden wir wieder herausnehmen und durch die klassischen Kastenfenster ersetzen. Wir beheben hier etliche Bausünden“, erklärt Architekt Musial, der dem natürlich Gewachsenen aber durchaus etwas abgewinnen kann: „Den Reiz eines Baus macht ja auch die Inhomogenität aus.“

Größere Veränderungen betreffen hingegen das Nebenhaus, Bloschgasse Nummer 5. Hier kann, weil nicht unter Denkmalschutz (aber im Ensembleschutz), das Dach eine Spur höher und einen Deut steiler werden. Auch die Seitenspange und ein Einbau im Innenhof dürfen durch kleine Neubauten ersetzt werden. Obwohl hier ebenfalls erstaunlich viele Quadratmeter zum Wohnen genützt werden und im Innenhof ein kleiner Garten liegt, wirkt das Objekt übersichtlich dimensioniert. Wirtschaftlich, aber nicht baulich wurden die Häuser verbunden. Und von außen werden sie sich auch optisch annähern. Fehlt nur noch der Greißler am Hauseck, wie es ihn früher hier gab.

ZU ORT & OBJEKT

Obwohl das Kahlenbergerdorf Teil des 19. Wiener Gemeindebezirks ist, liegt der Ort abgeschottet von Nussdorf und Klosterneuburg. Der großteils historische Gebäudebestand im Dorf weist auch Leerstände auf.

Blochgasse Nummer 3 und 5 werden im Rahmen eines Bauherrnmodells von Wohninvest saniert und umgebaut. www.wohninvest.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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