Küchenwerkzeug: Rühren, kneten, schlagen, hacken

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Von unbrauchbar bis nicht wegzudenken: In der Küche triumphiert und scheitert die Design-Evolution der Dinge.

So alt wie das dreibeinige Alien zu werden, das ist für viele Dinge, die Designhersteller auf die Welt bringen, schon eine ordentliche Leistung: „Juicy Salif“, die berüchtigte Zitronenpresse von Philippe Starck, wird 25. Und das feiert Alessi auf dem Salone del Mobile in Mailand diese Woche mit der Präsentation zweier neuer Versionen, die die Welt ähnlich dringend gebraucht hat wie den ursprünglichen Entwurf. Dieser hat, wenn auch nicht unbedingt gut, wie Kritiker behaupten, zumindest etwas richtig gemacht: Ein unsichtbares Band hat er gelegt, zwischen Benutzer und ein Ding, das kaum benutzt wird. Dafür aber geliebt und vor allem ursprünglich gewollt. Das psychologische Triggern des Haben-Wollens steht dabei am Ende der Design-Evolution der Küchendinge. Am Anfang stehen Bedürfnis, Instinkt und unmittelbarer Nutzen. Dazwischen liegen verschiedenste Etappen in der Entwicklung von Geräten und Werkzeugen, die in der Küche einmal zahlreicher und dann wieder weniger geworden sind.

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Rühren und schlagen. Als das österreichische Designbüro Eoos bei der Entwicklung der Küche b2 für Bulthaup den Kücheninstrumenten auf den Grund ging, ließ man sich von Starkoch Helmut Österreicher erklären, welche Küchenutensilien er für unnötig und welche für unabdingbar hielt. Entbehrlich, fanden die Designer schließlich, waren jedenfalls Schubladen, die Container ungenutzter Werkzeuge. Und wenn es sie doch noch gibt, die Laden, dann findet sich heute oft noch ein Holzlöffel darin.

Küchenkulturelle Revolutionen hat das archaische Instrument überdauert. Sogar die Hygienehysterie des 20. Jahrhunderts, die Holz als Material in der Küche oft zu Unrecht stigmatisierte. Im letzten Jahr beharrte sogar die Inhaberin eines Grazer Bioladens auf ihren hölzernen Löffeln und Brettern, entgegen der behördlichen Hygieneauflagen. In den Küchen, wo man selbst die Regeln aufstellt, leisten Holzlöffel das, was Küchenwerkzeug legitimiert: Sie werden ständig gebraucht und erweisen sich dabei noch als praktisch.

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Das Buch „Am Beispiel der Gabel“ (erschienen im Insel Verlag) zeichnet die Kulturgeschichte einiger Geräte und Werkzeuge in der Küche nach. Über den Holzlöffel schwärmt die Autorin Bee Wilson: „Es ist das zuverlässigste und meistgeschätzte Küchengerät von allen.“ Der Holzlöffel zerkratzt keine Pfannen, er leitet keine Wärme und reagiert chemisch kaum mit anderen Substanzen. Und formal gibt es sogar noch Gestaltungsspielraum, wie der norwegische Designer Stian Korntved Ruud mit seinem Projekt „Daily Spoon“ beweist. Jeden Tag, ein Jahr lang, will er einen neuen Holzlöffel entwerfen und produzieren, „um die ästhetischen und funktionalen Qualitäten eines Löffels auszuloten“, wie er in seinem Blog meint.

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Design und angewandte Ingenieurskunst: Die nützlichsten Dinge in der Küche verquirlen beides. Vor allem, wenn der gestalterische Gedanke die physikalischen Kochgesetze in den Händen der Köche und Zubereiter geschickt austariert. Der Schneebesen macht in geschickten Händen gleich noch einmal so viel Sinn, behaupten Großmütter gern. Das Gerät verwandelt aus dem Handgelenk heraus Flüssigkeiten, indem es Luft hineinverschlägt. So wächst das Volumen. Und die Geräte selbst sind auch nicht die schmalsten: Deshalb hat das deutsche Designbüro Ding3000 für den dänischen Hersteller Normann Copenhagen eine schlankere Linie im Entwurf gewählt: Der „Beater“ lässt sich mit einem Ring auseinander- und zusammenklappen – wenn man ihn nicht braucht, macht er sich so möglichst dünn.

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Kleinkriegen. Zerkleinern gehört zu den häufigsten Tätigkeiten in der Küche, schreibt Bee Wilson in „Am Beispiel der Gabel“, wenn sie von der Bedeutung und der Diversifizierung der Küchenmesser erzählt. Anfang der 1950er-Jahre erfand ein Schweizer allerdings eine andere Methode als das Schneiden: Karl Zysset aus dem Städtchen Lyss wurde reich und der Slogan „Zick Zick Zyliss“ berühmt. Dem Zwiebelhacker sei Dank. Heute reiht er sich als „Mini Chopper“ beim Hersteller Zyliss in eine ganze Reihe von Dingen – vom Eierschneider bis zur Käsereibe –, die dazu da sind, Nahrungsmittel kleinzukriegen, bevor sie in den Mund kommen.

Was die Autorin Bee Wilson in ihrem Buch noch bemerkt hat: Das küchenhandwerkliche Wissen lagern die Menschen gern aus. An Maschinen, denen sie sich gern ausliefern. Was man früher konnte und wusste, können und wissen heute die Küchenmaschinen. Und um das Feuer muss man sich schon gar nicht mehr kümmern. Solange der Strom nicht ausfällt.

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Tipp


„Am Beispiel der Gabel“ von Bee Wilson erzählt anschaulich die Kulturgeschichte von Küchen- und Esswerkzeugen. Erschienen im Insel Verlag.

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