Realitäten mit großer Geschichte

Schlösser und Burgen. Häuser mit Historie und vielen namhaften Vorbesitzern.

Sie haben Kaiser und Könige kommen und gehen gesehen, dem Verfall getrotzt und nach Renovierungen in den unterschiedlichsten Epochen wieder in neuem Glanz gestrahlt. Sie waren Orte rauschender Bälle und elitärer Jagdausflüge, manche aber auch Seminarhotels, Eventlocations oder Ordinationen. Alle haben sie aber eine Geschichte zu erzählen, und wer sich zum Kauf einer österreichischen Burg oder eines Schlosses entscheidet, sollte Liebe zu dieser Historie mitbringen. Denn auch wenn eine solche Immobilie heute durchaus mit jeder Menge Komfort ausgestattet sein kann, braucht es doch einen anderen Zugang als zu einer Neubauvilla.

Komfortabel in Kärnten

Wie komfortabel und elegant es sich im dritten Jahrtausend in einer solchen Liegenschaft residieren lässt, zeigt ein ehemals habsburgisches Jagdschloss in Kärnten, das derzeit zum Verkauf steht. In dem fast zwei Hektar großen Park scheint die Zeit stillgestanden zu sein: Alte Bäume, diverse Terrassen und Sitzbereiche, eine Teichanlage samt Säulen und kleinen Wasserfällen vermitteln dieses Gefühl ebenso wie der immer noch vorhandene eigene Ausgang zur Dorfkirche. Einst im Besitz von Erzherzog Franz Ferdinand wurde es von seinen Nachkommen – der Familie Hohenberg – bis in die 1960er-Jahre als Ferienort genutzt, ehe es um die Jahrtausendwende aufwendig renoviert wurde – inklusive sämtlicher Installationen und eines neuen Daches.

Im Inneren des 1200 Quadratmeter großen Schlosses finden sich jede Menge Antiquitäten, die mit Ausnahme einiger Bilder im Kaufpreis enthalten sind – und eine wirklich große Anzahl von Räumen schmücken. Insgesamt 23 Zimmer hat das Anwesen zu bieten, darunter diverse Salons, zwei Speisezimmer, vier Schlafzimmer und vier Bäder in den unteren beiden Stockwerken. Im ausgebauten Dach erstreckt sich ein einziger Raum über die gesamte Fläche mit je einer Feuerstelle auf beiden Seiten. Zum Heizen werden diese allerdings nicht gebraucht, das Haus ist an die Fernwärme angeschlossen und damit auch im Winter problemlos bewohnbar. Außerdem findet sich auf dem Gelände noch ein weiteres Haus, das in den 1950er- und 1960er-Jahren als Bauernhaus genutzt wurde und sich auch heute noch in diesem Zustand befindet. Ein zusätzliches Asset ist allerdings die nahe, zum Anwesen gehörende drei bis vier Hektar große Alm mit der darauf stehenden Almhütte. Wobei Hütte es nicht ganz trifft: Mit der Größe eines Einfamilienhauses mit großem Wohnraum samt Kamin, einer eingezogenen Galerie, einem voll ausgestatteten Bad und einer zu öffnenden Panoramascheibe mit Blick bis auf die Karawanken würde diese „Hütte“ in weniger aristokratischen Zusammenhängen eher anders betitelt. Angeboten wird die Liegenschaft über die Immobilienkanzlei Alexander Kurz, aufgerufen sind dafür 4,5 Millionen Euro.

Zentral in der Steiermark

Wirklich, wirklich lang ist die Geschichte der Burg Judenburg, die von ihren Inhabern, den Eheleuten Hagen, jetzt privat verkauft wird. Bis ins zehnte Jahrhundert reichen die Aufzeichnungen zurück: „Hier, am heutigen Martiniplatz, lag schon im 10. Jahrhundert die Burg des Herzogsgeschlechtes der Eppensteiner, umgeben von einer Ritterstadt sowie festen Häusern ortsansässiger Adelsfamilien und Bürger. Als Gaugrafensitz wird Judenburg bereits 1080 erwähnt; der erweiterte Burgbezirk mit der Martinskirche und acht Ritterhäusern war noch im 14. Jahrhundert Territorium der Judenburger Ritterschaft“, zitiert Hans Hagen aus den Aufzeichnungen seines Stammsitzes. Seit 1800 hat sich die Anlage im Familienbesitz befunden, ehe sie jetzt aus gesundheitlichen Gründen abgegeben wird. Insgesamt 2700 Quadratmeter Grund mit Burghof und Burggarten samt Altbaumbestand sowie dem 1450 Quadratmeter großen Wohnbereich mit drei Trakten und Arkadengängen stehen für 875.000 Euro zum Verkauf.

Aufgeteilt ist die Burg derzeit in vier sofort bezieh- und vermietbare Wohnungen – die größte mit 450 Quadratmetern und neun Zimmern, die der Wohnraum der Eigentümer war – sowie drei weiteren Einheiten zwischen 100 und 130 Quadratmetern. Drei bis fünf weitere Wohneinheiten können bei Bedarf noch ausgebaut werden, ein 80 Quadratmeter großer Veranstaltungsaal lässt außerdem diverse Nutzungsmöglichkeiten offen. Besonders ist vor allem die Lage der Burg, die Teil der Stadt Judenburg ist, und diese gegen Osten begrenzt, womit die Innenstadt zu Fuß in weniger als fünf Minuten zu erreichen ist.

Mikroklima am See

Das Prädikat „zentrale Lage“ darf auch ein anderes steirisches Schloss für sich in Anspruch nehmen, das jetzt zum Verkauf steht: Das Schloss Stubenberg im gleichnamigen Ort am gleichnamigen See findet sich ebenfalls direkt im Ortskern. Die Geschichte des derzeit als kleines Hotel genutzten Schlosses reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück, im 16. Jahrhundert wurde die Burg, die auf den Fundamenten eines Meierhofes gebaut ist, dann zum Schloss veredelt. Und als solches auch mit dem Namen derer von Stubenberg versehen. Mitte des 17. Jahrhunderts wechselte es dann in den Besitz der Herbersteins, im 19. Jahrhundert gehörte es den Grafen Wurmbrand und von 1925 bis 1979 fand sich hier das Kloster St. Josef der Franziskaner. 1980 schließlich kauften es die heutigen Besitzer, die die geschichtsträchtige Anlage nicht nur in einen Familiensitz, sondern auch in ein Hotel und eine Eventlocation verwandelten. Insgesamt 2000 Quadratmeter renovierte Wohn- und Nutzfläche samt Hof und Terrassen gehören zu dem Anwesen, darunter acht Doppelzimmer und drei Suiten, 280 Quadratmeter Festräume sowie eine derzeit nicht genutzte Taverne. Und ein 4500 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem sich neben einem alten Baumbestand aufgrund des milden Mikroklimas auch so exotische Bewohner wie Kiwi, Feigen- und Zitronenbäume finden, und ein Schwimmteich zum Baden einlädt. Zu den Annehmlichkeiten der Neuzeit gehört neben einer Elektrik auf dem neuesten Stand und einem Anschluss an das Biomassekraftwerk Stubenberg auch ein großer, moderner Lift. Angeboten wird das Schloss über Aeterna Immobilien, aufgerufen sind 1,6 Millionen Euro, das Mobiliar gibt es um weitere 100.000 Euro. (sma)

INFO

Die Anschaffung einer Burg oder eines Schlosses ist nicht jedermanns Sache. Dabei ist der reine Ankauf meist gar nicht einmal das Teuerste: Richtig teuer wird's, wenn umfangreiche Sanierungsarbeiten getätigt werden müssen.

Und selbst wenn das Anwesen auf dem neuesten Stand ist, ist der Unterhalt solch ausgedehnter Liegenschaften in der Regel nicht ganz billig, weshalb sich manche Besitzer gern ein Zubrot mit der Ausrichtung von Events verdienen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2016)

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