Hausbau mit der Kraft der Bäume

Viele verschiedene Holzarten für viele verschiedene Atmosphären: Erwin Thoma in seinem Haus in Goldegg.
Viele verschiedene Holzarten für viele verschiedene Atmosphären: Erwin Thoma in seinem Haus in Goldegg. (c) Copyright by: FRANZ NEUMAYR Pres (Neumayr/MMV)
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Wohngeschichte. Der Forstwirt, Unternehmer und Autor Erwin Thoma schwört auf Massivholz im Wohnbau. Jeder kann von den Kräften der Bäume profitieren, ist er überzeugt.

Unternehmer zu werden gehörte eigentlich nicht zur Lebensplanung von Erwin Thoma. Doch wie so oft fügen sich die Dinge. Als der Salzburger mit seiner Frau und den Kindern vor gut 20 Jahren von einem Forsthaus im Karwendel nach St. Johann im Pongau übersiedelte, bekamen zwei Söhne Asthma. Die Diagnose: Allergie gegen Leime in Spanplatten. Der junge Vater riss daraufhin alle Möbel, Platten und Böden aus dem Haus aus den 1970er-Jahren und verlegte gemeinsam mit Opa Gottlieb Brugger, einem Zimmerer vom alten Schlag, überall Vollholz. Die Allergien verschwanden. Die Sache mit dem Holz war das Schlüsselerlebnis für Thoma: Er wollte die positive Kraft der Bäume auch anderen Menschen zugänglich machen und verschrieb sich dem Bauen mit Massivholz. „Ich hatte nur eine Idee, aber keinen Businessplan“, erzählt er am Küchentisch seines Wohnhauses in Goldegg von der Begeisterung, die ihn zum Jungunternehmer machte. Der Opa – der Großvater seiner Frau – wurde sein engster Berater. Und er gab schließlich einen entscheidenden Hinweis, wie Holz möglichst ruhig, dauerhaft und widerstandsfähig bleibt: Er solle mit Mondholz arbeiten, riet der alte Zimmerer. Holz von Bäumen, die in der Saftruhe bei abnehmendem Mond gefällt werden, sei stabiler und haltbarer.

Eigene Methode entwickelt

Seither wohnt Thoma umgeben von Vollholz und hat eine eigene Methode entwickelt: Holz 100 ist ein von ihm patentiertes Bausystem, das verschiedene Holzlagen mit Holzdübeln zu einem festen Block verbindet und völlig ohne Leim oder Chemie auskommt. Der angenehme Nebeneffekt: Wärmedämmung, Brandsicherheit, Strahlenabschirmung.

Aus dem Haus in St. Johann ist Thoma vor ein paar Jahren nach Goldegg gezogen, wo er den Firmensitz samt Holzforschungszentrum hat. Ursprünglich plante er nur ein Austraghaus für sich und seine Frau samt Stall für Pferde und Schafe. Aber immer mehr Kunden wollten Holz 100 in der Anwendung sehen. Und so wurde aus dem Privat- ein Musterhaus. Das Zentrum des Hauses ist eine sechs Meter hohe Halle mit Glasfront und Kamin. Am Tisch aus übriggebliebenen Wandplatten schreibt Thoma seine Bücher. Titel wie „Die geheime Sprache der Bäume“ oder „Die sanfte Medizin der Bäume“ sind Bestseller. „Der Raum ist ein Refugium, in das ich mich zurückziehen kann“, schwärmt er von der Atmosphäre der Halle und dem Blick auf die Berge. Holz und Glas dominieren, in der Eingangshalle ist Granit verlegt, an den Wänden hängen Geweihe aus der Zeit, als er noch im Karwendel Förster war.

Nur ein kleiner Bereich ist bewohnt. „Im Alltag nützen wir hauptsächlich die Küche und den kleinen Wintergarten“, berichtet der Unternehmer. Thoma hat sich viel mit der Typologie der Baumarten und deren Wirkungen befasst. Daher gibt es im Schlafzimmer Zirbe, in der Halle Eiche und Tanne, in der Küche Kirschholz. Für den Tisch wurde Birnenholz verarbeitet, Bergahorn liegt auf dem Boden. „Das passt zur Küche als Ort des Genusses.“ Für die Außenhaut des Hauses wurde widerstandsfähige Lärche verwendet. Wie beständig Holz ist, hat Thoma täglich vor Augen: Vom Küchenfenster aus sieht man eine Flachsbrecherhütte aus dem 17. Jahrhundert, Thoma hat sie zur Sauna umgebaut.

Zurück zum Mondholz: Lange wurde Thoma mit den bei abnehmendem Mond gefällten Bäumen in die esoterische Ecke gestellt. Doch mittlerweile kann er mit Studien der ETH Zürich belegen, dass sich die molekularen Bindungskräfte im Rhythmus des Mondes verändern und es damit einen nachweisbaren Einfluss auf die Qualität des Holzes gibt.

Das gut zehn Jahre alte Domizil von Thoma ist „nur“ ein Niedrigenergiehaus. Längst hat er seine Massivholztechnik so weiterentwickelt, dass die Häuser auch ohne Heizung auskommen. „Holz ist ein unglaublich intelligentes Material, das ermöglicht, die überbordende Haustechnik wieder zu verringern.“ Seine Häuser brauchen keine komplizierte Klima- und Steuerungstechnik, weil die Vollholzhülle im Winter die Wärme und im Sommer die Kühle hält. Thoma selbst heizt mit einem kleinen Stückgutofen. Die vier Kubikmeter Holz, die er pro Jahr braucht, beschafft er selbst. Denn in den Wald geht er nach wie vor mit großer Leidenschaft.

ZUR PERSON

Erwin Thoma, geboren 1962, wuchs in Bruck am Großglockner auf. Der Vater von drei Kindern meldete 1999 seine Methode, Häuser zu 100 Prozent aus Holz zu bauen, zum Patent an und machte sich selbstständig. Mittlerweile wurden 1000 Projekte in aller Welt mit Holz 100 realisiert. Einen Namen machte sich Thoma auch als Autor. Sein gerade erschienenes Buchheißt „Holzwunder – Die Rückkehr der Bäume in unser Leben“. www.thoma.at

(Print-Ausgabe, 02.04.2016)

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