Das Parkett zieht wieder ein

Hausgeschichte. Für das Palais Wessely in der Argentinierstraße beginnt eine neue Ära: Nach gründerzeitlichem Stadthaus und schlichtem Bürogebäude wird es zum exklusiven Wohnhaus.

Das Haus Argentinierstraße Nr. 23 mit der schmucken Fassade hat schon einiges erlebt: Prunkvolle bürgerliche Gesellschaften, ausländische Gäste und Empfänge, entscheidende Management-Meetings. Alles begann 1891, als Carl Ritter von Wessely die berühmten Architekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellner mit dem Bau seines Stadtpalais beauftragte. Da hieß die Argentinierstraße noch Alleegasse, und die Gründerzeit hatte Wien mit reger Bautätigkeit und starkem Zuzug im Griff: von 1880 bis 1910 stieg die Zahl der Einwohner von 140.000 auf über zwei Millionen, die der Häuser von rund 28.000 auf 44.500. Auf- und Umbruch lagen in der Luft.

Prunkvolles Salonleben

Noch war Zeit, Raum und Bedarf für herrschaftliches, großzügiges Bauen und Wohnen. „Die Architekten, bekannt für so bedeutende Gebäude wie Konzerthaus, Volkstheater und Sternwarte, ließen sich gern von der römischen Hochrenaissance inspirieren und schufen auch mit dem Palais Wessely ein elegantes Gebäude mit Straßen- und Gartentrakt“, erzählt Norbert Winkelmayer von der mit dem Umbauprojekt befassten Sans Souci Group. Die Fassade – mit einem Fries aus Glasmosaik von Antonio Salviati aus Venedig unter dem Gesims – zeugt noch heute vom ehemaligen Glanz.

Eine Durchfahrt führte zu einer in Eichenholz getäfelten Halle, von der die frei stehende Hauptstiege zur Beletage führte. Diese repräsentative, mit Holz verkleidete Eisentreppe war im Stil Fellner/Hellmer theaterartig und doch funktional angelegt. Ein mit Glasmalerei verziertes Oberlicht erhellte den über zwei Geschoße gehenden Raum. Im schlichteren Tiefparterre befanden sich Portier- und Kutscherwohnung, Wagenremise und Pferdestall. Das Hochparterre enthielt unter anderem ein Sommerspeisezimmer, das durch Loggia und Terrasse mit dem Garten verbunden war. Die Beletage glänzte mit großem Salon, Damen- und Rauchsalon sowie Herrenzimmer. Diese 4,84 Meter hohen Räume waren mit Bildhauerarbeiten von Viktor Tilgner und Deckengemälden der Wiener Maler Gasteb und Peyfuss ausgestattet, im Herrenzimmer bildete eine „Venus“ das Mittelfeld einer üppigen Holzdecke. Zudem wurde eine Gemäldegalerie eingerichtet.

Nüchterne Zweckmäßigkeit

Im 20. Jahrhundert wurde dieses Innenleben weitgehend zerstört und für Bürozwecke adaptiert. So auch der Fußboden des großen Salons und Musikzimmers, der als Resonanzboden ausgebildet worden war. Der Hoftrakt wurde 1960 dann völlig demoliert und durch einen nüchternen Bürobau ersetzt. Er diente lange Jahre der Firma Esso Austria als Headquarter, auch die iranische Botschaft residierte hier für kurze Zeit. Nur der Garten hinter dem Haus mit seinen mittlerweile alten Bäumen hat die Zeiten quasi still überdauert. „Obwohl öffentlich, liegt diese insgesamt 1900 m große Grünfläche wenig genutzt hinter den Häusern“, so Winkelmayer.

Licht und Freiraum

Seit Kurzem ist es nun vorbei mit der Ruhe. Jedenfalls vorübergehend. Denn sowohl das alte Gemäuer wie auch die Sechzigerjahre-Architektur werden für modernen Wohnraum adaptiert. Wieder wurden zwei Architekten damit betraut: Philipp Janes und Bernhard Rapf (Architekturteam A2K). Sie entwarfen Lösungen für die neuen 22 Wohneinheiten zwischen 46 und 267 m2. „Die Substanz ist gut“, so Winkelmayer. „Aber natürlich entspricht sie nicht dem heutigen Komfort.“ Vieles ist selbstverständlich, was es damals nicht gegeben hat, etwa Wärmedämmung, Fernwärme, Klimaanlage und die Möglichkeit der Fußbodenheizung. „Die Auflagen des Denkmalschutzes zu erfüllen und dennoch alles nach heutigen Vorstellungen zu lösen, ist nicht immer einfach“, so Winkelmayer.

Hofseitig sowie auf dem Dach des Palais erhalten die Wohnungen Loggien, Balkone und Terrassen, das neuere Gebäude wächst dazu um ein Stockwerk. Die Raumhöhen liegen im Altbestand bei 2,63 bis 4,84, im Neubau bei 2,52 bis 2,85 Metern. Raumhohe französische Fenster und Balkontüren sollen genügend Licht und Ausblick bieten. Innen ziehen neben moderner Technik auch wieder Parkettböden – in Eiche – ein. Die Bewohner sollen nächstes Jahr folgen. Laut Winkelmayer ist die Hälfte der Tops schon vorverwertet.

ZUM PROJEKT

Das Palais Wessely in Wieden wird zu einem Wohnhaus umgebaut: Das 1891 erbaute und 1960 erweiterte Gebäude erhält 22 Tops zwischen 46 und 267 m2und wird dabei um ein Stockwerk, Balkone, Loggien und Terrassen erweitert. Genutzt werden kann auch der weitläufige Garten, in dem 32 überdachte Stellplätze zur Verfügung stehen. Das Projekt wird von der Sans Souci Group durchgeführt und soll bis Mitte 2017 fertiggestellt werden. www.palais-wessely.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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