Podgorschek: „Es ist wie Malen mit Licht“

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Die Geschwister Michael und Iris Podgorschek geben Räumen mit Licht eine neue Tiefe und halten wenig von Blendungen.

Licht hat zwar keinen Aggregatzustand, damit fluten kann man trotzdem ganz gut. Allerdings: Nicht nur die Feinheiten der Dinge gehen dann unter. Oft auch noch Wichtigeres wie Stimmung und Atmosphäre. Das Geschwisterpaar Michael und Iris Podgorschek setzt als Podpod-Designerduo Licht lieber behutsam ein, als würde man damit malen. Lieber nur dort ein bisschen dicker auftragen, wo es der Architektur schmeichelt, die Stimmung immer so erhellen, wie es einer Hotellobby oder einem Office – und vor allem den Menschen dort – guttut. In privaten Räumen wie auch im öffentlichen Raum setzen sie Lichtakzente, richten Lichtquellen auf Punkte, Flächen, Dinge und Gebäude. Auch der Herrengasse im ersten Wiener Bezirk konnten sie so noch ein paar Besonderheiten herauskitzeln, die vorher fast unsichtbar waren. Dort reiht sich Palais an Palais. Und dort kann man in der neu gestalteten Begegnungszone neuerdings auch ein paar einladenden Gesten begegnen, die Podpod-Design auf die Gehsteige projizieren lassen: Verschiedene Teppiche aus der Sammlung des Wiener MAK rollen da vor den Portalen der Palais allabendlich aus.

Stimmungen erzeugen, Besonderheiten „highlighten“, Akzente setzen – worin besteht eigentlich die Hauptaufgabe eines Lichtdesigners oder -planers?
Michael Podgorschek: Worum es vor allem geht, ist, mit Licht Räume zu erzeugen oder vielmehr: Die Wahrnehmung von Räumen zu steuern. Dafür setzen wir Schwerpunkte, lenken die Aufmerksamkeit. Man kann natürlich auch mithilfe von Licht und der richtigen Lichtsetzung aus Architektur in der Nacht noch ein paar Besonderheiten mehr herausholen.
Iris Podgorschek: Als Lichtgestalter muss man immer den Gesamtraum sehen, betrachten und verstehen. In der Stadtbeleuchtung ist die Architekturbeleuchtung so etwas wie der kulturelle Anteil davon. Städte und Orte haben ja auch immer Identität und wir tragen dazu bei, sie sichtbar zu machen. Indem wir die Architektur, die Stadttopografie modellieren. Möglichst behutsam natürlich, mit Respekt vor der Umwelt und den Ressourcen.

Wegführung. Auch das Stadtpalais Liechtenstein leuchet nach Plan.
Wegführung. Auch das Stadtpalais Liechtenstein leuchet nach Plan. (c) Friedrich Jansenberger

Es dreht sich also um die Inszenierung?
Michael Podgorschek: Ja, in dem Sinn, dass man entscheidet, was sichtbar wird und was im Dunkeln bleibt. Wir verstehen die Lichtgestaltung als eine Art Malerei, bei der man Dinge hervorhebt, unterstreicht und modellieren kann, indem man die dreidimensionale Wahrnehmung der Dinge mitbestimmt.


„Mit Licht malen“ – das hat ja auch etymologische Parallelen zur Fotografie, bei der man auch Licht setzt. Ist der gestalterische Zugang ein ähnlicher?
Iris Podgorschek: Im Grunde schon. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zur Fotografie oder auch zum Theater, wo man auch mit Licht inszeniert: Es gibt bei unserer Arbeit nicht nur eine Perspektive bzw. eine Kameraposition. Eine räumliche Inszenierung mit Licht muss aus jeder Richtung, jedem möglichen Blickwinkel funktionieren. Deshalb kreieren wir nicht Lichtbilder, sondern eher Lichträume.
Michael Podgorschek: Das Licht im öffentlichen Raum betrifft ja alle. Deshalb darf es nicht irritieren, stören oder gar blenden. Bei der Wiener Staatsoper etwa, die auch nach unserem Konzept beleuchtet wird, war es früher so, dass die Besucher in der Pause gar nicht auf den Balkon gehen konnten, weil die Fassade einfach grell mit Licht geflutet wurde. Jetzt holen wir mit sanft gesetzten Lichtquellen die Struktur heraus. Wir wollten die akustische Qualität von innen in der Lichtinszenierung nach außen abbilden.

Lichtteppich. Jeden Abend rollen in der Herrengasse Teppiche aus.
Lichtteppich. Jeden Abend rollen in der Herrengasse Teppiche aus. (c) Beigestellt

In Innenraum ist das Fluten mit Licht ja auch oft das Einzige, was einem so einfällt. Im Wirtshaus genauso wie im Wohnzimmer. Warum sind viele so einfallslos?
Michael Podgorschek: Licht ist eben lang nicht so greifbar und konkret, wie es Möbel sind, deshalb tun sich viele beim Einrichten und Gestalten der Innenräume mit Licht auch so schwer. Noch dazu funktioniert Licht sehr unterschwellig. Wenn man etwa einen Raum gut und atmosphärisch beleuchtet und in der Mitte einen Kristallluster platziert, dann glauben die meisten, dass er die hauptsächliche Lichtquelle ist und die Lichtstimmung erzeugt.


Inwiefern vermengt sich in Ihrer Arbeit die ästhetische und technische Kompetenz?
Iris Podgorschek: Technisch heißt: Man muss natürlich als Lichtplaner gewisse Normen und Vorgaben wie etwa Beleuchtungsstärken erfüllen. Das ist das eine. Wichtig ist für uns aber auch der künstlerische Umgang mit Licht. Noch dazu: Was auf dem Papier richtig erscheint und den Normen entspricht, muss in der Umsetzung noch lang nicht als angenehm empfunden werden. Man muss Blendungen vermeiden, die Lichtquellen intelligent setzen und zum Teil verstecken. Die Lichttemperatur, die Lichtqualität, alles muss passen.


Auch die Herrengasse ist eine Oberfläche, die sie mit einem Lichtkonzept zu einem Lichtraum gestaltet haben. Was war dabei der wichtigste Ansatzpunkt?
Iris Podgorschek: Vor allem haben wir die Seilhängeleuchten durch Laternen ersetzt. Jetzt sind die Lichtquellen wieder weiter unten, was generell stimmungsvolleres Licht bedeutet. Der Blick nach oben ist nun frei, man kann den schönen Fassaden der Palais entlang nach oben blicken. Zum Teil haben wir in die Wandkandelaber zusätzliche Leuchten installiert, die wie beim Projekt „Palais Palais“ die Fassade auch bis zum Dachsims sanft erhellen.
Und nun ist die Herrengasse ja auch zu einer Art Outdoor-Galerie geworden. Vom Palais Kinsky bis zum Palais Herrengasse 17 rollen wir nun am Abend immer die Teppiche aus. Wir lassen auf den Gehsteig Stücke aus der Sammlung des Museums für angewandte Kunst projizieren – dort gibt es, was wenige wissen, eine der besten Teppichsammlungen der Welt. Alle 15 Minuten rollen die Teppiche ein und aus.

Palais Ferstel. Podpod-Design geben Fassaden auch Gesichter.
Palais Ferstel. Podpod-Design geben Fassaden auch Gesichter. (c) Beigestellt

Die Tendenz in den Städten scheint ja in Richtung zu viel Licht zu gehen. Das kann doch auch Stress auslösen. Wie dosiert man als Lichtdesigner richtig?
Michael Podgorschek: Nehmen Sie manche asiatische Straßen, wie etwa im Viertel Shibuya in Tokio etwa, als Beispiel. Dort will einer greller als der andere sein. Deshalb braucht es auch im Kleinen Masterpläne, um das ganze Umfeld in der Lichtintensität gegebenenfalls herunterzudimmen. 

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