Der Markt bleibt dynamisch

Ein Beispiel für neue, flexiblere Bauweisen: das Quartier 11 in Wien Simmering. Die Fertigstellung ist für 2018 geplant.
Ein Beispiel für neue, flexiblere Bauweisen: das Quartier 11 in Wien Simmering. Die Fertigstellung ist für 2018 geplant.(c) ZOOMVP.AT (ZOOM visual project gmbh)
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Mangels Alternativen werden sich Investoren auch weiterhin auf Immobilien stürzen. Der Wohnbau wird flexibler, die Shopping-Welt überschreitet zunehmend Grenzen.

Die Immobilienwelt in Österreich hat mit zwei gravierenden Gegensätzen zu kämpfen: Auf der einen Seite ist viel Kapital auf dem Markt, auf der anderen Seite gibt es Unsicherheiten, denn „die derzeitige Politik vermittelt nicht gerade Planbarkeit und stabile Perspektiven“, meint Winfried Kallinger, Geschäftsführer von Kallco. Ähnlich sieht es Alexander Neuhuber, Geschäftsführer der Magan Holding: „Nichts Genaues weiß man nicht“, sagt er, fügt aber hinzu: „Ich fühle mich jedenfalls besser aufgehoben mit meiner Anlage in Ziegeln, als Bargeld unter der Matratze zu hüten.“

Aktive Investoren

Die vergangenen zwei Jahre waren geprägt von einem Allzeithoch bei Immobilientransaktionen, und es sieht derzeit danach ganz aus, dass sich das Immobilienkarussell nicht nur in Österreich, sondern weltweit auch 2017 weiterdreht. „Welche Alternativen gibt es zu Immobilieninvestitionen derzeit?“, fragt Neuhuber und meint provokant: „Überbewertete Aktien? Unsichere Länder, Anleihen mit null Verzinsung oder sogar Minus?“ Für ihn führt daher kein Weg an Immobilien vorbei. Wie lang dieser Boom anhalten wird? „Solang sich die Zinslandschaft nicht verändert“, gibt sich Martin Sabelko, Geschäftsführer der Hoigroup, überzeugt. Und Neuhuber ergänzt: „Steigen die Zinsen, ist die Party vorbei.“

Wann genau das sein wird, weiß derzeit niemand zu sagen – bis dahin bleibe auch Österreich ein interessanter Investmentstandort, meint Sabelko. Das Immobilienberatungsunternehmen CBRE erwartet jedenfalls in den kommenden Monaten weiterhin zahlreiche Aktivitäten von Investoren – überwiegend aus dem Ausland. „Vor allem der Wiener Markt bleibt spannend“, weiß Andreas Ridder, Geschäftsführer Central & Eastern Europe bei CBRE: „Zurzeit sind unter anderem der DC Tower sowie der Millennium Tower auf dem Markt – diese sind besonders für internationale Investoren interessant, aber noch ist nichts entschieden.“

Was den Wohnbau betrifft, so wird dieser weiterhin von einem zentralen Thema beherrscht. „Auch in nächster Zeit besteht anhaltend hoher Bedarf an Wohnungen im städtischen Raum, und das betrifft nicht nur Wien“, erklärt Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer von ARE Austrian Real Estate. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass das Unternehmen eine eigene Wohnbauinitiative gestartet hat, in deren Rahmen rund zwei Milliarden Euro investiert werden. „Das kommende Jahr wird die Dimensionen dieses Programms erst richtig greifbar machen“, betont Weiss. Die intensiven Vorbereitungsarbeiten der vergangenen Jahre würden nun in die Realisierung konkreter Bauvorhaben münden: „Es ist also gewissermaßen Zeit der Ernte für uns.“ Allein mit dem Baubeginn von Triiiple, Erdberger Lände, Wildgarten oder Forum Donaustadt startet nächstes Jahr der Bau von mehr als 2500 Wohnungen.

Flexible Bauweisen

Kallco-Geschäftsführer Kallinger sieht noch eine weitere Dimension der Entwicklung: „Antiquierte Baukonzepte und schwerfällige Technologien, die noch den großvolumigen Wohnbau dominieren, werden langsam durch neue, flexible Bauweisen ersetzt.“ In einer Welt, in der sich Arbeit und Wohnen immer mehr vermischen, ergäbe sich dadurch eine Chance auf offenere Nutzungsstrukturen, die nicht mehr durch starre Bausysteme behindert werden. Für Kallinger die ideale Voraussetzung, um Wohnbau weiterhin leistbar zu machen. So setzt das Unternehmen beim Projekt Quartier 11 in Wien Simmering auf die patentierte Konstruktionsweise Slim Building, die eine hohe Flexibilität ermöglicht und damit spätere Umbauten erleichtert. Und in der Siemensstraße in Wien-Floridsdorf errichtet Kallco derzeit die ersten 240 der von Stadtrat Michael Ludwig im Rahmen der Wohnbauoffensive angepeilten 1000 geförderten Wohnungen. Um Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen und besonders günstigen Wohnraum zu schaffen, werden die Gebäude in System- und Leichtbauweise so gebaut, dass sie bei Bedarf später auch von Gewerbebetrieben nachgenutzt werden können.

Handel im Wandel

Auch im Handel bleibt es 2017 spannend. „Einkaufen und Schleppen waren gestern. Gustieren, Showrooming und Liefernlassen sind heute“, meint Silvia Wustinger-Renezeder, Geschäftsführerin der 6B47 Wohnbauträger GmbH. Dies wird auch die Shoppingmalls verändern und neue Konzepte hervorbringen. So hat unlängst die ECE in Deutschland die erste digitale Mall getestet, bei der sich der Kunde jederzeit über im Center verfügbare Sortimente informieren kann. Joanna Fisher, Geschäftsführerin für den Bereich Center-Management bei der ECE, erklärt: „Mit diesem Pilotprojekt machen wir einen großen Schritt zu einem nahtlosen Omnichannel-Erlebnis durch das Überbrücken der Grenzen von Online und Offline.“

AUF EINEN BLICK

Die Experten sind einig: Solange die Leitzinsen auf dem derzeitigen Niveau verharren, bleiben Immobilien alternativlos. Davon wird auch der Investmentstandort Österreich profitieren. Der Wohnbau wird vom anhaltenden Zuzug in die Ballungszentren getrieben, wobei der Preisdruck dafür sorgt, dass günstigere und flexiblere Baukonzepte zum Einsatz kommen. Shoppingmalls erproben die Synthese von On- und Offline-Welten.

(Print-Ausgabe, 17.12.2016)

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