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Seestadt Aspern
Seestadt Aspern(c) Clemens Fabry
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Die Gruppe Que[e]rbau hat in der Seestadt Aspern einen Baugruppenplatz ergattert, im Juli soll eingezogen werden. Die Initiatoren berichten von ihren Erfahrungen.

Andreas Konecny und Roland Hampl freuen sich auf den Sommer. Im Juli soll es soweit sein – dann können sie endlich „ihr“ Haus beziehen. Das Gebäude steht auf dem Bauplatz D22 am südwestlichen Rand der Seestadt Aspern, wurde in Ziegelbauweise errichtet und beherbergt insgesamt 33 geförderte Mietwohnungen in unterschiedlichen Größen. Als Bauträger fungiert zwar die WBV-GPA und für die Masterplanung zeichnet das Architekturbüro Kirsch ZT verantwortlich, dennoch beanspruchen die beiden diese Bezeichnung mit einigem Recht: Es war ihre Initiative, der die Wohnanlage ihre Existenz verdankt.

Begonnen habe alles vor etwa sieben Jahren bei einem Spaziergang, erzählt Konecny. „Bei der Betrachtung neuer Wohnbauten fiel mir vor allem ihre Gleichförmigkeit auf. Sie waren seltsam blutleer, sie erzählten keine Geschichten.“ Das müsste auch anders gehen, dachte er sich. Stadt sei doch Diversität, und diese sollte sich auch in der Architektur und den Wohnsituationen widerspiegeln.

Urban und vielfältig

Mit Hampl, von Beruf Architekt, fand der Personalmanager einen Gleichgesinnten, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie in den sozialen Netzwerken stellte man das Projekt vor: die Realisierung eines gemeinsamen Wohnbaus, der sich nicht, wie sonst oft üblich, lediglich an Kleinfamilien richtet, sondern die soziale Vielfalt urbaner Lebensformen in all ihren Formen abbildet. Und die Gemeinschaft statt der Abgeschiedenheit im standardisierten Wohnbau betont.

Es war die Geburtsstunde von Que[e]rbau. „Wir haben für unser Projekt gleich die Seestadt in den Blick genommen: zum einen, weil dort mehrere Bauplätze für Baugruppen reserviert waren, zum anderen, weil das Konzept eines neuen, zukunftsorientierten Stadtteils genau zu unseren Vorstellungen passte“, erläutert Konecny.

Zuvor mussten aber noch einige Hausaufgaben gemacht werden: „Wir haben uns mit der Baugruppenszene vernetzt und uns über Abläufe und ihre Erfahrungen informiert.“ Und man musste lernen, mit Enttäuschungen umzugehen: „Beim Wettbewerb für die ersten Baugruppenplätze kamen wir nicht zum Zug, erst nachdem weitere Baufelder ausgewiesen wurden, hat es geklappt“, so Konecny.

Nun konnte die eigentliche Arbeit beginnen: Ein Bauträger musste gefunden, die Vorstellungen der einzelnen Mitglieder untereinander mussten abgestimmt werden. „Wir haben dafür einen Fragebogen entwickelt, mit dessen Hilfe wir die Prioritäten – Größe, Stockwerk, Einteilung – der einzelnen Baugruppenmitglieder bezüglich ihrer künftigen Wohnung erhoben. Bei der Detailplanung haben wir die Vorstellungen in Abstimmung mit Bauträger und Generalarchitekten dann wie in einem Puzzle zusammengesetzt“, berichtet Hampl. Das sei zwar ein aufwendiger Prozess gewesen, „es hat aber reibungslos funktioniert“. Besonderes Augenmerk wurde auf die Planung von Gemeinschaftsflächen gelegt: Es gibt eine Dachterrasse mit einem Seminarraum, darunter das Teehaus mit Sauna und einer weiteren, kleineren Terrassenfläche. Im Erdgeschoß befindet sich ein Lokal, das gemeinschaftlich geführt wird und nach außen geöffnet ist. Es soll zur Quartiersbelebung beitragen, weshalb auch Besuche von Nachbarn willkommen sind. Das Resultat, meint Hampl, könne sich sehen lassen: „Das Spannende daran ist, dass die Wohnungen sehr individuell ausgefallen sind, sie bringen sozusagen ihre persönliche Geschichte mit. Und auch die Mischung von groß und klein passt gut zusammen.“

Lange Wartezeit

Dennoch sind fünf Mitglieder im Laufe der Zeit abgesprungen. „Wenn von der Vereinsgründung bis zur Fertigstellung fast sieben Jahre vergehen, dann kann es schon vorkommen, dass sich die Vorstellungen oder Lebensumstände einzelner ändern“, meint Konecny. Den langen Realisierungszeitraum führt er dabei weniger auf den Planungsprozess denn vielmehr auf die Probleme im Vorfeld zurück: „Es hat einfach lange gedauert, bis wir einen Bauplatz bekamen“, bedauert er. „Aber es stimmt schon: Etwas mehr Zeit muss man bei einer Baugruppe mitbringen, dazu soziales Engagement und eine bestimmte Vorstellung vom Zusammenleben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2017)

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